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Bayer Leverkusen: Das Verlieren einfach verlernt

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Bayer Leverkusen: Das Verlieren einfach verlernt

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Das Verlieren einfach verlernt

Bayer Leverkusen hat das Verlieren verlernt - ein geniales Erfolgsrezept. Selbst eine rauschende Meisterparty wirft die Werkself nicht aus der Bahn.
Bayer 04 Leverkusen bleibt auch im 44. Spiel in Folge ungeschlagen und zieht durch das 1:1 bei West Ham United ins Halbfinale der Europa League ein.
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Beinahe wäre sie gerissen, Leverkusens wahnsinnige Serie an ungeschlagenen Partien. Aber eben nur beinahe. Im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League dominierte West Ham United (1:1), derzeit auf Rang acht der Premier League, den frisch gebackenen deutschen Meister erst nach Belieben und führte zur Pause folgerichtig mit 1:0. Ganz anders die Werkself, die gar nicht in den eigentlichen Rhythmus fand, ungewohnt fehlerbehaftet agierte und zu keinen Zeitpunkt ein Bein auf den Boden bekam.

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Ob all die Kaltgetränke, die am Sonntag auf der rauschenden Meisterparty geflossen sind, dabei zumindest noch eine untergeordnete Rolle gespielt haben? „Überhaupt nicht“, antwortete Jonathan Tah lächelnd auf eine entsprechende Frage. Wohlwissend, dass Leverkusen nicht Leverkusen wäre, wenn es nicht auch eine der schwächsten Hälften der Saison ohne Weiteres abschütteln würde. Und so kam, was im Prinzip kommen musste: Das Team von Xabi Alonso wendete den Europapokal-Kater erfolgreich ab - natürlich durch ein längst bekanntes Muster.

Denn Bayer durfte sich zum wiederholten Male auf seine Last-Minute-Qualitäten verlassen. Wird die Spielzeit ohnehin schon von zahlreichen Superlativen begleitet, sind es besonders die auffallend vielen späten Tore, durch die Spiele noch kurz vor Schluss entschieden wurden. Diesmal erzielt von Jeremie Frimpong, der Leverkusen wie bereits im vergangenen Jahr endgültig ins Halbfinale schoss. „Am Ende hatten wir wieder mehr Kraft und konnten zuschlagen“, sagte Tah nach der nächsten bestandenen Geduldsprobe.

„Diese Mannschaft ist außergewöhnlich“

Tatsächlich sieht es gerade mehr denn je danach aus, als hätten die seit 44 Pflichtspielen ungeschlagenen Leverkusener das Verlieren einfach verlernt. Nie zuvor gab es in den europäischen Top-5-Ligen eine solche Serie. Bayer überflügelte damit die zwölf Jahre alte Bestmarke von Juventus Turin, die von Mai 2011 bis Mai 2012 wettbewerbsübergreifend in 43 Partien nacheinander unbesiegt blieben. Die letzte Niederlage der Werkself datiert noch aus der Vorsaison, da unterlagen sie am 34. Spieltag mit 0:3 in Bochum.

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Eine derart lange Serie sei äußerst ungewöhnlich, betonte Sportdirektor Simon Rolfes im Nachhinein. Doch vor allem in schwierigen Situationen wie gegen West Ham nie aufzugeben oder auch nur ansatzweise nervös zu werden, zeichnet das Team eben aus. „Das ist eine herausragende Leistung der Truppe. Im Laufe einer Saison gibt es immer wieder Spiele, auf den einiges auf der Kippe steht. Es ist ein ganz besonderer Spirit, eine besondere Widerstandsfähigkeit. Was die Struktur, Qualität und Mentalität angeht, ist diese Mannschaft außergewöhnlich“, sagte der 42-Jährige voller Zufriedenheit.

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Weil die Rheinländer immer einen Weg finden, drohende Niederlagen spätestens in den Schlussminuten abzuwenden, etablierte die Online-Plattform „433″, der alleine auf Instagram mehr als 72 Millionen Menschen folgen, schon vor ein paar Wochen das dazu passende Wortspiel „Bayer Neverlusen“. Es sei kein Spielglück, sondern der bloße Glauben an die eigenen Stärken. Nach der jüngst gefeierten Meisterparty und dem geglückten Ausflug ins Olympiastadion von 2012 scherzte ein User nur noch: „Selbst angetrunkene Leverkusener können kein Spiel verlieren, das ist verrückt.“

Und sogar Granit Xhaka, laut eigener Aussage niemand, der solchen Statistiken eine großartige Beachtung schenkt, meinte am späten Donnerstag: „Heute dürfen wir darüber sprechen. Wir können wirklich stolz auf uns sein - wir als Mannschaft, das Trainerteam und die Fans. 44 ungeschlagene Spiele ist eine unglaubliche Zahl.“ Die Unbesiegbarkeit bis zum Saisonende fortzusetzen, sei jetzt ein spezieller Anreiz: „Es wäre etwas Besonderes, das zu schaffen. Wenn man so nah dran ist, das zu erreichen, werden wir es versuchen. Wir wollen es schaffen.“

Trainer Alonso als Star des Teams

Derweil sitzt der wohl bedeutsamste Schlüssel für diesen irren Lauf wie so häufig auf der Trainerbank: Xabi Alonso - dessen Abend in London praktisch ein Spiegelbild der gesamten Saison war. „Rückspiele in Europa sind immer hart. Und das Beste an der ersten Halbzeit war das Ergebnis“, stellte Alonso mit Blick auf die ersten 45 Minuten und West Hams wuchtiger Dominanz fest. Läuft es mal nicht von Beginn an rund, analysiert der Spanier immer schnell und zieht die richtigen Schlüsse. Auch am Donnerstag war das wieder einmal der Fall.

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Zur zweiten Hälfte wechselte Alonso Victor Boniface für Patrik Schick und Frimpong für Nathan Tella ein. Dazu zog er Alejandro Grimaldo auf der linken Schiene weiter nach vorne. Und sofort änderte sich das Bild auf dem Rasen. „Dadurch, dass Jerry und Grimaldo höher standen, haben wir mehr Raum im Mittelfeld geschaffen und dort auch das Spiel besser entwickelt. Da hatten wir vorher gefühlt keinen Balkontakt“, erklärte Rolfes die gelungene Korrektur seines Trainers.

Während die Engländer ihrem extrem hohen Tempo aus dem ersten Durchgang zunehmend Tribut zollen mussten, fand Leverkusen immer mehr zum eigenen Stil - also einer gesunden Mischung aus schneller und sicherer Ballzirkulation sowie der nötigen Spielkontrolle. Abermals sorgte Alonsos sanfte Autorität und taktische Cleverness dafür, dass seine Mannschaft wie selbstverständlich die nötige Geduld aufbrachte. Alles scheint locker von der Hand zu gehen und einfach zu passieren. Nun soll der erste Meistertitel der Vereinsgeschichte, den Leverkusen bereits in die Tasche hat, der Anfang einer historischen Saison sein.

„Wir wollen mehr“, bekräftigte Xhaka noch einmal. Habe man in London doch erneut gezeigt, dass das Team diesen Hunger habe, jeden besiegen oder wenigstens ein Remis anknüpfen zu können. Im Halbfinale wartet mit der AS Rom jetzt eine altbekannte Mannschaft. Bereits im letzten Jahr trafen die beiden Teams im Halbfinale der Europa League aufeinander, die Italiener setzten sich nach zwei umkämpften Partien in der Endabrechnung mit 1:0 durch.