Die Präsidentin tritt entnervt zurück, ihre wichtigste Stellvertreterin wirft frustriert das Handtuch: Unmittelbar vor dem Startschuss der Kurzbahn-WM im chinesischen Hangzhou (11. bis 16. Dezember) versinkt der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) im Funktionärs-Chaos.
Zoff nach Führungschaos im DSV
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DSV-Chefin Gabi Dörries und die für Finanzen verantwortliche Vizepräsidentin Andrea Thielenhaus legten beim turbulenten Verbandstag am Samstag in Bonn mit sofortiger Wirkung ihre Ämter nieder, weil sie keine Basis für ihre Arbeit mehr sahen. Am Ende des elfstündigen Sitzungsmarathons mit knapp 100 Anträgen durften sich die Kritiker bestätigt fühlen, die den DSV für fast unregierbar halten.
Die Entscheidungen am Samstag seien "ein Schlag ins Gesicht des deutschen Schwimmsports und der weiteren Sportarten im DSV", meinte die frühere Athletensprecherin Dorothea Brandt. Die Wahlberechtigten hätten "den Grundstein für das Ende des Leistungssports im DSV" gelegt. "Es wird immer wieder gefragt, warum der deutsche Schwimmsport gegenwärtig so erfolglos ist. Heute haben die Fragenden eine Antwort erhalten", schrieb die frühere Kurzbahn-Europameisterin in einem Facebook-Eintrag mit der Überschrift: "Ihr macht unseren Sport kaputt!"
Diskussion um Beitragserhöhung
Was war passiert? Das aktuelle Präsidium um Dörries wollte beim Verbandstag eine neue Satzung und ein neues Finanzkonzept verabschieden. Auf eine neue Satzung, die den Entscheidungsprozess effizienter gestalten soll, konnten sich die Landesverbände mit Hilfe einiger Zusatzanträge noch einigen.
Die Diskussion um die geplante Beitragserhöhung, die eine Anhebung um 60 Cent auf jährlich 1,40 Euro pro Mitglied vorsah, wurde jedoch nach einem Antrag des Badischen Schwimmverbandes verschoben.
Manche Landesverbände befürchten, auf den Kosten sitzen zu bleiben, sollten die Mitglieder sich querstellen. Außerdem bereitet manchen der mögliche Verlust von Zuschüssen durch die Landespolitik Bauchschmerzen. "Durch die heutigen Beschlüsse sehe ich keine Basis für eine weitere Arbeit in dieser Position", sagte Dörries. Auch gesundheitliche Gründe würden bei ihrem Rücktritt eine Rolle spielen.
Neuwahlen im DSV geplant
Die Software-Unternehmerin aus Elmshorn hatte das Amt erst vor zwei Jahren von Christa Thiel übernommen. In Richtung ihrer Vorgängerin meinte Dörries nun vielsagend: "Jetzt sehe ich, was es für eine Leistung war, diesen Verband 16 Jahre geführt zu haben."
Im Mai 2019 will der DSV eine neue Führung wählen. Bis dahin übernehmen die Vizepräsidenten Wolfgang Hein und Uwe Brinkmann die Leitung des DSV. Der bislang kommissarisch arbeitende Brinkmann wurde kurzfristig als ordentlicher Vizepräsident gewählt.
"Die Stimmung war sehr bedrückend", sagte Präsident Wolfram Sperling vom Sächsischen Schwimmverband dem SID: "Was das für ein Bild beim DOSB und BMI abgibt, mag ich mir gar nicht vorstellen."
Imageschaden für den Verband
Der klamme DSV kämpft im Zuge der Leistungssportreform mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Innenministerium um jeden Euro, die Verhandlungen hatten bislang Dörries und Thielenhaus geführt. Die Landesverbände wollen nun, dass Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen, der beim DOSB bereits als Ressortleiter Verbandsmanagement tätig war, diese Lücke schließt.
Der Imageschaden ist aber nicht mehr zu verhindern, außerdem verstreicht wieder wertvolle Zeit. "Es ist erschreckend, wie eine notwendige Veränderung und damit der Sport insgesamt derart boykottiert werden können", sagte Brandt: "Ich bin schockiert."