Was machen nach dem Studium? Diese Frage stellen sich Jahr für Jahr zehntausende junge Menschen in Deutschland. Auch Felix Schneiders erging es 2008 nicht anders.
Dieser Deutsche lebt für Poker
© Felix Schneiders
In diesem Jahr beendete er sein Diplom-Mathematik-Studium. Doch was nun? Ein Job an der Uni, Versicherungsmathematiker werden, oder Lehrer? Für viele Freunde und Bekannte stand schon damals fest, was Schneiders in Zukunft machen soll. "Sie haben immer schon gesagt, dass ich Lehrer werden soll, da ich Mathematik immer gut erklären konnte, Nachhilfe und Tutorien gegeben habe und dafür ein gutes Feedback bekommen habe", sagt der 38-Jährige im Gespräch mit SPORT1.
Heute arbeitet er als Lehrer, doch nicht so wie es die Bezeichnung allgemein vermuten lässt. Anstatt Jugendlichen im täglichen Schulunterricht die Feinheiten der Mathematik beizubringen, bringt er heute beinahe jeden Wochentag vielen Interessierten im Internet Poker bei, und arbeitet mit ihnen daran, ihr Spiel zu verbessern.
Schneiders hat es geschafft, seine große Leidenschaft, das Poker spielen, zu seinem beruflichen Mittelpunkt zu machen. Das es letztlich so gekommen ist, ist für Schneiders selbst "nachbetrachtet eine interessante Geschichte, weil es auf vielen natürlichen Irrwegen passiert ist, die nie so geplant waren."
Weltmeister in "Magic: The Gathering"
Doch der Reihe nach. Schneiders hatte schon immer sehr viel Interesse an Strategiespielen. Er spielte das Sammelkartenspiel "Magic: The Gathering" und gewann im Jahr 2002 mit seinen Teamkollegen Kai Budde und Mark Ziegner die Weltmeisterschaft in Sydney. Andere erfolgreiche Magic-Spieler führten ihn dann stückweise an Poker heran und zeigten ihm, dass beim Poker die Möglichkeit viel mehr gegeben ist, "dass man davon leben und seine Rechnungen bezahlen kann."
Neben dem Mathematikstudium vollzog er dann innerhalb von einem Jahr erfolgreich den Sprung zum Poker. "Ich habe ich in den Semesterferien und nach der Uni immer nur gepokert, mich mit Poker beschäftigt und Strategien entwickelt", erklärt Schneiders, wie er sich in kurzer Zeit den Grundstein für die nach dem Studium beginnende, am Ende sieben Jahre andauernde, Profikarriere im Onlinepoker gelegt hat.
Aufbau der "PokerStars School"
Die Freude daran, anderen Menschen Poker beizubringen, war für Schneiders weiterhin so groß, dass er parallel gemeinsam mit PokerStars die "PokerStars School" aufbaute. Eine im Internet kostenlos nutzbare "Schule" mit sehr viel Content, Informationen und Lehrinhalten zum Thema Poker.
Doch damit noch nicht genug. Über die "PokerStars School" baute Schneiders eine eigene Poker-Community auf und führte diese über Twitch, ein Live-Streaming-Videoportal weiter aus. "Wir sind inzwischen eine große Gemeinschaft, die sich fast täglich im Internet trifft. Ich erkläre den Leuten, wie ich Poker spiele, wie ich bestimmte Situationen löse und beantworte Fragen", fasst Schneiders kurz zusammen, was er genau in der Community anbietet.
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Sein Tagesablauf ist komplett auf Poker festgelegt. Er bereitet seinen Stream, seine Pokersessions, vor und hält diese dann am Nachmittag ab. Vormittags findet jeweils ein Aufwärmtraining mit den Teilnehmern statt. „Wir besprechen Hände, Strategien, Mathematik und alles wird durchgerechnet“, erklärt Schneiders.
Mit der eigenen Community und dem Aufbau der "PokerStars School" hat er das geschafft, wovon viele Träumen: Seine Vorlieben und Stärken, in seinem Fall Poker und das Erklären von Inhalten, zu seinem Beruf zu machen.
Über mangelndes Interesse an seiner Community und damit auch am Poker generell kann sich Schneiders nicht beklagen. "Ich verzeichne immer wieder unglaublich viel Wachstum. Wenn man den Leuten Poker entsprechend präsentiert und erklärt, so wie ich versuche es zu tun, merke ich, dass sehr viel Interesse geweckt wird und der Funke sehr schnell überspringt", so Schneiders. Auch in Gesprächen auf der Straße erfahre er, dass "viele schon gepokert haben oder auch jetzt noch mit Freunden spielen."
Schneiders: "Ensan wird weiter für Furore sorgen"
Ein Ende des "Pokerbooms“ in Deutschland sieht er deshalb nicht. Einen weiteren Aufschwung könnte der Sieg von Hossein Ensan beim Main Event der World Series of Poker 2019 in Las Vegas bringen.
"Es ist super, dass wir schon den zweiten deutschen Weltmeister stellen. Das spricht auch für die deutschen Pokerspieler. Er wird auf jeden Fall noch weiter für Furore sorgen", glaubt Schneiders.
Für Furore sorgten in der näheren Vergangenheit auch einige seiner Poker-Spieler bei großen Liveturnieren wie der PokerStars Players No-Limit Hold’em Championship (PSPC) im Januar auf den Bahamas.
"In erster Linie war es ein fantastisches Event für meine komplette Twitch-Community. Einen Platinum Pass hatten wir direkt in unserer Community ausgespielt. Fünf weitere aktive Mitglieder waren bei verschiedenen anderen Platinum Pass-Promotions von PokerStars erfolgreich, sodass wir letztlich zu siebt die PSPC gespielt haben", erklärt Schneiders.
"Schüler" Robionek sahnt ab
Am besten schnitt der ebenfalls im Vorfeld von Poker-Stars-Botschafter Schneiders gecoachte Michael Robionek ab. Auch dank zweimonatiger intensiver Vorbereitung mit der "PokerStars School" schrieb er ein wahres Poker-Märchen. Der Mann aus Gelsenkirchen-Buer überstand Tag um Tag, belegte am Ende Platz 21 und kassierte dafür ein Preisgeld von 150.600 Dollar. Der Lohn dafür: Robionek ist das Er ist das neue Gesicht der TV-Werbekampagne von PokerStars.de mit dem passenden Namen „Den Traum wagen“.
Für ihn hat sich das intensive Training mit Felix Schneiders auf jeden Fall gelohnt.
Tipps von Felix Schneiders für Pokerspieler:
- Poker lernen ist heutzutage auch durch das Internet sehr leicht geworden. Es ist leicht sich die Inhalte zu beschaffen. Am besten ist es zum Start sich über die sozialen Medien zu informieren, sich Poker-Tutororials anzuschauen. Hier kann man sich alles gut erklären lassen.
- Für Live-Poker: Wenn man zum ersten Mal an einem richtigen Tisch mit Profis oder auch anderen Amateuren sitzt, sollte man versuchen sich darauf zu konzentrieren, was die anderen machen, nicht so sehr auf sich. Einfach nur schauen, was am Tisch abgeht, alle Informationen wahrnehmen - Gestiken, Mimiken, was die anderen so machen. Dadurch verliert man die Angst und sammelt alle wichtigen Informationen, die man später in sein Spiel einfließen lassen kann. Man muss versuchen die Aufregung durch Beobachtung zu minimieren.
- Das allerwichtigste beim Pokern ist ein gutes Money-Management. Man muss mit einem Betrag anfangen, den man quasi als Investment sieht, den man beiseite legt und der nur für Poker gedacht ist – für nichts anderes. Das ist wie ein Investment für Equipment für ein Hobby. Man muss sehr verantwortungsbewusst damit umgehen und nur die Turniere oder Spiele spielen, die für diesen Betrag geeignet sind. Das ist das A und O für jeden Pokerspieler. Nur so kann man sicherstellen, dass man langfristig profitabel spielen kann. Über die Masse der Turniere, der Hände, die man spielt, versucht man den langfristigen Profit zu sichern. Man braucht immer eine gewisse Investmentform, aus der man schöpfen kann. Wenn diese erschöpft ist, ist man pleite. Das predige ich jedem. Das darf nicht passieren. Das war auch zu meinen Anfängen sehr wichtig für mich.