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Zu eng, zu breit, Konfusion! Woran es bei Kimmich und Gündogan hakt

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Zu eng, zu breit, Konfusion! Woran es bei Kimmich und Gündogan hakt

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Wo es bei Kimmich und Gündogan hakt

Die deutsche Nationalmannschaft verliert gegen die Türkei. Für Bundestrainer Julian Nagelsmann ist es die erste Niederlage im neuen Amt. Eine taktische Analyse der 2:3-Pleite.
Das DFB-Team verliert bei der Heim-Premiere von Julian Nagelsmann mit 2:3 gegen die Türkei. Der Bundestrainer erklärt, warum es am Ende nicht für mehr als eine Niederlage gereicht hat.
Constantin Eckner
Constantin Eckner

Obwohl das Duell zwischen Deutschland und der Türkei (2:3) mehr als ein übliches Testspiel war, ging es für die beiden Trainer vor allem darum, Dinge auszutesten. Während Vincenzo Montella schon vorher durchblicken ließ, dass er einigen jungen Spielern die Chance geben würde, sich zu beweisen, probierte Julian Nagelsmann Systemänderungen - und das mit durchwachsenem Erfolg.

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Der Bundestrainer nahm im Vergleich zu den ersten beiden Spielen seiner Amtszeit während der USA-Reise im Oktober keinen drastischen Systemwechsel oder dergleichen vor, denn das Spiel der DFB-Elf war weiterhin auf Ballbesitzdominanz und recht vertikales Angriffsspiel ausgelegt.

Für Aufsehen sorgte bereits vor dem Anpfiff jedoch die Benennung von Kai Havertz zum Linksverteidiger. Der 24 Jahre alte Offensivallrounder, der als Neuner auch schon mal ein Champions-League-Finale entschieden hat, war im Spielaufbau in der Tat hinten links anzufinden. Jedoch war Havertz‘ Rolle Teil einer graduellen Formationsänderung.

Julian Nagelsmann stellte Kai Havertz gegen die Türkei als Linksverteidiger auf. Nach dem Spiel lobt der Bundestrainer die Leistung des Arsenal-Profis.
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Wirtz, Brandt und Füllkrug schwer zu greifen

Das führt zum positiven Aspekt des deutschen Auftritts: Nagelsmann hat versucht, sein Team etwas variabler auszurichten. Das machte sich nicht nur durch Havertz auf der linken Seite, sondern auch Leroy Sané auf der rechten bemerkbar. Während der formstarke Bayern-Spieler zuletzt vornehmlich nahe der Abseitslinie agierte, sollte er gegen die Türkei eine Art verkappten Wing-Back geben, um mit nach hinten abzusichern.

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Seine eigentlichen offensiven Nebenleute, Julian Brandt und Florian Wirtz, bespielten derweil die offensiven Zwischenräume. Hier machten sich Rochaden und positionelle Variabilität bezahlt, denn phasenweise waren gerade Brandt und Wirtz sowie daraus resultierend auch Niclas Füllkrug für die türkische Defensive, die durch das Zurückfallen von Kaan Ayhan zumeist mit einer Fünferkette verteidigte, schwer zu greifen.

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Allerdings gingen mit dieser Formation und den angedachten Abläufen einige Abstimmungsprobleme einher. Beispiel rechter Flügel: Sané versuchte gerade zu Beginn so gut wie möglich, als defensive Unterstützung die Seite zuzumachen. Allerdings wollte Deutschland auch gezielt den türkischen Linksverteidiger Ferdi Kadioglu, der gerne mal aggressiv herausrückt und Zweikämpfe sucht, bespielen.

Abstimmung zwischen Gündogan und Kimmich passt nicht

Doch um in den Rücken von Kadioglu zu gelangen, brauchte es natürlich tiefe Läufe von Sané. War er einmal nicht mehr hinterm Ball und die Türken gelangten in den Gegenstoß, schien nicht klar, wie die Deutschen die Seiten nun schließen sollten. Benjamin Henrichs ging meist in die Mitte oder ließ sich vom ehemaligen Bayern-Jugendspieler Kenan Yildiz dorthin mitziehen. Einer der Sechser ging selten raus, um rechts das Loch zu füllen. So hatten Kadioglu oder Yildiz teilweise viel Freiraum - es waren nicht ohne Grund diese beiden, die die zwei Tore vor der Halbzeitpause erzielten.

Auch an anderer Stelle existierten Abstimmungsschwierigkeiten. Über die Doppelsechs bestehend aus Ilkay Gündogan und Joshua Kimmich diskutierte während und erst recht nach dem Spiel sowieso halb Fußball-Deutschland. Die beiden waren selten in Einklang miteinander. Mal standen sie zu eng, mal zu breit, mal gab es Konfusion im Spielaufbau. Sicherlich rührt das auch ein Stück weit daher, dass beide gewissermaßen den Anspruch haben, der „erste Sechser“ zu sein und eine kommandogebende Rolle einzunehmen.

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In den Spielen in den USA hatte Gündogan diese inne und war mit seinen Vorstößen durchs Mittelfeld ein entscheidender Faktor, um Torchancen zu kreieren. Nur da spielten Pascal Groß oder Leon Goretzka an der Seite von Gündogan - also zwei Spieler, die weniger ballfordernd als Kimmich agieren. In seiner Kapitänsrolle und aufgrund seiner Spielmacherqualitäten ist Gündogan eigentlich auch mit Blick auf die EM im kommenden Sommer gesetzt und er würde vielleicht mit einem etwas zurückhaltenden Sechser besser harmonieren.

Allerdings schätzt Nagelsmann bekanntlich Kimmich ob seiner Qualitäten und wird den 28-Jährigen wohl nicht auf die Bank setzen. Insofern muss entweder Kimmich ebenso wie Havertz in die Außenverteidigung rücken oder Nagelsmann versucht Kimmich und Gündogan aufeinander abzustimmen.

Richtiger Ansatz, mittelmäßige Umsetzung

Selbstverständlich bleibt ein negativer Eindruck aufgrund des 2:3-Endresultats gegen ein türkisches Team, das unter anderem ohne Kapitän Hakan Calhanoglu antrat. Zeitweilig sah es so aus, als könnte Deutschland genügend Druck im Ballbesitz ausüben, um das Spiel generell unter Kontrolle zu halten.

Die Anspiele über die Halbräume oder auch die diagonalen Pässe von den Seitenlinien auf die durchstarteten Brandt und Wirtz sahen wie klassischer Nagelsmann-Fußball aus. Hier und da gab es jedoch auch Probleme, die schon bei anderen Nagelsmann-Teams zu sehen waren: Die Außenverteidiger müssen auf der Seite sehr viel leisten und die Abwehr ist anfällig bei langen Bällen.

Dass Nagelsmann jedoch einen forschen Grundansatz wählt, liegt angesichts des Kaders nahe. Die Qualitätsdichte ist in der Offensive am höchsten. Der recht aggressive Fußball des Bundestrainers passt insofern, aber ohne astreine Abstimmung gerade in der Rückwärtsbewegung oder Ballrückgewinnung kann nahezu jeder halbwegs gute Gegner Tore gegen die DFB-Elf erzielen.