Kanada, China, Schweden, Neuseeland, Österreich, Chile: Die Journalisten, die Shaun White bei den Olympischen Spielen durch die Halfpipe fliegen sehen wollten, kamen im wahrsten Sinne aus der ganzen Welt.
Der einzige Weltstar der Spiele
© SPORT1-Grafik: Davina Knigge/Getty Images
Sie wurden nicht enttäuscht. Genauso wenig wie die vielen Zuschauer auf den tatsächlich nahezu vollbesetzen Rängen im Bokwang Snow Park.
In einem Wettkampf auf allerhöchstem Niveau eroberte der 31-Jährige US-Amerikaner mit vollem Risiko und zuvor nie gezeigten Höchstschwierigkeiten seinen Thron zurück. Als letzter Starter. Im Stile einer Legende.
Teil zwei der Shaun-White-Show startete nach der Siegerehrung im Zielbereich.
Betreuer, Volunteers, Fans, Journalisten: Jeder wollte ein Stück des Kaliforniers für sich haben - und jeder sollte es bekommen.
Über zwei Stunden (!) verbrachte White allein in der Mixed Zone. Als die beiden anderen Medaillengewinner schon den Berg hinunterstapften, hatte White noch nicht einmal die Hälfte seiner rund 35 Fernsehinterviews gegeben.
Der Olympiasieger nahm sich für jeden einzelnen Fragensteller minutenlang Zeit, schrieb nebenbei Autogramme und knipste Selfies. Ganz ohne übereifrigen Medienbeauftragten, der ihn auf Schritt und Tritt begleitete und zur Eile antrieb.
Wozu auch? White ist längst selbst ein Medienprofi, weiß ganz genau, wie er sich geben und was er sagen muss, um sich im besten Licht zu präsentieren. So hat er als Vorreiter Snowboarden zum globalen Phänomen verholfen. Und sich als Weltmarke etabliert.
Davon sind die meisten anderen Wintersportler weit entfernt - auch die erfolgreichsten. Laura Dahlmeiers Doppel-Gold ist ohne deutsche Brille in weiten Teilen der Welt nur eine Randnotiz in der Sportberichterstattung.
Ihre Leistungen kann das nicht schmälern, aber Journalisten aus China, Korea oder Chile können mit ihrem Namen gar nichts anfangen.
"Kennen Sie Laura Dahlmeier?"
"Nein, wer ist das?"
"Sie ist die einzige Sportlerin, die hier in Pyeongchang schon zwei Mal Gold gewonnen hat."
"Tatsächlich? In welcher Sportart?"
Wer Dahlmeier kennt, der weiß, dass ihr das gar nicht so unrecht ist. Die Aufmerksamkeit, die ein Shaun White auf sich zieht, wäre der bodenständigen Bayerin unangenehm.
Es erklärt aber auch, warum Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig angesichts der Kulisse beim Biathlon von einem "Trauerspiel" sprach, während bei den Snowboardern im abgelegenen Bokwang Snow Park Partystimmung herrschte.
Das Halfpipe-Finale war sportlich und atmosphärisch der vorläufige Höhepunkt der Olympischen Spiele 2018.
Und der (bisher) einzige Weltstar von Pyeongchang heißt Shaun White.