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NBA: Maurice Stokes stirbt 1970 - die tragische Story eines Basketball-Stars

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NBA: Maurice Stokes stirbt 1970 - die tragische Story eines Basketball-Stars

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Das größte Drama der NBA-Geschichte

Maurice Stokes war auf dem Weg einer der besten Basketballer aller Zeiten zu werden. Doch ein tragischer Unfall veränderte alles. Ein Mitspieler wird zum Helden.
Maurice Stokes (r.) und Wilt Chamberlain bei einem Benefizspiel
Maurice Stokes (r.) und Wilt Chamberlain bei einem Benefizspiel
© dpa Picture Alliance
Stefan Schnürle
Stefan Schnürle

Er war wohl der beste NBA-Spieler, dessen Namen viele Basketball-Fans noch nie gehört haben: Maurice Stokes.

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Ex-Spieler und Trainer, die ihn erlebt haben, vergleichen ihn mit Michael Jordan, LeBron James oder Karl Malone.

Stokes verstarb vor 52 Jahren am 6. April 1970 im Alter von nur 36 Jahren - vorausgegangen war ein tragischer Unfall zwölf Jahre zuvor, der wohl nicht nur seine, sondern auch die Geschichte der NBA verändert hat.

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Stokes schafft Historisches am College

Doch der Reihe nach: Der in ärmlichen Verhältnissen in Pittsburgh aufgewachsene Stokes machte erstmals am College von sich reden. Im erst dritten Spiel mit dem kleinen St. Francis College gelangen ihm gegen die Villanova Wildcats 32 Punkte und 28 Rebounds. In seinem Junior Year kam er auf 23 Punkte und 22 Rebounds im Schnitt.

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Beim im Madison Square Garden ausgetragenen National Invitation Tournament führte Stokes sein Team ins Final Four und schaffte Historisches. Obwohl sein College im Halbfinale scheiterte, wurde er zum MVP des Wettbewerbs ernannt, so einzigartig waren seine Leistungen zuvor.

Die Harlem Globetrotters wollten Stokes daraufhin verpflichten, doch dieser entschied sich für die NBA. Beim Draft wurde der 2,01 Meter große Power Forward von den Rochester Royals (Vorgänger der heutigen Sacramento Kings) an Position zwei ausgewählt.

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Eines der besten NBA-Debüts aller Zeiten

Direkt bei seinem NBA-Debüt verblüffte der 22-Jährige alle und legte 32 Punkte, 20 Rebounds und acht Assists auf. In einem Spiel schaffte der athletische Big Man sogar 38 Rebounds. Kein Wunder also, dass Stokes am Ende der Spielzeit zum Rookie of the Year gewählt wurde.

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In seiner zweiten NBA-Saison schnappte sich Stokes 1.256 Rebounds (17,4 pro Spiel), was nie zuvor einem Spieler gelungen war. Nach dem Umzug der Royals nach Cincinnati führte Stokes sein Team mit im Schnitt 16,9 Punkten (Top 15), 18,1 Rebounds und 6,4 Assists in die Playoffs.

Damit belegte er bei den Rebounds Platz zwei hinter NBA-Legende Bill Russell und bei den Assists Platz drei hinter den Guards Bob Cousy (Vorjahres-MVP) und Dick McGuire. Bis heute schaffte in der NBA-Geschichte nur ein einziger Spieler diese Werte in der Kombination: Wilt Chamberlain.

Vergleiche mit Jordan, Malone und LeBron

Aber noch mehr als die Zahlen sorgte sein Spiel für Staunen. Für viele war Stokes seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. "Der erste großartige athletische Power Forward. Er war Karl Malone mit mehr Finesse", sagte Cousy Jahrzehnte später über ihn.

Der damals bei den Minneapolis Lakers spielende Ed Kalafat fühlte sich sogar an den Basketball-GOAT erinnert: "Neben Michael Jordan war er wohl der beste Spieler aller Zeiten. So groß wie er war, konnte er trotzdem alles tun, was Michael konnte", sagte Kalafat bei NBA TV.

Nie zuvor hatte man einen über zwei Meter großen Forward gesehen, der den Ball anstelle der Guards nach vorne dribbelte. Stokes konnte Guard, Forward und Center spielen. Dolph Schayes, der 1955 seine Karriere mit über 18.000 Punkten als damals bester Werfer der NBA-Historie beendete, fühlt sich deshalb an das Spiel von LeBron James oder Oscar Robertson erinnert.

Jener Robertson stieß 1960 zu den Royals, weshalb nicht nur Stokes' damaliger Mitspieler Jack Twyman vermutet: "Wäre Maurice gesund geblieben, würden wir heute vielleicht über die Cincinnati-Dynastie anstelle der von Boston sprechen."

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Stokes verliert Bewusstsein nach Sturz

Doch ein tragisches Ereignis im letzten Saisonspiel 1958 stellte alles auf den Kopf. Während der Partie flog Stockes über den Rücken eines Spielers, verlor die Balance und schlug mit dem Kopf auf dem Parkett auf.

Stokes verlor kurzzeitig das Bewusstsein. Als er es wieder erlangte, spielte er weiter. Am Ende der Partie hatte er 24 Punkte und 18 Rebounds gesammelt. Eine ernsthafte Nachuntersuchung seiner Kopfverletzung blieb aus - der erste fatale Fehler.

Drei Tage später stand das erste Playoff-Spiel in Detroit an. Stokes wirkte schwerfällig und klagte über Schwindel - dennoch schaffte er ein Double-Double. Und obwohl es ihm bereits sehr schlecht ging, stieg er ins Flugzeug für den Rückflug.

Kurz nach Abflug war Stokes bereits blass und schwitzte laut Twyman, als ob "man seinen Kopf in einen Swimmingpool getaucht" hätte. Bevor er das Bewusstsein verlor, sagte Stokes seinen Mitspielern: "Ich fühle mich, als müsste ich sterben."

Als Stokes nach Wochen im Krankenhaus aus dem Koma erwachte, war er vollständig gelähmt. Nur seine Augen und sein Gehirn funktionierten noch. Der Fall auf den Kopf hatte zu einer Gehirnschwellung geführt, welche durch den Kabinendruck im Flugzeug weiter verstärkt worden war.

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Twyman wird zum Retter

Während seine Mitspieler nach Saisonende in ihre jeweilige Heimat fuhren, lag Stokes allein und mittellos im Krankenhaus. Nur der damals erst 23-jährige Twyman kümmerte sich weiter um seinen Mitspieler, mit dem er sich durch Augenblinzeln verständigte.

Um Stokes besser helfen zu können, wurde Twyman sogar zum "gesetzlichen Vormund" und nahm ihn gemeinsam mit seiner Frau bei sich auf. "Das hatte es noch nie gegeben - in dieser Zeit mit all den Rassenproblemen für einen Afroamerikaner aufzukommen, der niemanden hatte", sagte Robertson später.

Doch wie sollte Twyman bei einem Gehalt von 15.000 Dollar die medizinischen Kosten von 100.000 Dollar pro Jahr für Therapie und Medizin stemmen?

Der spätere Hall of Famer erklagte für seinen Freund eine Entschädigung durch die NBA, gründete die Stokes Foundation und organisierte mit Hotelier Milton Kutsher ein jährliches Benefiz-Spiel, dessen Einnahmen in die medizinische Versorgung von Sportinvaliden gingen.

Das Schicksal von Stokes berührte so viele Kollegen, dass die Spiele - die noch Jahrzehnte nach seinem Tod stattfanden - an All-Star Games erinnerten. Chamberlain unterbrach sogar seinen Urlaub in Frankreich, um dabei sein zu können.

Eine letzte große Ehre

Stokes hatte währenddessen jahrelang gekämpft, um unter großer Anstrengung ein wenig sprechen, malen und die Schreibmaschine benutzen zu können. Über eine Woche lang tippte er an seinem ersten Satz an Twyman. Dieser lautete: "Wie kann ich dir jemals danken, für alles, was du getan hast?"

Die letzte große Ehrung, die Stokes selbst noch miterlebte, fand 1969 statt. Sein ehemaliges College St. Francis lud ihn zum Fest für den Bau eines neues Sportzentrums ein. Dabei wurde er gefragt, ob er nicht der Namensgeber sein möchte. Stokes weinte vor Freude, ehe er zustimmte.

Nach dem Tod von Twyman führte die NBA 2013 die jährlich verliehene Auszeichnung des Twyman-Stokes Teammate of the Year Awards der National Basketball Association (NBA) für selbstloses Spiel, vorbildliches Verhalten als Mentor auf und abseits des Spielfeldes, sowie Engagement für und Hingabe an das Team und die Teamkameraden ein. Dirk Nowitzki gewann diese als einziger internationaler Spieler in der Saison 2016/2017
Nach dem Tod von Twyman führte die NBA 2013 die jährlich verliehene Auszeichnung des Twyman-Stokes Teammate of the Year Awards der National Basketball Association (NBA) für selbstloses Spiel, vorbildliches Verhalten als Mentor auf und abseits des Spielfeldes, sowie Engagement für und Hingabe an das Team und die Teamkameraden ein. Dirk Nowitzki gewann diese als einziger internationaler Spieler in der Saison 2016/2017

Doch das Gebäude mit seinem Namen durfte Stokes niemals sehen. Zehn Monate später starb er im Alter von nur 36 Jahren an einem Herzanfall. "Er arbeitete so hart, dass sein Herz aufgab", sagte Twyman.

Nachdem Twyman jahrzehntelang dafür gekämpft hatte, wurde Stokes 2004 in die Hall of Fame aufgenommen.

Bei seiner Rede sagte der gerührte Twyman: „Was auch immer ich für Maurice getan habe, hat er mir zehnfach zurückgeben. Lasst mich nur sagen: ‚Glückwunsch Kumpel, du hast es geschafft.‘“