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Formel 1: "Er wirkt dauerüberfordert, die Luft wird dünn"

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Formel 1: "Er wirkt dauerüberfordert, die Luft wird dünn"

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“Sein F1-Job wackelt nun bedenklich“

Im Chaos von Zandvoort begeht Mercedes einen verhängnisvollen Fehler. Lewis Hamilton und George Russell klagen - dabei hätten sie ihrem Team selbst in den Arm fallen müssen. Die Formel-1-Kolumne von Peter Kohl.
Nach dem Reifen-Fiasko in Zandvoort beklagte sich Lewis Hamilton über die falsche Entscheidung seines Teams
Nach dem Reifen-Fiasko in Zandvoort beklagte sich Lewis Hamilton über die falsche Entscheidung seines Teams
© SPORT1-Grafik: Imago/ANP
Peter Kohl
Peter Kohl

Hallo liebe Formel-1-Fans,

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wie schon in Spa vor der Sommerpause, brachte der Wettergott am Sonntag in Zandvoort vieles durcheinander - wenn dann auch noch die Besten mal Fehler machen, wird‘s richtig spannend.

Das Rennen ist aufgrund der Wetterkapriolen an der Nordseeküste zu einem echten Thriller geworden. Auf dem Weg zum Start fängt es an zu regnen. Alle sind auf profillosen Slicks unterwegs. Der einsetzende Regen wird immer heftiger. Perez und sechs andere erkennen die Lage, biegen Ende der ersten Runde in die Boxengasse ab, um Intermediates abzuholen. Eine goldrichtige Entscheidung! Alle die draußen geblieben sind, bezahlen dafür.

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Auch Dominator Verstappen, der seine Führung nach Start von der Pole an den ungeliebten Teamkollegen Perez abgeben muss. Mercedes verwachst mal so richtig. Hamilton kommt nach drei Runden rein, Russell erst nach vier. Da ist der Kas schon gebissen, bevor es richtig losgeht. Eine fatale Fehleinschätzung der Wetterdaten seitens des Teams und der Fahrer!

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Das Gezeter nach dem Rennen ist groß. Toto Wolff ergeht sich in Selbstgeißelung. Die Fahrer jammern das Blaue vom Himmel herunter.

Dabei hätten sowohl Hamilton, mit der Erfahrung eines Rekord-Weltmeisters, als auch Russell, selber erkennen müssen, dass bei der Heftigkeit des Regens ein Fahren auf Slicks selbstzerstörerisches Gefahren-Potenzial beinhaltet.

Die Fahrer sind keine Strategie-Marionetten der Boxencrew, sie sollten die Entscheidung treffen, ob Reifenwechsel oder nicht, denn sie spüren die Verhältnisse im Auto direkt. Was den Menschen vom Simulationscomputer unterscheidet.

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Verpasste Chance für Hülkenberg

Nico Hülkenberg hat nach dem Rennen die Größe, das sofort zuzugeben und die Schuld bei sich zu suchen. Auch er ist viel zu lange draußen geblieben.

Wenigstens kann er sich am Ende noch über einen ordentlichen zwölften Platz freuen. Der Ärger über eine verpasste Chance ist aber auch ehrlich. Denn wenn andere patzen, musst Du mit einem unterlegenen Auto alles richtig machen, um davon zu profitieren. Diese Chancen sind rar genug gesät.

Die offizielle Bekanntgabe seiner Vertragsverlängerung direkt nach seinem 36. Geburtstag ist ein Trostpflaster. Was auch für Teamkollege Kevin Magnussen gilt.

Haas setzt damit auf Erfahrung und Konstanz. Bittere Erkenntnis für das amerikanische Team in Zandvoort: Trotz neuer Bremsbelüftungen und eines neuen Frontflügels ist man eher schlechter als besser geworden. Denn auch im Qualifying geht auf dem Dünenkurs plötzlich gar nichts mehr.

Wie aberwitzig dieses Rennen in einigen Zügen ist, zeigen die Achterbahnfahrten von Hamilton und Magnussen. Der Däne, gestartet aus der Boxengasse, liegt zeitweise auf Rang sechs.

Hamilton ist gar Drittletzter nach seinem zweiten Boxenstopp, rackert sich bis auf Platz sechs nach vorne und hätte beinahe in der letzten Runde noch Carlos Sainz aufgeschnupft.

Vogelwild auch das Rennen von Sergio Perez. Nach goldrichtiger Taktik zu Beginn wird er durch einen Undercut bei abtrocknender Rennstrecke von Teamkollege Verstappen erwischt und von der Spitze verdrängt. Gut, Verstappen wäre so oder so schneller gewesen.

Trotzdem - auf diese Art vom eigenen Team unterlaufen zu werden, ist psychologisch eine Ohrfeige. Denn normalerweise hat der von den beiden Fahrern in einem Team führende das Recht auf den ersten Call zum Boxenstopp. Nicht in der Red-Bull-Hierarchie, wie man sieht.

Unvorsichtigkeit straft Perez

Wie der Mexikaner durch den Rest des Rennens stolpert, belegt, dass er nicht das Format zum Champion hat. Trotz seiner enormen Erfahrung unterschätzt er die Stärke des erneut einsetzenden heftigen Regens, katapultiert sich von der Strecke und beschädigt dabei seinen Heckflügel.

Auf dem Weg zum Boxenstopp touchiert er in der Boxengassen-Einfahrt die Begrenzung mit dem Frontflügel. Dazu kommt eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen Speeding.

Er muss Guanyu Zhou dankbar sein. Der Chinese, zweitweise auf Rang zwei fahrend, sorgt mit seinem heftigen Einschlag für einen Rennabbruch. Während der fast einstündigen Standzeit in der Boxengasse vor dem Restart kann der Bolide von Perez von vorne bis hintern überarbeitet und repariert werden. Ansonsten wäre ein vierter Platz, den er am Ende einfährt, undenkbar gewesen.

Dr. Helmut Marko ist in seiner Konsequenz und Härte, was das Heben und Senken des Daumens bei Fahrern angeht, berüchtigt. Perez hat zwar einen Vertrag für 2024. Dass Verträge bei Red Bull aber über den Wert des Papiers manchmal nicht hinausgehen, haben wir schön häufiger erlebt.

Sargeant bislang kein American Dream

Ganz dünn wird die Luft für Logan Sargeant. Der Amerikaner sollte The American Dream in der Formel 1 werden. Angesichts von drei Grand Prix in dieser Saison in den Vereinigten Staaten ein nicht unwichtiger Marketing-Aspekt.

Aber Sargeant floppt bislang gewaltig. Vom Speed her ist der Williams aktuell auf Augenhöhe mit Ferrari und Alpine. In Zandvoort schafft Sargeant tatsächlich im Qualifying erstmals den Sprung in die Top10, um im dritten Teil der Qualifikation sein Auto so richtig zu schrotten.

Im Rennen fällt der US-Boy in den ersten drei Runden von 10 auf 18 zurück, wirkt in seiner Arbeit am Lenkrad dauerüberfordert. Sein späterer Abflug und Einschlag sind da schon konsequent. Kostspielige Ausrutscher, das Budget leidet!

Williams-Teamchef James Vowles hat Sargeant schon vor dem Rennen in einer Pressekonferenz angezählt und bessere Leistungen eingefordert. Der Druck ist durch Zandvoort noch deutlich größer geworden. Gegen Alex Albon, wahrlich kein Überflieger, ist er teamintern chancenlos. 0:13 lautet das Qualifiying-Duell, 2:11 das in den Rennen. 0:3 in den bisherigen Sprints. Eigenwerbung sieht anders aus!

Alonso zeigt den Jungen, wo der Hammer hängt

Fernando Alonso ist das genaue Gegenteil. Der F1-Opa zeigt den Jungen, wo der Hammer hängt.

Mit dem neuen Unterboden am Aston Martin legt er einen Traumstart in Champion-Manier hin, kassiert mit einem überragenden Manöver zwei Konkurrenten in der ersten Runde - auf einer Linie, die kein anderer fährt!

Der Altmeister lobt sein Auto in Zandvoort über alle Maßen. Ein wichtiger Schritt für Aston Martin auch in Richtung 2024, der Hoffnung macht.

Unter enormem Druck Leistung abzurufen macht Eindruck. Das gilt definitiv für Pierre Gasly. In der bisherigen Saison ist er hinter den Erwartungen geblieben. Da täuscht auch der dritte Platz im Sprint von Spa nicht hinweg. Aber seit Spa fliegen bei Alpine die Fetzen.

Nahezu das gesamte Führungspersonal wurde am Grand-Prix-Wochenende in Belgien gefeuert. Bei den Franzosen geht es hinter den Kulissen drunter und drüber. Ausgerechnet in einer solchen Situation bei schwierigsten Bedingungen aufs Podium zu fahren, ist höchst respektabel. Chapeau!

Wetterkapriolen sorgen in der Formel 1 immer wieder für überaus spannende Rennen. Für Monza am kommenden Wochenende würde ich mir deshalb wünschen, dass Petrus in Cocktail-Laune die Bedingungen farbenfroh mixt.

Bis dahin, bleiben Sie gesund!

Pedal to the Metal, Ihr Peter Kohl.