Marinus Kraus strotzt dieser Tage geradezu vor Selbstvertrauen und Zuversicht.
Kraus: "Nicht gleich verrückt werden"
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Während seine Teamkollegen Severin Freund und Richard Freitag einmal mehr an den hohen Erwartungen des Publikums zu scheitern drohen, entpuppt sich der 23-Jährige bei der laufenden Vierschanzentournee mehr und mehr zum deutschen Hoffnungsträger (SERVICE: Alles, was Sie zur Vierschanzentournee wissen müssen).
Aus dem Schatten des Top-Duos nach vorne?
Platz 18 beim Auftakt in Oberstdorf trotz einer Schrecksekunde, Rang 13 beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen: Stück für Stück arbeitet sich der Team-Olympiasieger von Sotschi nach vorne.
Anders als seine beiden Landsleute hatte Kraus, der erst seit knapp zwei Jahren im Weltcup unterwegs ist und in dieser Zeit noch kein Einzelspringen gewonnen hat, aber niemand ernsthaft in den Top Ten erwartet.
Bei SPORT1 spricht der Polizeimeister aus Oberaudorf vor der Qualifikation in Innsbruck (So., ab 13.45 Uhr im LIVE-TICKER) über seine bislang so starke Performance bei der Tournee, die Kritik an seinen Mannschaftskameraden und den Rückstand auf die Österreicher.
SPORT1: Herr Kraus, Sie scheinen Ihre zweite Tournee in vollen Zügen zu genießen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus, und wie lautet die Zielsetzung für die verbleibenden beiden Stationen?
Marinus Kraus: In Garmisch habe ich einen richtig guten Wettkampf gemacht. Das Skispringen bereitet mir momentan einfach so viel Freude, die Sprünge werden immer besser. Natürlich wird es jetzt immer enger da vorne, aber mein Ziel sind die ersten Zehn. Deshalb werde ich auch in Innsbruck und Bischofshofen voll auf Attacke gehen.
SPORT1: Hatten Sie im Vorfeld der Tournee damit gerechnet, dass Sie bis zum Schluss um die Top Ten mitkämpfen würden?
Kraus: Auf jeden Fall. Wenn ich es schaffe, zwei Topsprünge zu zeigen, kann ich ganz vorne dabei sein. Das war mir von Anfang an bewusst. Bislang läuft es also wie gewünscht.
SPORT1: Skispringen ist auch - oder vor allem - Kopfsache. Sie wirken bei dieser Tournee ganz locker. Verspüren Sie gar keinen Druck?
Kraus: Nein. Den Druck machen sich die Springer in der Regel selbst, aber ich persönlich jetzt weniger. Ich bin eher positiv motiviert - gerade wenn wir vor solchen Zuschauermassen springen wie zuletzt in Oberstdorf oder Garmisch.
SPORT1: Ihre Teamkollegen Severin Freund und Richard Freitag scheinen mit den hohen Erwartungen nicht so gut zurechtzukommen. Halten Sie die allgemeine Kritik an den beiden für gerechtfertigt?
Kraus: Das, was während der Tournee so alles berichtet und geschrieben wird, verfolgen wir eigentlich nicht. Natürlich hatten sich Severin und Richie etwas anderes vorgestellt und konnten bislang keine wirklichen Glanzleistungen zeigen. Aber vielleicht sollte man es irgendwann auch einmal gut sein lassen uns sich einfach auf das nächste Springen freuen. Nur weil das hier die Vierschanzentournee ist, braucht man nicht gleich verrückt werden.
SPORT1:Viele hatten nach dem deutschen Olympia-Gold auf eine Wachablösung im internationalen Skispringen gehofft. Doch stattdessen springen bei dieser Tournee wieder zwei Österreicher um den Gesamtsieg mit. Wie konnte der Rückstand auf das ÖSV-Team wieder so groß werden?
Kraus: Wir sind nicht so weit von ihnen weg, wie es manchmal aussieht. Die Zuschauer betrachten immer nur die Anzahl an Metern, die zwischen uns liegen. Aber letztlich sind es eigentlich nur Nuancen, die den Unterschied ausmachen. Wir brauchen noch ein paar Wettkämpfe, dann können wir wieder zu ihnen aufschließen.