"From Zero to Hero" hieß es, als die Toronto Raptors im vergangenen Jahr als erstes kanadisches Team überraschend den Titel in der NBA holten.
Der neue Höhenflug der Raptors
Naturgemäß zählt ein Champion auch im folgenden Jahr zu den Favoriten. Doch nach den Abgängen von Superstar Kawhi Leonard, der sich für einen Wechsel zu den Los Angeles Clippers entschied, und Danny Green rechneten einige mit einem Absturz der Franchise. Und auch wenn die Raptors weiterhin einen soliden Kader zu bieten haben - an Titelverteidigung dachte zunächst niemand.
Doch was sich in dieser Saison in der Eastern Conference abspielt, damit hätte wohl niemand gerechnet. Schon früh stellten die Kanadier mit einer Bilanz von zehn Siegen und vier Niederlagen einen Rekord auf. Aber damit nicht genug! Im letzten Spiel gegen die Chicago Bulls fuhr das Team von Nick Nurse einen ungefährdeten 129:102-Erfolg ein - der elfte Sieg in Serie. Neuer Rekord.
Im Osten steht Rang zwei hinter den Milwaukee Bucks zu Buche. Das gelang Toronto zuletzt im März 2018 und zuvor im Januar 2016. (Tabellen der NBA)
Davis: "Wir alle lieben uns"
Es stellt sich also die Frage: Wurden die Raptors zu früh abgeschrieben? Und was ist ihr Erfolgsrezept?
Terence Davis brachte es nach dem Duell mit den Bulls auf den Punkt: "Wir alle lieben uns, wir sorgen füreinander, und ich würde nirgendwo anders sein wollen. Wirklich", schwärmte der Rookie. Eine Szene gegen Chicago stellte das bestens unter Beweis: Als Davis seine bisherige Bestmarke von 23 Zählern übertrumpfte, gab es von Kyle Lowry eine Umarmung.
Mit seinen am Ende 31 Zählern von der Bank hatte der 22-jährige Davis entscheidenden Anteil am Rekordsieg.
Auch die Quote des Shooting Guards konnte sich sehen lassen: Zwölf von 15 Versuchen aus dem Feld waren erfolgreich, sechs von sieben Dreierversuchen fanden ihren Weg in den Korb. Davis ist erst der sechste Rookie, der in der Franchise-Geschichte mindestens 30 Punkte in einem Spiel erzielte und der erste, dem dieses Kunststück als Reservist gelang.
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Ibaka entwickelt sich zum Leader
Aber Davis ist nicht der einzige Spieler, der für den unerwarteten Erfolg der Raptors steht. Denn auch Serge Ibaka spielt eine Wahnsinns-Saison und ist eine Bereicherung - sowohl in der Offense als auch in der Defense.
Zu Beginn der Saison verpasste der 30-Jährige einige Spiele verletzungsbedingt. Seit seiner Rückkehr ist er kaum zu stoppen. Und auch wenn der Center eher eine Rolle auf der Bank spielte, hat ihn das nicht davon abgehalten, seine Effektivität auch auf dem Parkett unter Beweis zu stellen.
Erst kürzlich krönte er sich zum ersten Spieler der NBA-Geschichte, der 1500 Blocks und 55 Dreier erzielte. Mit seinen Führungsqualitäten hilft er den jungen Auswechselspielern in ihrer Entwicklung. Bestes Beispiel hierfür ist Chris Boucher, der sich dank Ibaka von Spiel zu Spiel gesteigert hat. Ibakas freier Geist und seine Einstellung sind wahrlich ansteckend.
Das Kuriose: Wären die Raptors nicht derart vom Verletzungspech ihrer Führungsspieler verfolgt, wäre Ibaka seinen Platz auf der Bank wohl gar nicht losgeworden.
Raptors-Höhenflug dank Teamzusammenhalt
Marc Gasol hatte mit einer Oberschenkelverletzung zu kämpfen, Pascal Siakam fiel mit einer Leistenzerrung aus. Auch Norman Powell konnte nicht eingesetzt werden - der 26-Jährige hatte sich eine Schulterverletzung zugezogen. Und Dewan Hernandez laboriert an einer Knöchelverletzung.
Beim Blick auf den Höhenflug der Raptors wird eines deutlich: Nach einem Superstar wie Kawhi Leonard sucht man in diesem Jahr vergeblich. Doch offenbar macht der NBA-Champion das als Team wieder wett.