Tom Brady verlässt die New England Patriots und unterschreibt bei einem anderen NFL-Team.
Der Brady-Hammer! Das ist dran
Die Nachricht erscheint für jeden Football-Fan der Welt so undenkbar wie die Möglichkeit, dass die Miami Dolphins plötzlich um die Meisterschaft spielen. Aber das Undenkbare ist aktuell mehr als nur ein Gerücht.
Vor wenigen Tagen sorgte ESPN-Journalist Adam Schefter, einer der bestinformierten Insider der NFL, für Aufsehen. In der TV-Show Get Up sagte der Reporter über Brady: "Es gibt drei Optionen. Entweder bleibt er in New England, beendet seine Karriere, oder spielt woanders weiter. Der Verbleib in New England ist - für mich - die am wenigsten wahrscheinliche Option, aber wir werden sehen."
Ausgerechnet Brady, der personifizierte Patriot. 42 Jahre alt, seit 2000 beim aktuellen Meister und insgesamt sechs Mal Super-Bowl-Sieger. Einer der erfolgreichsten und für viele der beste Footballer aller Zeiten.
Vollmer zweifelt an Brady-Zukunft bei Patriots
"Alle drei Optionen sind möglich. Aber ich glaube, es ist wahrscheinlicher, dass er aufhört oder sogar weiterzieht, als dass er in New England bleibt", erklärte Schefter.
Einer, der jahrelang mit Brady zusammengespielt hat und als Offensive Tackle einer der besten Bodyguards des Spielmachers war, ist Sebastian Vollmer. Im Gespräch mit SPORT1 äußert auch der gute Kumpel von Brady große Zweifel an einem Verbleib bei den Patriots.
"Er ist nach der Saison ein Free Agent. Er hat sein Haus auf dem Markt, sein persönlicher Trainer (Alex Guerrero, Anm. d. Red.) verkauft das Haus auch. Gisele (Bradys Frau Gisele Bündchen, Anm. d. Red.) schaut nach Schulen in New York", berichtet der 35-Jährige.
Auch die letzten Aussagen der Legende deuten auf ein Ende seiner Ära bei den Patriots hin, meint Vollmer. "Er spricht auch mit einer gewissen Rhetorik: 'Das waren die besten 20 Jahre meines Lebens, ich habe es sehr genossen.' Es ist alles nichts Definitives, aber zwischen den Zeilen kann man schon was rauslesen", meint Vollmer.
Brady wolle damit eine Botschaft an die Patriots senden und seine Chancen auf eine Vertragsverlängerung erhöhen. 2020 ist er erstmals ein Free Agent. Aber will das Überteam der letzten Jahre den Altmeister überhaupt halten? Daran bestehen Zweifel.
Wollen Patriots Brady nicht mehr?
"Tom Brady ist nächstes Jahr 43 (Geburtstag am 3. August, Anm. d. Red.) und da können die Patriots keinen Fünf-Jahres-Vertrag mehr anbieten. Daher sieht es aktuell so aus, dass er geht. Das liegt dann aber nicht an ihm, sondern an den Patriots, die den Vertrag nicht verlängern", sagt Vollmer. "Daher sagt nicht Brady: 'Ich gehe', sondern die Patriots: 'Ich will dich nicht'."
In der Liebesbeziehung zwischen Brady und seinem Team gibt es schon seit geraumer Zeit Misstöne. Zuletzt zeigte sich der Quarterback frustriert, dass in Skandalprofi Antonio Brown sowie Josh Gordon zwei hochtalentierte Receiver und Anspielstationen die Patriots verlassen mussten.
Dabei würde ein Abschied Bradys von den Patriots für die Franchise auf den ersten Blick keinen Sinn ergeben. Die Nummer zwei auf der Spielmacher-Position, der vor der Saison gedraftete Jarrett Stidham, hat bislang nicht nachweisen können, als Starter in der NFL infrage kommen zu können.
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Belichick muss gegen Brady kämpfen
Das sah mal ganz anders aus: In den vergangenen Jahren baute Patriots-Coach Bill Belichick mit Jimmy Garoppolo (jetzt San Francisco 49ers) und Jacoby Brissett (jetzt Indianapolis Colts) gleich zwei vielversprechende Quarterbacks als langfristige Brady-Nachfolger auf.
Da Brady jedoch nicht an ein mögliches Karriereende denkt und immer wieder betont, bis 45 spielen zu wollen, ergab sich für das Duo keine Möglichkeit auf regelmäßige Einsätze. Beide Quarterbacks verließen die Patriots daraufhin gegen Belichicks Willen per Trade, der Meistertrainer musste eine Niederlage einstecken - gegen Brady und dessen Unterstützer, den mächtigen Team-Eigner Robert Kraft.
Der Erfolgscoach feierte jedoch auch einen Prestigesieg gegen "Schatten-Trainer" Brady: Dessen Coach Guerrero hatte einst viele einflussreiche Spieler bei den Patriots unter seinen Fittichen, Belichick erteilte ihm 2017 praktisch Hausverbot auf dem Trainingsgelände des Teams.
Welche Rolle spielt Fitnessmarke TB12?
Nun sucht Brady eine neue Bleibe, genau wie sein persönlicher Trainer. Ein Abgang in eine andere (Groß-)Stadt würde auch seine Fitnessmarke stärken.
"TB12 würde auf jeden Fall von einem neuen Markt profitieren. Football wird zwangsläufig irgendwann für ihn aufhören und dann wird das sein nächstes großes Ding. Daher kann ich mir schon gut vorstellen, dass er für seine Marke noch mal woanders hingeht", meint Vollmer.
Die Vorstellung, den Ur-Patriot in einem anderen Trikot zu sehen, bezeichnet Vollmer als "sehr ungewohnt. Aber das passiert den Größten - Michael Jordan, Peyton Manning, Brett Favre. Es ist leider ein Teil des Lebens eines Profi-Sportlers."
"Kein guter Move der Patriots"
Football-Profis bleiben ohnehin sehr selten für 10 oder 20 Jahre bei einem Team - und Bradys Popularität würde selbst ein Wechsel keinen Abbruch tun, meint Vollmer.
"Brady ist so eine Größe, dass die Fans mit Brady zu der neuen Franchise wechseln würden", erklärt er, würde sich aber einen anderen Abschied für seinen alten Weggefährten wünschen: "Es wäre meiner Meinung nach kein guter Move der Patriots. Lieber sollten sie ein schlechtes Jahr akzeptieren, bis er seine Karriere beendet, als ihn zu einem anderen Team gehen zu lassen."
Chargers und Titans als Optionen?
Doch wohin würde Brady überhaupt passen? Vollmer fallen sofort zwei Teams ein.
"Möglich wären die Los Angeles Chargers oder die Tennessee Titans", glaubt der Deutsche: "Mit Mike Vrabel (Titans-Headcoach, Anm. d. Red.) hat er noch zusammengespielt. Da kann man dann so einen Wechsel schon schnell mal per SMS oder Anruf einfädeln."
Brady benötige ein Team, "das eigentlich schon reif für den Super Bowl ist, dem aber noch ein Quarterback fehlt. Das sind eben so Teams wie Tennessee oder die Chargers."
Neue Bleibe in New York
Allerdings würde die Distanz von seinem Heimatstaat Kalifornien - in dem die Chargers beheimatet sind - zu seiner potenziellen neuen Heimat Schwierigkeiten hervorrufen, auch wenn Brady "nur" während der maximal sechsmonatigen Saison nicht bei seiner Familie an der Ostküste leben könnte.
"Wahrscheinlich werden sie nach New York ziehen. Da kommt eine Rückkehr an die Westküste nicht mehr in Frage", glaubt SPORT1-Kolumnist Vollmer.
Auch ein Team in New York wie die Jets kann sich der Ex-Profi "nicht vorstellen" - Voraussetzung dafür wäre ohnehin, dass deren Quarterback Sam Darnold das Team verlässt. Möglicherweise ja in einem Tausch mit Brady?
Für welches Team sich der Star-Quarterback auch entscheidet: Allein, dass ein Abschied von den Patriots immer realistischer wird, versetzt bereits die gesamte NFL in Aufruhr.