Als aktiver Spieler war Englands fünfte Liga sein höchster Punkt. Als Mensch fiel er tief, saß zweimal im Gefängnis - einmal wegen einer Manipulations-Affäre, ein weiteres Mal wurde er verhaftet wegen seiner Beteiligung an Drogenhandel und Geldwäsche.
Sancho-Kumpel teilt Knasterfahrung
Inzwischen hat Michael Boateng eine bemerkenswerte zweite Karriere hingelegt, die ihn ins persönliche Umfeld mehrerer Fußball-Jungstars geführt hat. Unter ihnen: Kein Geringerer als Jadon Sancho von Borussia Dortmund.
Mike Boateng über Jadon Sancho: Er verurteilt mich nicht
Der im Londoner Stadtteil Peckham geborene Boateng - nicht verwandt mit der deutschen Fußball-Familie - war im Jahr 2014 zu 16 Monaten Haft verurteilt worden, weil er dabei erwischt wurde, wie er sich von zwei Geschäftsmännern für potenzielle Wettmanipulationen rekrutieren ließ.
Der Fall des damals 22 Jahre alten Ex-Jugendspielers von Crystal Palace - der später auch ein lebenslanges Berufsverbot als Fußballer erhielt - erregte damals nationale Aufmerksamkeit.
Nun ist Boatengs Geschichte in seiner Heimat wieder Thema, weil er in einem Podcast mit dem Namen "Banged Up" bemerkenswert offen über seinen Weg hinter Gitter und seine Erfahrungen dort gesprochen hat. Und nebenbei in den Blickpunkt rückte, dass er nun als Privattrainer und Bodyguard für Sancho und die Zwillingsbrüder Steve und Ryan Sessegnon (FC Fulham, Tottenham Hotspur) arbeitet - und den England-Talenten dabei auch als eine Art Lebensberater zur Seite steht. (Bundesliga: Borussia Dortmund - 1.FSV Mainz 05 ab 20.30 Uhr im LIVETICKER)
"Ich kenne sie, seitdem sie sehr jung waren", berichtet Boateng: "Sie verurteilen mich nicht wegen meiner Vorgeschichte und das ist ein Segen."
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Gefängnis und Berufsverbot nach Manipulations-Anbahnung
Boateng war im Jahr 2013 durch Recherchen des Daily Telegraph ins Visier von Ermittlern geraten, die ihn auf frischer Tat ertappten, wie er sich von zwei britisch-asiatischen Geschäftsmännern für ihre Spielmanipulations-Pläne einspannen ließ: Boateng - damals in Diensten des Fünftliga-Klubs Whitehawk FC - sollte Partien in einer Art und Weise beeinflussen, dass bei Wetten in Asien Geld damit verdient werden konnte.
Boateng besteht auf seiner Darstellung, keine fixen Zusagen gegeben zu haben, präsentiert sich in seiner Audio-Serie, die er zusammen mit einem früheren Gefängnis-Kumpel und einer Anwältin aufgenommen hat, aber auch entwaffnend ehrlich: "Ich hätte nichts gemacht, was mich wie einen Idioten hätte aussehen lassen. Aber etwas Subtiles, absichtlich eine Gelbe Karte zu provozieren, das wäre denkbar gewesen."
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Der Fall wirft ein Schlaglicht auf ein oft beobachtetes Phänomen: Die besondere Anfälligkeit unterklassiger Fußball-Ligen, die sich fernab des Radars der großen Medienöffentlichkeit bewegen - und fernab der großen Verdienstmöglichkeiten. "Ich habe 850 Pfund die Woche verdient", erinnert sich Boateng: "Gutes Geld, aber kein Riesengeld." Die Aussicht auf ein schnelles Zubrot im fünfstelligen Bereich sei da verführerisch gewesen.
Gnädiger Richter war Boatengs Glück
Ähnlich verführbar zeigte sich Boateng, als er sich im Jahr nach seiner ersten Verurteilung wieder auf illegale Geschäfte einließ: Er ließ das Geld eines Drogendealer-Rings, der von einem anderen früheren Fußball-Halbprofi geführt wurde, über sein Konto laufen.
Moralische Skrupel hielten ihn damals ebenso wenig davon ab wie die Angst erwischt zu werden: "Ich kenne Millionäre, die mit so etwas davongekommen sind, weil sie sich so verhalten haben, dass man ihnen Verwicklung in Drogengeschäfte nicht zutraute."
Boateng allerdings wurde wieder erwischt, geriet aber einen gnädigen Richter, der ihn eher naiv als kriminell fand. Er setzte die Gefängnisstrafe zur Bewährung aus und gab Boateng damit die Chance, sich ein neues Leben aufzubauen.
Und Boateng gibt offen zu, dass es vor allem die Angst vor einem Wiedersehen vor Gericht ist, die ihn von weiteren krummen Geschäften abhält: "Ich bin ehrlich: Verlockend wird es immer sein. Aber ich kann nicht nochmal ins Gefängnis."
"Das Gefängnis lehrt dich, nicht über Menschen zu urteilen"
Als Teil seiner Resozialisierung hat Boateng sich zum Personal-Trainer ausbilden lassen, wegen seiner persönlichen Bekanntschaft arbeitet er nun für Sancho und die Sessegnons, auch als Personenschützer.
"Wenn die Jungs ausgehen oder in Urlaub fahren, rufen sie mich. Ich hänge dann wie ein großer Bruder bei ihnen und sie haben ihre Ruhe", beschreibt er die Beziehung.
Von seiner Vorgeschichte seien die drei "fasziniert", meint Boateng. Er hofft auch, dass sie etwas mitnehmen von den Erfahrungen, die er gemacht hat und mit ihnen teilt.
"Das Gefängnis lehrt dich, nicht über Menschen zu urteilen", sagt er: "Man trifft dort auch gute Leute und lernt, dass wir alle Menschen sind, die Fehler machen. Jeder kann, wenn er rauskommt, sein Leben ändern und guten Einfluss nehmen."