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Formel 1: Sergio Pérez hat mit einer Harakiri-Aktion alles zunichtegemacht - Kohl-Kolumne

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Formel 1: Sergio Pérez hat mit einer Harakiri-Aktion alles zunichtegemacht - Kohl-Kolumne

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Ein Tritt in die Weichteile

Schlimmer hätte es für Sergio Peréz nicht kommen können: Der Lokalmatador erlebt ausgerechnet in Mexico City das große Desaster, springt kopfüber vom Zehner ins wasserlose Becken. Die Formel-1-Kolumne von Peter Kohl.
Für Sergio Peréz hätte der Mexiko-GP nicht schlimmer ablaufen können
Für Sergio Peréz hätte der Mexiko-GP nicht schlimmer ablaufen können
© SPORT1-Grafik: Imago/SPORT1
Peter Kohl
Peter Kohl

Hallo liebe F1-Fans! Für Checo (Sergio Pérez; Anm. d. Red.) ist das Heimspiel ein Tritt in die Weichteile. Freitag und Samstag so gut wie schon lange nicht mehr, im Qualifying nur etwa eineinhalb Zehntel hinter Dominator Max Verstappen auf Startplatz fünf. Eine gute Ausgangsposition - die er mit einer Harakiri-Aktion in der ersten Kurve zunichtemacht.

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Die Option, ein Formel-1-Rennen zuhause gewinnen zu können, vernebelt für einen Moment seine Sinne. Nach gutem Start pfeilt er an Leclerc vorbei, setzt einen aberwitzig späten Bremspunkt und zieht nach innen rein, als ob die Welt nur ihm gehört.

Leclerc im Ferrari ist zwischen Verstappen sowie Peréz eingeklemmt und damit chancenlos. Die Kollision mit Peréz kann er nicht vermeiden. Der Mexikaner hebt ab wie ein Helikopter und verabschiedet sich nach 16 Sekunden aus dem Rennen. Der dritte Nuller nach Monaco und Japan, nur noch 20 Punkte Vorsprung in der WM-Wertung auf Hamilton.

Peréz auch 2024 bei Red Bull

Ein Rookie-Fehler, der einem erfahrenen Haudegen wie Peréz so nicht passieren darf. Bereits nach wenigen Metern All-In zu gehen, ist wie Russisch Roulette mit sechs Kugeln in der Trommel. Für seine Fans auf den Tribünen ist das Rennen vorbei, bevor es richtig in die Gänge kommt. Dass Charles Leclerc im Anschluss beim Interview als vermeintlicher Peréz-Killer ausgebuht wird, ist bodenlos unfair. Der Monegasse ist Opfer, muss mit beschädigtem Frontflügel kämpfen wie ein Löwe, um von der Meute nicht gefressen zu werden. Unter diesen Umständen ist sein Dritter Platz überragend.

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Bemerkenswert ruhig und sachlich beurteilt Dr. Helmut Marko den Crash von Peréz. Ein Rennunfall sagt der Österreicher, der Peréz in den vergangenen Wochen und Monaten oft harsch kritisiert und in Frage gestellt hat. Er lässt keine Zweifel aufkommen, dass Checo auch 2024 für die Bullen Gas geben wird.

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Ricciardo macht Peréz-Fans Sorgen

Dass Daniel Ricciardo in der Höhenluft von Mexico City aufdreht und mit dem bis dato krass unterlegenen Alpha Tauri in schwindelerregende Dimensionen aufsteigt, gibt den Peréz-Kritikern Aufwind. Viele Auguren rechnen damit, dass der Honigdachs im kommenden Jahr Peréz‘ Sitz im Red Bull-Cockpit einnehmen wird. Der Australier kommt wie Phoenix aus der Asche. Bei seinen Engagements für Renault und McLaren lief nicht viel. Der Lack schien ab, seine Karriere zu Ende. Mit seinem siebten Platz auf dem Autódromo Hermanos Rodriguez hat er eindrucksvoll bewiesen, dass er es noch draufhat.

Dank der von ihm eingefahrenen sechs Punkte hat sich Alpha Tauri vom zehnten und damit letzten Platz in der Konstrukteurswertung auf acht nach vorne geschoben. Wenn es dabei bis zum Ende der Saison bleibt, könnte das einen Unterschied von rund 20 Millionen Euro aus dem Prämientopf bedeuten. Der Auftritt von Ricciardo in Mexiko – in vielerlei Hinsicht ein wertvoller.

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Der nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass dieses Ergebnis für die Truppe aus Faenza eine Eintagsfliege bleiben wird. Die Strecke liegt Ricciardo überaus gut, wie er den zurückliegenden Jahren immer wieder gezeigt hat. Und nirgendwo anders ist der AT04 so stark, wie auf diesem Kurs. Die Höhenluft und das Layout liegen vor allem dem Honda-Motor unter der Haube. Dank idealem Anpressdruck in den Kurven schnurrt der Alpha Tauri in Mexiko ausnahmslos gut.

Lando Norris liefert die beste Show

Die beste Show liefert aber nicht Ricciardo, sondern Lando Norris ab. Von ganz hinten startend, holt er 12 Positionen auf. Ein Überholfestival vom Feinsten. Trotzdem eine fad schmeckende Suppe für den jungen Engländer, die er sich selber und sein Team ihm eingebrockt haben. Im Qualifying warten die Verantwortlichen bis ultimo, ehe die Autos rausgeschickt werden, um einen Reifensatz zu sparen. Der Versuch mit Mediums misslingt.

Beide müssen nochmal mit Softs raus. Piastri gelingt es geradeso, weiterzukommen. Norris versemmelt seine fliegende Runde, hängt danach in einem Paket fest und wird durch Gelbe Flaggen eingebremst. Die große Show am Sonntag kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Norris den Bogen immer wieder überspannt, zu viel mit der Brechstange werkelt. Für einen angeblich kommenden Weltmeister ist seine Fehlerquote zu hoch. Was durch die Konstanz, die Rookie und Teamkollege Piastri zeigt, noch unterstrichen wird.

Ein kurzes Aufflammen von Hoffnungsschimmer erlebt im Qualifying Alfa Romeo. Beide Autos in den Top 10, das hat es lange nicht gegeben. Der Rennverlauf nordet aber alles wieder ein. Zhou wird farblos 14er. Bottas liegt sogar noch einen Platz dahinter, nach einem von ihm verschuldeten Crash mit Stroll, für den er eine Fünf-Sekunden-Strafe und zwei Verwarnungspunkte kassiert.

Stroll wird zwar noch als 17er gewertet, aber die Unfallschäden erzwingen eine vorzeitige Aufgabe. Teamkollege Alonso hat bereits vorher die Segel eingezogen. Der Asturier ist vollkommen von der Rolle, weil er kein Vertrauen mehr in seinen Aston Martin hat. Das Team und er sind nur noch ein Schatten des Auftrittes in der ersten Saisonhälfte.

Hamilton wird zum Reifenflüsterer

Bitter die Erkenntnis für Haas, dass die Up-Date-Teile nicht wie gewünscht funktionieren. Nico Hülkenberg kann sich lange auf Rang acht behaupten, aber der übliche Reifenfraß zerstört am Ende erneut sein Rennen. Auch in seinem 200. GP holt er keine Punkte. Die Probleme bleiben die alten. Haas tritt auf der Stelle.

Andere Welten bei Mercedes. Hamilton zeigt einen starken Auftritt mit dem verbesserten Auto. Die Weiterentwicklung geht ganz offensichtlich in die richtige Richtung. Taktisch riskiert die Truppe viel, indem man nach der Rot-Phase auf Mediums setzt, während Verstappen und Leclerc den verbleibenden langen Stint mit Hart bestreiten. Der Einsatz lohnt sich für Hamilton. Bei Russell geht die Rechnung nicht auf, weil er sich die Schlappen hinter Sainz fahrend zerstört. Probleme mit überhitzenden Bremsen und Antrieb verhindern ein besseres Ergebnis.

Das Establishment wackelt nicht

Bekommen die Jäger Aufwind? Nicht wirklich! Die Ferrari-Doppel-Pole kommt förmlich aus dem Nichts. Auf eine einzelne Runde sind die Roten schon während der gesamten Saison immer wieder mal richtig schnell. Doch Verstappen liegt bei seinem 51. Karriere-Sieg am Ende satte 13,8 Sekunden vor Hamilton, Leclerc fehlen als Drittem über 23 Sekunden. Ohne Rot-Unterbrechung wären die Rückstände noch erheblich höher ausgefallen.

Das Establishment wackelt nicht. Schießt Peréz sich nicht selber raus, und patzt Norris nicht im Qualifying, bleiben ganze zwei Top-10-Optionen, um die sich der Rest hinter Red Bull, Mercedes, Ferrari und McLaren streitet. Daran wird sich in dieser Saison nichts mehr ändern!

Beim Grand Prix in Brasilien am kommenden Wochenende kann trotzdem alles auf den Kopf gestellt werden. Denn um diese Jahreszeit sind Wetterkapriolen beim Rennen in Sao Paulo immer möglich. Im Nassen ist das eine Strecke, auf der selbst die Besten immer mal wieder ins Schwimmen geraten.

Bis dahin, bleiben Sie gesund. PEDAL TO THE METAL Ihr Peter Kohl.