Geraint Thomas stand die Erleichterung nach dem letzten Showdown in den Bergen ins Gesicht geschrieben, an den so greifbar nahen Triumph bei der Tour de France wollte der Mann in Gelb aber noch keinen Gedanken verschwenden. "Nichts ist jemals garantiert in diesem Sport", sagte Thomas, nachdem er dem Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt auf der 19. Etappe einen großen Schritt nähergekommen war: "Aber morgen wird noch einmal ein sehr, sehr harter Tag." (DATENCENTER: Gesamtwertung der Tour de France)
Thomas kurz vor Tour-Gesamtsieg
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Thomas warnt trotz Vorsprung
Am Samstag muss der 32-jährige Waliser im einzigen Einzelzeitfahren der Tour 2018 seine Spitzenposition verteidigen. Die Aussichten stehen gut. Vor dem Schlusswochenende besitzt der Sky-Profi einen Vorsprung von 2:05 Minuten auf den Niederländer Tom Dumoulin. Selbst für den Weltmeister im Kampf gegen die Uhr dürfte der Rückstand zu groß sein. (SERVICE: Zeitplan und Etappen der Tour de France)
Dennoch warnte Thomas. "Zwei Minuten Vorsprung sind natürlich besser als zwei Minuten Rückstand. Ich muss nicht das allerletzte Risiko eingehen, aber der Kurs ist wirklich sehr hart", sagte Thomas, der die 200,5 km lange Bergetappe über sechs Anstiege in den Pyrenäen als Zweiter hinter Tagessieger Primoz Roglic beendet hatte.
Froome stürzt von Podest
Einen Wermutstropfen hatte die 19. Etappe für das Sky-Team dennoch. Das "Traumszenario", Paris mit Thomas und Titelverteidiger Chris Froome auf den Plätzen eins und zwei zu erreichen, ist in weite Ferne gerückt. Froome droht das Podium sogar ganz zu verpassen.
Vor dem Viertplatzierten Froome (+2:37 Minuten) liegt vor dem Schlusswochenende nicht nur Dumoulin (Sunweb/+2:05). Am Freitag schob sich auch noch Roglic (+2:24) am viermaligen Toursieger vorbei.
Roglic feiert Etappensieg
Roglic, einst Junioren-Weltmeister im Skispringen, feierte den verdienten Tageserfolg auf dem Podest mit einem Jubelsprung einschließlich fehlerfreier Telemark-Landung. "Ich hatte heute die Beine, das ist ein tolles Gefühl. Es war perfekt", sagte Roglic. Der äußerst aktive Slowene vom Team LottoNL-Jumbo hatte in der Abfahrt ins Ziel die entscheidende Attacke gesetzt.
Den hart erkämpften Podestplatz will der 28-Jährige nicht mehr hergeben. "Das Zeitfahren ist wie für mich gemacht", sagte Roglic: "Wir beginnen bei Null, es ist ein neuer Tag mit neuem Fokus, aber ich werde sicherlich mein Bestes geben."
Sagan mit Schwierigkeiten
In einer unspektakulären ersten Rennhälfte, in der der zweimalige Etappensieger Julian Alaphilippe (Frankreich/Quick-Step Floors) in einer Fluchtgruppe den Sieg in der Bergwertung rechnerisch perfekt machte, hielten sich die Favoriten zurück. In Schwierigkeiten geriet dagegen Peter Sagan. Der Weltmeister, nach einem Sturz am Mittwoch schwer gehandicapt, kämpfte unter Schmerzen gegen das drohende Aus und den Verlust des Grünen Trikots an.
Am legendären Col du Tourmalet, nach L'Alpe d'Huez der zweite der vier "heiligen Berge" im Programm der Tour 2018, zog das Tempo nach Attacken der Podestkandidaten Romain Bardet (Frankreich/AG2R) und Mikel Landa (Spanien/Movistar) zum Leidwesen Sagans an. Der Slowake vom deutschen Team Bora-hansgrohe schleppte sich im Gruppetto in Richtung Ziel und erreichte dieses mit 38:23 Minuten Rückstand.
Entscheidung am Samstag
Am Col d'Aubisque (Ehrenkategorie), der letzten Bergwertung der Tour 2018, kam es zum Showdown der besten Vier - mit Froome als Verlierer. Der langjährige Dominator der Frankreich-Rundfahrt hatte wie schon in den vorherigen Bergetappen Mühe, das Hinterrad von Thomas, Dumoulin und Roglic zu halten. Zu eigenen Attacken war der 33-Jährige nicht imstande. (DATENCENTER: Bergwertung der Tour de France)
In der Abfahrt betrieb er aber Schadensbegrenzung, dem tollkühnen Roglic hatte aber auch Froome nichts entgegenzusetzen. Dieser stürzte sich halsbrecherisch ins Tal und belohnte sich für die riskante Fahrweise.
Auf der 20. und vorletzten Etappe am Samstag fällt die Entscheidung über den Gesamtsieg. Der 31 Kilometer lange Kurs ist wellig und stellt wenige Kilometer vor dem Ziel mit dem Col de Pinodieta (900 m lang/10,2 Prozent steil) eine enorme Hürde.