Bringt ein streitbarer NBA-Topstar den Neustart der weltgrößten Basketball-Liga noch zu Fall?
Stoppt eigenwilliger Star NBA-Start?
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US-Medienberichten zufolge trommelt Kyrie Irving von den Brooklyn Nets hinter den Kulissen dafür, dass die Spieler bei der geplanten Wiederaufnahme der durch Corona gestoppten Saison am 31. Juli in Disney World nicht mitmachen.
In einem selbst organisierten Rundruf mit zirka 100 Spielerkollegen hätte Irving am Freitagabend einen "leidenschaftlichen Appell formuliert, sich dem Neustart in Orlando zu widersetzen", berichtet ESPN.
Irving mit Appell
"Ich bin nicht dafür, nach Orlando zu gehen", soll Irving laut The Athletic gesagt haben: "Der systematische Rassismus und der ganze Bullshit: Da ist was faul dran."
Weil Irving sechsmaliger All Star, Teil der Meistermannschaft der Cleveland Cavaliers 2016 und nicht zuletzt auch Vizepräsident der Spielergewerkschaft NBPA ist, sorgt seine Position für Aufruhr. Aber auch für Verwunderung.
ESPN berichtet im selben Atemzug, dass Irving bei einer Konferenz der NBPA vergangene Woche nicht als Kritiker auffiel. Der verletzte Star hätte stattdessen Detailfragen gestellt, ob er seine Teamkollegen bei den Geisterspielen anfeuern dürfte, was es zu Essen gäbe und ob Sponsoren vor Ort wären und was die den Spielern mitbringen würden.
Dass Irving sich jetzt zum Oppositionsführer aufschwingt, soll die, die dabei waren, entsprechend überrascht haben.
Einige NBA-Stars sind skeptisch
Die persönliche Motivation des als eigenwillig geltenden Irving hinter seinem Handeln ist am Ende aber weniger entscheidend als das, was es bewirkt. Der 28-Jährige soll nämlich nicht allein dastehen mit seiner Skepsis und Unterstützer gefunden haben.
"Die Botschaft interessiert mich weit mehr als der Überbringer", zitiert ESPN einen anonymen Spieler.
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Vor allem zwei Punkte sollen die Kritiker umtreiben – zu denen angeblich auch Carmelo Anthony, Donovan Mitchell und Dwight Howard gehören: Zum einen geht es um gesundheitliche Fragen, die nicht nur um das Hygienekonzept der Liga kreisen, sondern auch um potenzielle psychische Folgen der langen Isolierung – die Finalspiele können sich bis Mitte Oktober ziehen.
Spiele trotz Rassismus-Debatte?
Kontrovers diskutiert wird aber auch die von Irving angesprochene symbolische Ebene: Ob es vor dem Hintergrund des Falls George Floyd und der allgegenwärtigen Rassismus-Diskussion das richtige Signal sei, wieder zur sportlichen Tagesordnung überzugehen.
Der allgemeine Eindruck ist, dass die Mehrheit der Spieler nicht Irvings Meinung ist: Im Gegenteil könne die große und vielbeachtete sportliche Bühne sogar helfen, Anti-Rassismus-Botschaften zu verbreiten.
Ein weiterer anonymer Spieler, laut ESPN ein "hoch respektierter", äußert Zwiespalt: "Wenn wir wieder Basketball spielen, wird nicht mehr der systemische Rassismus das Nachrichten-Thema sein, sondern wer wie gespielt hat. Es wird wichtig sein, wieder spielen zu können und das zusammenzubringen mit dem, was in unseren Communitys passiert."
Finanzielle Nachteile für Spieler
Nicht zu vergessen ist aber auch: Die Spieler haben nicht nur idealistische, sondern auch handfeste finanzielle Interessen.
Nach ESPN-Schätzung kostet die Coronakrise die Spieler alles in allem schon 300 Millionen US-Dollar Gehalt, bei einem Saisonabbruch wären die finanziellen Folgen noch größer.
Vor allem müssen die Spieler befürchten, dass die Klubs bei einem Abbruch die Möglichkeit nutzen, das "Collective Bargain Agreement" mit der Spielergewerkschaft aufzukündigen. Damit müssten zahlreiche finanzielle Vereinbarungen neu verhandelt werden – was in der aktuellen Situation zum Nachteil für die Spieler verlaufen würde.
Ob Irvings Feldzug gegen den NBA-Neustart vor diesem Hintergrund eine realistische Chance hat, muss sich noch zeigen.