Ein Junge aus Oakland übertrumpft sie alle!
Der Einzelkämpfer gegen die NBA
© Imago
Als die NBA zum Restart in die Corona-Bubble zog, hatten die Portland Trail Blazers lediglich eine zehnprozentige Chance auf den Einzug in die Playoffs. Dass sich die Franchise aus Oregon am Ende gegen die Memphis Grizzlies ihr Finale erkämpfte und in die Playoffs einzog, haben sie einem Mann zu verdanken: Damian Lillard!
Der 30-Jährige legte allein in den letzten drei Spielen der Regular Season einen Schnitt von 51,3 Punkten und neun Assists auf. Damit sorgte er fast im Alleingang dafür, dass Portland zum siebten Mal in Folge die Postseason erreichte.
Dabei setzte er sogar noch eine Bestmarke, die bei vielen unter dem Radar gelaufen war. Nach der Regular Season stand für den Point Guard eine überragende Dreier-Quote von 40,1 Prozent zu Buche - bei 10,1 Versuchen pro Spiel. Diese Marke hatte bisher nur Steph Curry erreicht, dem das Kunststück gleich zweimal gelang.
Auf einer Stufe mit Legende Chamberlain
Es ist aber nicht der einzig elitäre Klub, in den sich der Superstar der Blazers eintragen konnte. Beim wichtigen 134:131-Erfolg gegen die Dallas Mavericks führte er sein Team mit 61 Punkten zum Sieg. Es war bereits das dritte Spiel mit über 60 Punkten in dieser Saison. Damit schloss er zum legendären Wilt Chamberlain auf, dem dies bisher als einzigem Spieler der NBA-Historie gelungen war.
"Ich bin sehr froh, mit ihm (Chamberlain, Anm.d.Red.) in einem Satz genannt zu werden, es ist eine große Ehre", zollte er der Legende Respekt und fügte sogleich hinzu: "Zum Glück endeten zwei Spiele davon mit einem Sieg. Heute (der Sieg gegen die Mavericks, Anm.d.Red.) hätte kein besserer Zeitpunkt dafür sein können."
Dies beweist die zweite große Stärke Lillards. Neben seiner sportlichen Qualität ist er auch ein absoluter Teamplayer. Das betonte auch sein Coach Terry Stotts nach dem Mavericks-Spiel im Gespräch mit nbcsports: "Seine Führungsqualität und sein Spiel sprechen für sich. Er reißt das ganze Team mit."
Lillard will Nowitzki nacheifern
Dass er dennoch immer wieder unterschätzt wird, daran ist der fünfmalige All-Star bereits gewohnt. Vor der Saison unterzeichnete er einen 4-Jahres-Vertrag über 196 Millionen Dollar. Aber die Experten diskutierten lieber über das neue Power-Duo Kawhi Leonard und Paul George bei den Los Angeles Clippers oder wie LeBron James und Anthony Davis die Lakers zurück zu Ruhm und Ehre führen sollen. Auch die Chancen der Brooklyn Nets mit Kevin Durant und Kyrie Irving waren ein heißes Gesprächsthema.
Lillard hingegen blieb sich treu. Anstatt sich ebenfalls nach Möglichkeiten umzusehen, die die Chance auf einen Meisterschaftsring erhöhen könnten, blieb er in Portland und eiferte einem seiner Vorbilder nach - Dirk Nowitzki. "Ich respektiere, was Dirk gemacht hat. Ich erkenne das an und denke mir 'Es lohnt sich. Für Dirk hat es sich auch gelohnt'. Dafür (den Titel 2011 und die Treue zu den Mavs, Anm.d.Red.) wird er in Dallas und der Liga immer respektiert werden."
Und genau darum geht es Lillard - er will Respekt bekommen. "Put some respect on my f*** name", rief er den Reportern nach seiner 61-Punkte-Gala gegen die Mavericks entgegen. Die Leute sollen ihn für die Erfolge feiern, die er sich selbst durch harte Arbeit verdient, nicht durch clevere Teamwechsel.
Bodenständigkeit und Treue
Als er mit seinen verpassten Freiwürfen kurz vor Schluss gegen die Clippers die Niederlage besiegelte, feierten Patrick Beverly und Paul George provokant in seine Richtung. Als Antwort auf die Aktion reagierte Lillard mit Blick auf die Playofffs 2019 gelassen: "Patrick Beverly, den habe ich früher schon heimgeschickt. Und mit Paul George habe ich das erst letztes Jahr gemacht. Das ärgert mich nicht. Die Reaktion zeigt vielmehr, wie sehr es sie schmerzt." Dazu hatte er für George noch einen kurzen Tipp. Er solle einfach weiter die Teams wechseln.
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Wurzeln und Bodenhaftung sind für Lillard von besonderer Bedeutung. Diese Eigenschaften trägt er stolz auf seinem Trikot. Die Trikotnummer Null steht auch für den Buchstaben O. Dieser repräsentiert Oakland, wo er aufgewachsen ist, aber auch Ogden. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Stars, die von Elite-Colleges kommen, spielte er die vollen vier Jahre an der unbekannten Weber State University in Ogden, Utah.
Direkt in seiner ersten Saison führte er seine Wildcats zum Gewinn der Regular Season in der Big Sky Conference, in seiner letzten Spielzeit gelang mit 14 Conference-Siegen und nur zwei Niederlagen der Einzug in die Finals. Lillard wurde als Big Sky MVP ausgezeichnet und mit 24,5 Punkten Topscorer der Conference.
Titel blieben zwar aus, aber er verewigte sich in den Geschichtsbüchern seiner Alma Mater und verdiente sich mit seinen Leistungen die Nummer sechs im Draft von 2012. Seitdem läuft er in Portland auf und plant wohl, das Moda Center bis zu seinem Karriereende als Heimstätte zu behalten. Seither tritt er als chronisch unterschätzter Einzelkämpfer gegen die NBA-Giganten an und hält sich sehr gut.
Rap-Karriere neben dem Basketball-Court
Seine Bodenständigkeit bedeutet aber nicht, dass er schüchtern oder introvertiert ist. Ganz im Gegenteil - neben dem Platz tritt er als Rapper auf. Unter seinem Künstlernamen Dame D.O.L.L.A. hat er bereits drei Alben herausgebracht. Zuletzt machte er 2019 mit BIG D.O.L.L.A auf sich aufmerksam.
Mit Marvin Bagley III von den Sacramento Kings kam es sogar schon zu einem Battle samt Disstracks. Im Sommer 2019 schickten sich die nebenberuflichen Rap-Stars je zwei dieser Disstracks, wobei Lillard in den sozialen Medien eindeutig die Oberhand behielt.
Unabhängig davon gilt aber aktuell volle Konzentration auf den Basketball. In der Bubble stellte Portlands Nummer 0 die anderen Superstars bisher mächtig in den Schatten. Das allein reicht Lillard aber nicht. Dieses Jahr will er zum ganz großen Wurf ansetzen. "Das zählt nichts", tat er bei TNT seine 61 Punkte gegen die Mavericks ab: "Ich habe es euch bereits gesagt, als ich hier angekommen bin. Ich bin nicht hier, um meine Zeit zu vergeuden."
Sollte er seine bisherige Performance fortsetzen, wird er endlich das bekommen, wonach er am meisten strebt: Respekt!