Sein spektakulärer Fahrstil ist legendär, seine Siege unvergessen. 33 Mal stand Bode Miller bei Weltcup-Rennen ganz oben, feierte Triumphe in jeder Disziplin von der Abfahrt bis zum Slalom. (Olympia 2018: Alle Entscheidungen im Liveticker)
Miller: Dreßen holt Olympia-Medaille
Das unangefochtene Karriere-Highlight: Die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver, wo sich Miller mit Gold in der Super-Kombi, Silber im Super-G und Bronze in der Abfahrt einen kompletten Medaillensatz sicherte.
Danach wurde es aber immer stiller um den "Rockstar auf Schnee und Eis", wie Miller aufgrund seiner Vorliebe für Partys und großspurige Kommentare bisweilen bezeichnet wurde. (SERVICE: Der Olympia-Zeitplan)
Nach zahlreichen Verletzungen erklärte der 40-Jährige im vergangenen Jahr offiziell seinen Rücktritt, seitdem arbeitet er unter anderem als TV-Experte.
Im SPORT1-Interview blickt die Ski-Legende auf die olympischen Wettbewerbe in Pyeongchang und verrät, wie viel er von Shootingstar Thomas Dreßen hält.
SPORT1: Sind Sie manchmal traurig, dass Sie nicht mehr aktiv Weltcup-Rennen fahren?
Bode Miller: Nein, nicht wirklich. Es ist mittlerweile schon drei Jahre her, seitdem ich zuletzt regelmäßig gefahren bin. Es fühlt sich also schon sehr normal an, keine Rennen mehr zu fahren. Ich bin glücklich, so wie es ist.
SPORT1: Haben Sie nie an ein Comeback gedacht oder an ein letztes Rennen, um sich nochmal gebührend zu verabschieden?
Miller: Ich hatte für mich ein gutes Ende mit dem Bronzemedaillen-Gewinn in Sotschi. Ich bin dann noch ein letztes Mal bei der WM in Beaver Creek gestartet. Dort hatte ich die besten Zwischenzeiten und bin dann schwer gestürzt. Das war doch ein passendes Ende für mich (lacht).
SPORT1: Wer ist ihr Lieblingsfahrer aktuell in den Speed-Disziplinen?
Miller: Das ist schwierig zu sagen, weil es so viele unterschiedliche Typen gibt mit unterschiedlichen Fahrstilen. Ich mag Thomas Dreßen sehr. Es war großartig, ihn in Kitzbühel siegen zu sehen, das war längst überfällig. Ich mag diese jungen, wilden Typen, die alles geben. Aber natürlich bin ich auch ein großer Fan von Aksel Lund Svindal und Beat Feuz. Sie sind einfach sehr dynamisch und können unter den verschiedensten Bedingungen Rennen gewinnen. Sind sind immer die Favoriten - und das zurecht.
SPORT1: Sind diese beiden somit auch die ersten Titelanwärter für Olympia?
Miller: Ja, auf jeden Fall. Diese beiden Jungs haben alleine durch ihre Kraft und ihre Statur schon einen Vorteil, weil die Strecke in Korea eher flach ist und technisch anspruchsvoll. Aber es wird mit Sicherheit auch auf die Bedingungen vor Ort ankommen.
SPORT1: Was denken Sie über die Entwicklung von Thomas Dreßen?
Miller: Die ist natürlich sehr gut. Er hat ein sehr feines Skigefühl, steht super auf der Kante. Ich habe ihn das erste Mal in Beaver Creek fahren gesehen, er ist mir sofort aufgefallen. Inzwischen hat er mehr und mehr Selbstvertrauen getankt und wenn man sich seine Fähigkeiten ansieht, gibt es derzeit nichts, was ihn aufhalten könnte.
SPORT1: Der Sieg in Kitzbühel war einer der größten Siege der jüngeren deutschen Ski-Geschichte. Wie haben Sie dieses Märchen erlebt?
Miller: Jede Durststrecke endet irgendwann. Thomas hat einfach das Gefühl, wie man auf dem Ski stehen muss und eine unglaubliche Dynamik. Kitzbühel belohnt Fahrer, die Risiko eingehen. Er ist noch sehr jung, das hat ihm geholfen, weil er dadurch keine Angst vor diesem Berg hatte.
SPORT1: Als wie wichtig schätzen Sie diesen Sieg für die Skination Deutschland ein? Bislang war Felix Neureuther das einzige Aushängeschild im alpinen Skisport.
Miller: Du brauchst Leute auf diesem Niveau. Deutschland ist so konkurrenzfähig und hat so viele tolle Sportler in den verschiedensten Sportarten. Sie hatten Schwierigkeiten in ihrem Männer-Weltcup-Team, aber dann kamen Neureuther und Dopfer in den technischen Disziplinen. Dass es jetzt noch einen Fahrer wie Dreßen gibt, der auch im Speed-Bereich Rennen gewinnen und große Siege wie in Kitzbühel feiern kann, so etwas begeistert das ganze Land. Deutschland ist ein größeres Land als die Schweiz, Österreich oder Italien und hat deutlich mehr Möglichkeiten. Ich denke, der Sieg hat dem gesamten Sport gut getan.
SPORT1: Wie schätzen sie die Medaillenchancen von Thomas Dreßen bei Olympia ein?
Miller: Ich kann es nur schwer sagen, aber er hat selbstverständlich Chancen. Er hat großes Selbstvertrauen und ist auch ein kräftiger Kerl, das hilft auf der flachen Strecke. Es wird definitiv nicht wie in Kitzbühel, der Kurs ist komplett anders und auch die Bedingungen. Wenn es hart und eisig wird, hat er eine deutlich größere Chance.
SPORT1: Wenn Sie wetten müssten..?
Miller: Wenn ich wetten müsste, wäre es statistisch gesehen besser, nicht auf eine Podiumsplatzierung von Dreßen zu setzen. Aber er hat das Selbstvertrauen und das Momentum aktuell auf seiner Seite, also sage ich: Ja, er holt eine Medaille!