Seit mittlerweile fünf Jahren hütet Yann Sommer das Tor von Borussia Mönchengladbach. Trotz kleinerer Schwächephasen ist die Nummer eins der Schweizer Nationalmannschaft bei den Fohlen inzwischen nicht mehr wegzudenken.
Sommer: Diese Legende ist mein Idol
An den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison musste der 30-Jährige erst ein Mal hinter sich greifen: Nach einem 0:0 gegen Schalke und dem 3:1-Sieg in Mainz steht Gladbach mit vier Punkten auf Platz sieben.
Vor dem Topspiel gegen RB Leipzig am Freitagabend (Bundesliga: Borussia Mönchengladbach - RB Leipzig ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) spricht Sommer im SPORT1-Interview über die Veränderungen unter Marco Rose, erklärt seinen Umgang mit Schwächephasen und erzählt, bei welcher Torhüter-Legende er sich am meisten abgeschaut hat.
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SPORT1: Herr Sommer, wie wichtig war der Sieg in Mainz für Gladbach?
Yann Sommer: Es war unser erster Sieg in der Bundesliga in diesem Jahr. Das ist unglaublich wichtig, weil es auch eine Bestätigung ist für die Arbeit und die harten Wochen, die wir in der Vorbereitung hatten. Das gibt uns jetzt wieder eine Woche, in der wir in Ruhe arbeiten können.
Sommer lobt Breel Embolo
SPORT1: Breel Embolo hat in Mainz als Joker gestochen: Ist Gladbachs Ersatzbank eine Stärke der Borussia?
Sommer: Es wird im Lauf der Saison unglaublich wichtig sein, dass wir rotieren können. Dass Spieler reinkommen, die Power und frischen Wind bringen. So war das auch in Mainz: Es kam frischer Wind von der Bank.
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SPORT1: Inwieweit können Sie Ihrem Nationalmannschaftskollegen Embolo helfen, damit er im zweiten Anlauf in Deutschland durchstartet?
Sommer: Ich glaube, dass das gar nicht nötig ist. Ich habe mich riesig gefreut, dass er nach Gladbach gekommen ist. Da hilft man ihm am Anfang, wenn es irgendwelche Probleme geben sollte - die gab es aber nicht. Er hat so viel Qualität und so einen klaren Kopf, er wird sich durchsetzen.
"Marco Rose ist ein sehr relaxter Typ"
SPORT1: Trainer Marco Rose ist jetzt einige Monate da. Wie weit ist Gladbach schon in der Umsetzung seiner Ideen?
Sommer: Diese Frage wurde uns in den letzten Wochen oft gestellt. Ich glaube, dass man schon viel von dem sieht, was der Trainer von uns verlangt - gerade gegen den Ball. Wir lösen das Gegenpressing mit viel Tempo aus, laufen vorne mutig an. Man merkt aber, dass es mit Ball noch nicht hundertprozentig ist, aber daran arbeiten wir. Es braucht seine Zeit, bis eine Mannschaft solche brandneuen Dinge verinnerlicht hat. Deshalb ist es wichtig, dass wir drei Punkte in einem schwierigen Spiel geholt haben.
SPORT1: Was ist Marco Rose für ein Typ - verglichen mit den anderen Trainern, mit denen Sie in Gladbach zusammengearbeitet haben?
Sommer: Ich mache nicht gerne Vergleiche. Jeder Trainer hat seinen eigenen Stil und seinen eigenen Charakter. Marco Rose ist ein sehr relaxter Typ, der sehr professionell arbeitet und viel von der Mannschaft verlangt. Er geht mit einer gesunden Lockerheit an das Thema ran, kann aber trotzdem in den entscheidenden Momenten die Schrauben anziehen und damit signalisieren, dass wir Gas geben und uns auf die kleinen Details konzentrieren müssen. Er ist ein guter Typ, es macht Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten.
SPORT1: Verändert sich auch Ihr Torwartspiel?
Sommer: Es ist keine Riesenveränderung für mich, aber klar: Je höher die Mannschaft spielt, desto höher ist auch mein Spiel. Wir wollen weiterhin viel Fußball spielen und viel den Ball haben, aber auch schnell zum gegnerischen Tor kommen. Er verlangt von uns, dass wir schnell nach vorne kommen, dass wir einen attraktiven Fußball spielen, mit viel Power nach vorne - und trotzdem mit viel Ballbesitz. Das ist ein guter Mix, aber nicht ganz einfach umzusetzen.
Ex-Klub FC Basel als Europa-League-Gegner?
SPORT1: Jetzt kommt Leipzig in den Borussia-Park. Wird das auch so ein Pressing-Spiel wie gegen Mainz?
Sommer: Wir werden sehen. Beide Mannschaften werden sich sehr gut auf den Gegner vorbereiten. Das wird spannend! Es ist ein gutes Freitagabend-Spiel, wir spielen im Borussia-Park, wir wollen unsere Fans so richtig mitnehmen.
SPORT1: Ist die Europa League wieder das Ziel in dieser Saison?
Sommer: Wenn ich in eine Saison gehe, dann ist immer das Ziel, so konstant wie möglich durchs Jahr zu gehen. Das ist immer ein Schlüssel, damit man am Schluss wirklich erfolgreich ist. Konstant auf hohem Niveau, versteht sich. Dass man nicht so große Schwankungen hat. Die Europa League war unser großes Ziel, da wollen wir nicht nur einfach dabei sein, sondern Europa zeigen, dass Gladbach eine tolle Mannschaft hat. Und in der Liga wollen wir natürlich auch wieder versuchen, dass wir am Ende international dabei sind.
SPORT1: Am Freitag steht die Europa-League-Auslosung an. Gibt es Vereine, auf die Sie gerne treffen würden?
Sommer: Da gibt es viele. Ich habe mir noch nicht so viele Gedanken gemacht, auf wen wir treffen könnten. Mein alter Verein Basel ist dabei (lacht). Mal schauen, wir freuen uns auf diese Auslosung.
SPORT1: Wäre Basel ein Highlight?
Sommer: Ja und nein. Man spielt nicht gerne als Gegner in dem Stadion, in dem man eine tolle Zeit hatte. Aber wenn es so ist, dann freue ich mich, nach Basel zu fahren.
Sommer erklärt sein Erfolgsgeheimnis
SPORT1: Sie persönlich waren nach einer kleiner Schwächephase in den letzten Spielzeiten sehr konstant, haben kaum Fehler gemacht. Wie haben Sie diese Konstanz gewonnen?
Sommer: Es ist normal, dass man in einer Karriere Phasen hat, in denen es nicht so gut läuft. Wo habe ich die Konstanz her? Jedes Spiel fängt für mich bei Null an. Das heißt, dass ich in jedem Spiel mit hundertprozentiger Konzentration auf jeden Ball gehen muss. Ich arbeite sehr hart an mir selbst, auch neben dem Platz. Ich arbeite an sehr vielen Details, das hat mich in den letzten Jahren sehr viel weitergebracht. Und die Erfahrung. 30 ist ein tolles Torwartalter, ich fühle mich sehr gut.
SPORT1: Was machen Sie denn neben dem Platz, um erfolgreich zu sein?
Sommer: Damit meine ich den ganzen Lifestyle. Ich investiere sehr viel, um in meinem Job erfolgreich zu sein, um gesund zu sein und die bestmögliche Leistung erbringen zu können.
SPORT1: In der Zeit, in der es ein bisschen schlechter lief, gab es da Überlegungen, den Verein zu verlassen?
Sommer: Ich würde nicht von einem großen Tief reden. Es war vielleicht mal eine Zeit, wo man ein, zwei oder auch drei Tore bekommen hat, die vielleicht haltbar waren. Ich mache mir Gedanken darüber, wie ich in Zukunft diese Bälle halten kann und lasse mich nicht groß aus der Ruhe bringen.
"Großes Vorbild war immer Gianluigi Buffon"
SPORT1: Gibt es Torhüter, an denen Sie sich messen oder bei denen Sie sich vielleicht Sachen abschauen?
Sommer: Abschauen ist immer so eine Sache. Aber ich schaue mir sehr gerne andere Torhüter an, auch in internationalen Ligen. Was machen sie gut? In welchen speziellen Bereichen sind sie gut? Davon kann man profitieren, zum Beispiel vom Positionsspiel eines bestimmten Keepers. Aber am Schluss musst du deinen eigenen Stil haben. Man packt Dinge, von denen man sagt, sie bringen einem was, in seinen Rucksack.
SPORT1: Gibt es einen Torwart, von dem man viele Sachen in den Rucksack gepackt hat?
Sommer: Mein großes Vorbild war immer Gianluigi Buffon, weil er immer ein kompletter Torwart war, mit einer tollen Persönlichkeit. Er hat das Torwartspiel so richtig gelebt - und lebt es noch immer.
SPORT1: Buffon ist jetzt 41 und spielt immer noch. Wie sieht die weitere Karriereplanung bei Ihnen aus?
Sommer: Ich fühle mich in Gladbach sehr wohl, sonst wäre ich nicht sechs Jahre hier. Aber es ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann, weil Fußball so schnelllebig und unberechenbar ist. Man kann nicht wirklich lange planen. Ich genieße den Jetzt-Zustand und freue mich auf eine spannende Saison.