Kyrie Irving steht wieder mal in den Schlagzeilen. Und erneut hat das keine sportlichen Gründe.
Irvings Karriere im Abwärtsstrudel
Denn Irvings Saison mit den Brooklyn Nets ist beendet.
Der Point Guard wird sich aufgrund anhaltender Schulterschmerzen einer OP unterziehen. Die Beschwerden plagen den 27-Jährigen bereits seit Anfang November - 26 Spiele fehlte Irving im Laufe der Saison schon. "Die Langzeit-Gesundheit unserer Spieler hat Priorität Nummer eins – wir schauen uns hier das Gesamtbild an", sagte Brooklyns General Manager Sean Marks.
Damit spielte Marks wohl auf die nächste Saison an, in der die Nets in der NBA richtig angreifen wollen, wenn auch der zweite Superstar Kevin Durant nach seinem Achillessehnenriss wieder fit ist.
Wirft man einen Blick zurück auf Irvings Vergangenheit, stellt sich allerdings die Frage, ob er wirklich der Richtige ist, um Brooklyn an der Seite von Durant zum Erfolg zu führen.
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Irving enttäuscht bei Celtics
Ohne Frage ist Irving ein überragender Basketballer und wohl einer der besten Point Guards der NBA. Als LeBron James mit den Cleveland Cavaliers 2016 die erste Meisterschaft der Franchise-Geschichte sicherte, hatte Irving gerade in den Finals gegen die Golden State Warriors wesentlichen Anteil am Erfolg.
Im entscheidenden siebten Spiel legte der Spielmacher damals 27 Punkte auf und verwandelte den entscheidenden Dreier unter Bedrängnis. "Das war ein Ende wie im Märchen", freute sich Irving, der die Rolle an der Seite eines Superstars also prinzipiell sehr gut ausfüllen kann.
Doch nur ein Jahr später verließ er die Cavs. Der Grund: Irving wollte aus dem Schatten von NBA-Superstar James treten und künftig der Fokuspunkt seines Teams sein. Es kam zu einem Mega-Trade, bei dem Irving und Isaiah Thomas von den Boston Celtics die Teams tauschten.
Doch in Boston lief es nicht wirklich rund. Im ersten Jahr verpasste er den Saisonendspurt inklusive Playoffs wegen einer Knie-Operation.
In der vergangenen Spielzeit machten immer wieder Gerüchte um ein gestörtes Verhältnis zwischen Irving und seinen Teamkollegen die Runde. In den Playoffs standen die Celtics dann kurz vor dem Aus, es drohte das Scheitern im Conference-Halbfinale. Und der Hauptverantwortliche für die bedrohliche Lage war Superstar Irving. Der Aufbauspieler lieferte schwache Auftritte auf dem Court ab und kämpfte mit katastrophalen Wurfquoten.
Irving: "Hätte 30 werfen sollen"
Auf die immer stärker werdende Kritik reagierte er mit provokanten Aussagen ("22 Würfe für mich? Ich hätte 30 werfen sollen. Ich bin ein großartiger Werfer") und auch mit unsportlichen Aktionen - wie seinem Abgang im vierten Halbfinalspiel 2019 gegen die Bucks noch vor dem offiziellen Ende der Partie - sorgte er für Wirbel.
Es war nicht zu übersehen: Irving war ein Schatten seiner selbst. Auch, weil sein Großvater starb. Es folgte der Abschied des großen Hoffnungsträgers von den Celtics. Später gestand er zumindest seine Fehler und erklärte seine Lage. "Basketball und der Spaß, den er mir bereitete, waren wie weggeblasen", gab Irving zu.
Und weiter: "Ich hielt es nicht für nötig, Schritte zu unternehmen, mir Beratung zu suchen oder eine Therapie zu machen, um damit fertig zu werden, dass jemand gestorben ist, der mir nahe steht. Sowas musste ich vorher noch nie durchmachen."
Die innere Zerrissenheit Irvings färbte auf den Job ab, auch auf die Stimmung in der Celtics-Kabine. "Ich habe bei diesen Jungs versagt, weil ich ihnen nicht alles gegeben habe, was ich gekonnt hätte während der Saison. Ein Anführer in diesem Umfeld zu sein und die Leute zusammenzubringen - da habe ich versagt", so Irving.
Brooklyn Nets ohne Irving besser?
Bei den Brooklyn Nets, denen sich Irving im Juli 2019 anschloss, sollte der Neuanfang gelingen. Die Schulterprobleme bremsten den Point Guard allerdings aus, nur 20 Spiele konnte er in dieser Saison bislang bestreiten. Aber damit ist es nicht abgetan, wie die Zahlen eindrücklich belegen.
Wenn Irving auf dem Parkett stand, steuerte er durchschnittlich 27,4 Punkte bei - Karrierebestwert. Den Nets scheint das allerdings wenig zu helfen.
Acht von 20 Spielen konnten sie mit der Unterstützung von Irving gewinnen. Ohne ihren Starspieler feierte Brooklyn 17 Siege in 33 Partien, darunter Erfolge gegen Topteams wie die Celtics, Nuggets, Sixers und Heat. Unabhängig davon, an welchen Stellen es genau hapert, wird eines deutlich: Irving hat bei der Franchise nicht den Einfluss, den man sich bei den Nets erhofft hatte - und den sich Irving selbst wohl ebenfalls ersehnt hatte.
Durant und Irving nächste Saison im Osten gefordert
Spannend wird, wie sich die Situation in der neuen Saison entwickelt. Sobald Durant nach seiner Verletzung zurückkehrt, ist der Ex-Warrior das Gesicht der Nets und auch der beste Spieler. Irving müsste (wieder) mit der Rolle als Co-Star klarkommen.
Die nächste Saison wird also nicht nur für Brooklyn, sondern auch für Irving zum Gradmesser. Um die schwierige Aufgabe zu meistern, wird es wichtig sein, dass der NBA-Star nicht auf Egomane macht, fit ist und seine ohne Zweifel überragenden Qualitäten gewinnbringend einbringt.
Andernfalls wäre das Saisonaus Irvings nicht der letzte Tiefpunkt einer vielversprechenden Karriere.