Typisch Kobe.
Kobes legendäres letztes Spiel
Zumindest darin waren sich sowohl seine Fans als auch Kritiker nach dem letzten NBA-Spiel von Kobe Bryant am 13. April 2016 einig.
Zuvor hatte der Ende Januar 2020 bei einem tragischen Hubschrauber-Absturz ums Leben gekommene Bryant noch einmal eine hollywoodreife Performance hingelegt.
In seinem letzten Karrierespiel erzielte der damals 37-Jährige mit dem Spitznamen "Black Mamba" unfassbare 60 Punkte und führte seine Los Angeles Lakers zum 101:96-Sieg über die Utah Jazz.
Für Bryant kein perfekter Abschied
Der perfekte Abschied also? Für Bryant nicht ganz: "Das perfekte Ende wäre ein Meistertitel gewesen." So wie es Michael Jordan 1998 mit den Chicago Bulls gelungen war - wenngleich dieser später noch einmal bei den Washington Wizards ein kurzes Comeback gab.
Bryant machte als junger Spieler selbst nie einen Hehl daraus, dass er Jordan nacheifern und sogar übertreffen wollte. In der ewigen Scorerliste gelang ihm das sogar - und auch bei den Titeln kam er dem Basketball-GOAT mit fünf Meisterschaften denkbar nahe.
An diesem Abend im April wollte Bryant ein letztes Mal allen zeigen, warum er als bis dato bester Spieler seit Jordan galt. Mit allen Mitteln und dem unbändigen Ehrgeiz, der den Basketball-Besessenen seit jeher ausgezeichnet hatte.
Bryant nimmt sich reihenweise Würfe
In typischer Kobe-Manier legte er los und ließ sich auch nicht dadurch verunsichern, dass seine ersten fünf Wurfversuche keinen Erfolg brachten. Er wusste um seine Qualitäten und ballerte einfach weiter - früher oder später würden die Würfe schon fallen.
Und das taten sie. Im letzten Viertel bekam das ausverkaufte Staples Center tatsächlich noch einmal den Bryant zu sehen, der ihnen über die vergangenen zwei Jahrzehnte so viel Freude - und fünf Titel - beschert hatte.
Mit 17 Punkten in Folge holte der 18-malige All-Star quasi im Alleingang den zweistelligen Punkte-Rückstand der Lakers auf. Stolze 23 seiner 60 Punkte erzielte er im vierten Viertel. Es war Bryants erstes Spiel mit über 50 Punkten seit Februar 2009.
Nicholson und Beckham feiern Lakers-Star
Die Zuschauer samt zahlreicher Stars wie Jack Nicholson, David Beckham oder Jay-Z bedachten Bryant mit stehenden Ovationen, nachdem er die Lakers zum Sieg geführt hatte.
An diesem Abend war es sogar egal, dass die Franchise die Saison als schwächstes Team im Westen beendete.
Der zweimalige Olympiasieger mit dem Team USA hatte es ein letztes Mal allen gezeigt: "Ich habe versucht rauszugehen, hart zu spielen und die bestmögliche Show abzuliefern. Es hat sich gut angefühlt, es noch einmal zu machen."
Nebenbei hatte Bryant ein letztes Mal NBA-Geschichte geschrieben. Mit 37 Jahren wurde er zum ältesten Spieler der NBA, der über 50 Punkte erzielen konnte. Seine 60 Punkte waren zudem Saisonbestleistung - nicht nur seine persönliche, sondern die der ganzen Liga.
Bryant nimmt sogar mehr Würfe als Jordan
Aber die "Black Mamba" schaffte noch eine weitere historische Leistung, die auch sinnbildlich für seine Karriere steht und ihm über die Jahre viel Kritik einbrachte. Denn für seine 60 Punkte brauchte er 50 Wurfversuche - seit der Saison 1983/1984 hatte kein Spieler mehr Würfe aus dem Feld genommen.
Selbst bei seinem legendären 81-Punkte-Spiel gegen die Toronto Raptors hatte Bryant nur 46 Mal aus dem Feld auf den Korb geworfen. Passenderweise übertraf er mit den 50 Versuchen ausgerechnet Jordan, der sich in der Saison 1993 in einem 64-Punkte-Spiel 49 Würfe gegönnt hatte.
An diesem Abend nahm Bryant die vielen Versuche aber keiner krumm, was ihn ziemlich amüsierte. "Über 20 Jahre hat jeder geschrieben, dass ich den Ball passen soll. Und heute Nacht heißt es auf einmal: 'Pass bloß nicht den Ball'", sagte Bryant mit einem Grinsen.
In einem Einspieler vor der Partie war sein langjähriger Teamkollege Shaquille O'Neal, mit dem es nach drei gemeinsamen Titeln zum Streit gekommen war, zu sehen. Shaq sagte ehrfurchtsvoll: "Du bist der Beste in der Lakers-Geschichte" - was bei der ruhmreichen Lakers-Historie definitiv etwas heißen mag.
LeBron über Kobe: Wollte dir immer nacheifern
Dirk Nowitzki und LeBron James tauchten ebenfalls auf dem Videowürfel mit kurzen Nachrichten auf. James gab sogar zu: „Als ich in die Liga kam, wollte ich dir immer nacheifern.“
Gut zwei Jahre später wechselte James zu den Lakers, um sie in der Post-Bryant-Ära wieder in die Erfolgsspur zu führen.
An jenem April-Abend 2016 dachte aber kaum einer an die Lakers-Zukunft. Bryant hatte Basketball-Fans weltweit noch einmal eine Freude gemacht. Seine Rede beendete er mit den inzwischen berühmt gewordenen Worten: "Was kann ich noch sagen? Mamba out."
Seine Lakers-Kollegen bespritzten ihn in der Kabine anschließend mit Champagner, was Bryant jedoch nicht sonderlich gefiel: "Das ist nur für Meisterschaften."
Typisch Kobe eben.