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Formel 1: Spielberg wird zur Farce! Es muss reiner Tisch gemacht werden - Kohl-Kolumne

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Formel 1: Spielberg wird zur Farce! Es muss reiner Tisch gemacht werden - Kohl-Kolumne

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Es muss reiner Tisch gemacht werden

Nach dem Großen Preis von Österreich redet fast niemand mehr über das Sportliche. Die Farce um 1200 mögliche Tracklimits-Verstöße überschattet alles. Dabei hatte Spielberg auch auf der Strecke einiges zu bieten. Formel-1-Kolumne von Peter Kohl.
SPORT1-Experte Peter Kohl ordnet die Geschehnisse in Spielberg ein
SPORT1-Experte Peter Kohl ordnet die Geschehnisse in Spielberg ein
© SPORT1-Grafik: Imago/SPORT1
Peter Kohl
Peter Kohl

Hallo liebe F1-Fans,

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wenn nach einem Rennen in erster Linie Nebenschauplätze die Schlagzeilen beherrschen, liegt definitiv was im Argen. Rund 1200 Untersuchungen wegen möglicher Vergehen gegen die Streckenlimits in einem Lauf über 71 Runden mit 20 Fahrzeugen sind eine Farce!

Keine Rennleitung der Welt ist in der Lage, das schnell und korrekt abzuarbeiten, während das Rennen läuft. Die Überforderung der Handelnden vor Ort ist für alle klar ersichtlich, nachdem Nico Hülkenberg lange nach seinem Ausscheiden per Monitoreinblendung für ein Tracklimit-Vergehen verwarnt wird.

Das Thema Track Limits war beim Großen Preis von Österreich 2023 präsenter denn je. Während die Fahrer von den vielen Strafen genervt sind, ist SPORT1-Experte Christian Danner da anderer Meinung.
04:12
Formel 1: Zoff um Track Limits - Christian Danner sieht Schuld bei Fahrern

Spätestens nach dem Einreichen des Protestes gegen die Rennwertung seitens Aston Martins war klar, dass reiner Tisch gemacht werden muss - um Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

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Um 21.45 Uhr steht dann das offizielle Resultat fest. Allein daran erkennt man, wie lange die Nachuntersuchung möglicher und tatsächlicher Vergehen gedauert hat! 83 Verstöße laut FIA-Urteil wurden im Nachgang festgehalten, gegen acht Fahrer wurden zwölf zusätzliche Strafen verhängt. Am Ende bleibt der Eindruck von Chaos hängen. Just zu dem Zeitpunkt, an dem verkündet wurde, dass Spielberg bis 2030 im Rennkalender der Formel 1 bleiben wird.

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Dann her mit den Kiesbetten!

Die Problematik mit den Streckenlimits ist am Red-Bull-Ring wahrlich keine neue. Das Strecken-Layout bringt es mit sich, dass man Volldampf bergab in die Kurven neun und zehn reingeht, um möglichst viel Schwung für die Bergauf-Passage auf der Zielgeraden mitzunehmen.

Hohe Sausage-Kerbs sind keine Lösung. Hatte man in der Vergangenheit, mit dem Ergebnis, dass es in allen Rennserien viel Kleinholz gab mit zerschossenen Frontpartien, Unterböden und Aufhängungen. Gerade in den Nachwuchsrennklassen muss es möglich sein, dass Fahrer Fehler begehen, ohne dass gleich die halbe Karre danach in der Mülltonne landet.

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Rennfahrer werden immer das Limit ausloten, das ist ihre DNA. Freiwillig langsamer fahren, um von den Kerbs wegzubleiben, klingt rational und würde das Budget schonen. Aber das macht halt keiner.

Dann her mit Kiesbetten. Da fährt keiner freiwillig rein. Denn dann wäre das Rennen mit hoher Wahrscheinlichkeit frühzeitig beendet oder der Zeitverlust beim Durchpflügen so groß, dass eh nichts mehr zu gewinnen ist. Geht nicht, wegen der Motorrad-Rennserien, heißt es. Dabei gibt es Kiesbetten bei MotoGP-Veranstaltungen. Nur haben will sie keiner so wirklich.

Formel 1? Wie im Kindergarten

Genauso wenig, wie das gegenseitige Anschwärzen. Das permanente Gejaule und Gejammere der Fahrer über Boxenfunk, wer gerade mal wieder was auf der Strecke falsch gemacht haben soll, ist erbärmlich. Manchmal kommt man sich vor wie im Kindergarten, wenn einer dem anderen beim Spielen im Sandkasten wieder den Bagger weggenommen hat und das Geplärre losgeht.

Wie das Fordern von Gelben Karten für den Gegner im Fußball. Ich hasse das. Lasst die Schiedsrichter ihre Arbeit machen! Und macht ihr die eure.

Eins ist klar. Für die Streckenlimitproblematik am Red Bull Ring muss eine Lösung gefunden werden. Noch einmal so ein Chaos wie in diesem Jahr kann sich die Formel 1 ohne großen Image-Schaden nicht leisten. Eine Slapstick-Show reicht. Es war kein Blockbuster, von dem man gerne eine Fortsetzung sehen möchte!

Ferrari auf dem Weg der Besserung

Dabei war das Racing richtig unterhaltsam – und damit zum Kern und Wesentlichen. Die Wetter-Variablen des Samstags haben einen überaus spannenden Sprint erzeugt. Regenschauer vor dem Start und eine abtrocknende Strecke während des Rennens haben richtig Pfeffer reingebracht. Da hatte selbst Nico Hülkenberg in seinem Reifen-Fresser-Haas eine Chance, sein Können bis zum Schluss zu zeigen. Der F1-Comebacker wurde für seinen bärenstarken Auftritt mit Platz sechs und drei WM-Punkten belohnt. Unterschiedliche Reifenstrategien und viele gute Manöver auf der Piste haben für ein Highlight gesorgt. Mercedes und Ferrari-Kutscher Leclerc hatten weniger Spaß, weil sie chancenlos waren und komplett untergingen.

Dass Ferrari auf dem Wege der Besserung ist, hat der Sonntag gezeigt. Die Startplätze zwei und drei sind die bislang beste Qualifying-Ausbeute des Jahres für die Roten. Im Rennen selbst war vor allem Carlos Sainz in der Lage, Akzente zu setzen. Herrlich und mitreißend sein rundenlanges Duell mit Sergio Perez in der Schlussphase. Das war allerbestes Racing, das wirklich mitreißt.

Spielberg war ein Rückschlag für Mercedes

Mercedes dagegen ist in der Steiermark überhaupt nicht zurechtgekommen. Barcelona und Montreal ließen hoffen, dass die Umbauten am W14 in die richtige Richtung führen. Ob Österreich aufgrund der Strecke ein Ausnahme-Rückschlag war oder doch bemitleidenswerte Tendenz für die nächsten Rennen, werden wir schon in wenigen Tagen in Silverstone sehen. Dass auch Kundenteam Aston Martin unter dem Radar lief und blass blieb, zeigt, dass der Mercedes-Antrieb derzeit schwächelt. Den Sternen und den Grünen fehlte einfach die Pace um im Kampf um Podestplätze eingreifen zu können.

Sehr erfreulich war der Auftritt von Lando Norris. Sein komplett überarbeiteter McLaren hat ihm endlich die Chance geboten, auf einer seiner Lieblingsstrecken ernsthaft um fette Punkte zu fighten. Die Papaya-Orange war diesmal kein faulendes Fallobst. Ob Momentaufnahme oder ernstzunehmende Weiterentwicklung wird ebenfalls in Silverstone zu sehen sein.

Verstappen ist der Eddy Merckx der Formel 1

Red Bull näher gekommen ist jedoch niemand! Im Gegenteil. Die Rückstände und Zeitverluste pro Runde gegenüber dem Lauf in Montreal sind eher wieder angewachsen. Wie überlegen das Auto wirklich ist, zeigt, mit welcher Leichtigkeit Sergio Perez von Startplatz 15 auf Platz drei nach vorne fahren konnte. Trotz Magen-Darm-Beschwerden und Fieber direkt vor dem Grand Prix.

Der Risiko-Stopp von Verstappen ganz zum Schluss, um mit angefahrenen Softs noch den Extrapunkt für die Schnellste Rennrunde zu holen, mutet angesichts seines Riesenvorsprungs in der Fahrerwertung für manchen Beobachter wie ein Arroganz-Anfall an. Aber Selbstvertrauen und Überlegenheit auf der Piste sind bei Verstappen momentan grenzenlos, so dass für ihn alles möglich scheint und auch ist.

Er vermittelt den Eindruck eines Eddy Merckx, der Kannibale genannt wurde, weil die Rad-Legende nichts liegen ließ, nichts verschenkte, auf dem Asphalt unersättlich war. Der Niederländer zeigt der Konkurrenz und seinem Teamkollegen Pérez, der zu diesem Zeitpunkt die Schnellste Runde hingelegt hatte, dass er mit allen spielt.

Man kann diese Dominanz langweilig finden. Mich beeindruckt, mit welcher Nonchalance und Sicherheit Verstappen durch die Grand-Prix Wochenenden gleitet. Egal, wie die Bedingungen auf der Strecke sind oder wie hart er attackiert wird, wenn ihm wirklich mal jemand nahekommt – er beherrscht die Situationen zu 100 Prozent. Er ist der Grandseigneur der 2020iger Jahre in der Königsklasse. Ein Björndalen hat die Biathlonszene über Jahre nach Belieben beherrscht. Ein Hirscher den Alpinen Skisport in den technischen Disziplinen. Eine Lindsey Vonn im Speedbereich auf Schnee. Haben wir das langweilig gefunden?

Es sind die Ausnahmekönner, die den Sport prägen, Maßstäbe setzen und verschieben. Wie einst Michael Schumacher, der aus Deutschland ein Formel-1-Land gemacht hat, für Rekordeinschaltquoten und für einen Motorsport-Boom nie geahnten Ausmaßes hierzulande sorgte. Es wäre fair, einem Hamilton - und jetzt Max Verstappen - für ihre Leistungen die verdiente Anerkennung zukommen zu lassen.

Die nächste Chance dazu bietet sich bereits am kommenden Wochenende. Silverstone, Home of Formular 1. Stätte des ersten Formel-1-WM-Grand-Prix aller Zeiten. Rasante, schnelle, flüssige Kurven auf einem ehemaligen Luftwaffen-Stützpunkt. Ein Mekka des Motorsports! Ich freue mich schon riesig auf dieses Rennen.

Bis dahin, bleiben Sie gesund!

PEDAL TO THE METAL – Ihr Peter Kohl