Christopher Froome ist den Volkszorn gewohnt.
Froome erwarten mehr Anfeindungen
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Der viermalige Tour-de-France-Sieger wurde bespuckt, bepöbelt und einst sogar mit einem Urinbecher beworfen. Seine Dominanz und die unnahbare Art, vor allem aber die stete Kontroverse um sein oft in Graubereichen des Regelwerks agierenden Team Sky machten ihn zur Zielscheibe der Fans.
Auf das, was Froome bei seinem ersten Einsatz für sein neues, altes Team erwartet, ist der Brite mental also durchaus vorbereitet. Bei der am Donnerstag beginnenden Tour of Yorkshire wird Froome erstmals im Trikot des neuen Sponsors Ineos in die Pedale treten - und wieder wird ihn eine Welle des Protests begleiten.
Aktivisten protestieren gegen Chemie-Multi Ineos
Etwa 10.000 Demonstranten haben sich angekündigt. Die Wut richtet sich dieses Mal aber nicht gegen Froome persönlich. Vielmehr steht der Chemie-Multi Ineos und dessen größter Anteilseigner Jim Ratcliffe, seines Zeichens reichster Brite, im Zentrum der Kritik.
"Das Sponsoring von Ineos entbehrt nicht einer gewissen Ironie, nachdem das Team Sky im vergangenen Sommer Wale auf den Trikots trug, um auf die Plastikverschmutzung in den Ozeanen aufmerksam zu machen", sagte Steve Mason von der Aktivistengruppe Frack Free United. Ineos ist einer der weltgrößten Plastikhersteller und mit umfangreichen Fracking-Rechten in der Grafschaft Yorkshire ausgestattet.
In Zeiten des Klimawandels und eines wachsenden ökologischen Bewusstseins ist nicht auszuschließen, dass Froome und Co. auch bei künftigen Rennen mit Protesten rechnen müssen.
Sky um Chris Froome dominiert Radsport
Dabei sollte die Tour of Yorkshire für das Team eigentlich der feierliche Start in ein neues Kapitel sein. Tour-Sieger Geraint Thomas startet zwar schon am Dienstag bei der Tour de Romandie in der Schweiz erstmals für das Team Ineos. Doch erst beim Heimspiel wird der Rennstall seine Premiere in den neuen und endgültigen Trikots für diese Saison feiern.
Die vergangenen Wochen waren im Team von reichlich Wehmut begleitet - ein Ära endete. Die Bilanz des Sky-Teams ist verblüffend. Sechs Mal in den vergangenen sieben Jahren stellte die Starequipe den Toursieger, insgesamt 149 Triumphe sammelte sie auf World-Tour-Niveau, der letzte gelang Ende April mit dem Gesamtsieg bei der Tour of the Alps durch den jungen Russen Pawel Siwakow. "Es ist sehr speziell, sich in dieser Form zu verabschieden", sagte Froome.
Zugleich ist die Erleichterung groß. Nachdem Sky im Dezember seinen Ausstieg zum Saisonende angekündigt hatte, schien die Zukunft lange ungewiss. Dann kam Ineos. "Es geht weiter, das Team ist gesichert. Das ist für den ganzen Radsport das richtige Zeichen", sagte der deutsche Sky-Profi Christian Knees: "Es wäre schade gewesen, wenn solch ein Riesenteam verschwindet. Wir sind alle ganz glücklich."
Team immer wieder unter Dopingverdacht
Der Ruf der ohnehin argwöhnisch betrachteten britischen Mannschaft wird durch den neuen Sponsor allerdings nicht aufpoliert. "Marginal gains" lautet eine der Sky-Maximen, mit kleinen Anpassungen und Verbesserungen soll große Wirkung erzielt werden. Allzu häufig bewegte sich Teamchef Sir David Brailsford dabei aber mutmaßlich am Rande des Erlaubten - und womöglich darüber hinaus.
Beim Toursieg von Bradley Wiggins 2012 sollen etwa medizinische Ausnahmegenehmigungen (TUEs) missbräuchlich eingesetzt worden sein. Ein Vorwurf, den der erste britische Tour-Sieger stets zurückwies. Im Vorjahr zog sich die Salbutamol-Affäre um Froome bis zum Start der Tour de France.
Womöglich erwarten Froome auf Frankreichs Straßen im Sommer wieder Proteste - dann aber aus ganz anderen Gründen.