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Bayer Leverkusen: Das besondere Wechselspiel zwischen Kovar und Hradecky

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Bayer Leverkusen: Das besondere Wechselspiel zwischen Kovar und Hradecky

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Bayers Nummer 1b

Auf dem Papier ist Matej Kovar in Leverkusens Tor nur die Nummer 2 und doch kann der Tscheche gleich zwei Titel als Stammkraft gewinnen. Eine durchaus kuriose Situation bei Bayer - die Lukas Hradecky nicht unbedingt stört.
Matej Kovar (l.) und Lukas Hradecky (r.) teilen sich die Spielzeit im Leverkusener Tor
Matej Kovar (l.) und Lukas Hradecky (r.) teilen sich die Spielzeit im Leverkusener Tor
© Imago
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Nur wenige Sekunden standen im überraschend einseitigen Hinspiel (0:2) noch auf der Uhr, da hätte Matej Kovar das ganze Ding unfreiwillig fast noch einmal richtig scharf gemacht. Der Leverkusener Torhüter verschätzte sich praktisch mit Ablauf der Nachspielzeit bei einer Flanke und tauchte unter der Kugel hindurch. Sein Glück war jedoch, dass Roms erst spät eingewechselter Stürmer Tammy Abraham im Anschluss aus drei Metern über den leeren Kasten hinweg köpfte.

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Keine Frage, wäre dieser Ball drin gewesen, würde bei der AS Roma das Zutrauen in das kleine Wunder jetzt ein anderes sein. Doch der als Pokal-Keeper eingesetzte Tscheche hatte das Glück des Tüchtigen, so müssten im Rückspiel schon recht verrückte Dinge passieren, damit Bayer den Einzug ins Finale der Europa League noch verpasst. Stattdessen soll nach dem erreichten Endspiel im nationalen Wettbewerb nun international nachgezogen werden - mit Kovars Hilfe, der neben dieser kleinen Unsicherheit vorherige Woche wenig zu tun hatte.

Mehr eine Nummer 1b als eine Nummer 2

Für Kovar wäre es das zweite Highlight seiner jungen Karriere. Und das Gute ist: In Leverkusen braucht sich niemand Sorgen zu machen, ob sein Selbstvertrauen wegen der vergangenen Woche gelitten haben könnte, denn die Coolness liegt in seiner Natur. Patzer scheinen ihn trotz seines Alters nicht im Geringsten zu stören, derart selbstbewusst tritt er auf. Treibt er mit seiner lässigen Art und waghalsigen Dribblings im eigenen Sechzehner zwar hin und wieder den Puls der Fans in die Höhe, erweckt er ansonsten einen rundum starken Eindruck.

Bei Bayer 04 Leverkusen teilen sich Lukas Hradecky und Matej Kovar den Job zwischen den Pfosten.
Lukas Hradeky und Matej Kovar teilen sich Torwart-Job

Über die gesamte Saison hinweg wurde Trainer Xabi Alonso auch nie müde zu betonen, dass er Kovar gar auf Augenhöhe mit Lukas Hradecky sieht. Der 23-Jährige sei längst keine klassische Nummer 2 mehr, sondern vielmehr eine 1b - und damit anders als die Stellvertreter in den Vorjahren ein echter Herausforderer für den erfahrenen Finnen. Andernfalls hätte Bayer für Kovar im vergangenen Sommer garantiert auch keine 3,5 Millionen Euro auf den Tisch gelegt - eine Investition in die Zukunft und in die Gegenwart.

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Kovar soll Hradeckys Nachfolger werden

Zumal der 1,96 Meter große Tscheche nicht erst seit diesem Jahr andeutet, was er drauf hat. Als Kovar in der vergangenen Saison von Manchester United in seine Heimat zu Sparta Prag ausgeliehen war, hinterließ er dort bereits einen starken Eindruck und gewann auf Anhieb den tschechischen Meistertitel. In 23 Spielen blieb er achtmal ohne Gegentreffer und wehrte fast 96 Prozent der Schüsse auf sein Gehäuse ab - eine hervorragende Zahl, die höher als bei jedem anderen Torhüter in Europa war.

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„Ich würde mich als eher ruhigen Keeper beschreiben, der gut am Ball ist. Auf der Linie bin ich auch nicht schlecht. Und ich mag es, meinen Strafraum zu beherrschen und Flanken abzufangen“, beschrieb Kovar einst seine Fähigkeiten, die er nun in Leverkusen öfter zeigen darf, als es viele zum Zeitpunkt seines Wechsels vermutet hatten. Neben zehn Einsätzen in der Europa League und vier Spielen im DFB-Pokal durfte er auch schon einmal in der Bundesliga auflaufen - beim torlosen Remis zu Jahresbeginn gegen Gladbach.

Vollends zufrieden ist Kovar dennoch nicht. Der Tscheche gilt nun mal über kurz oder lang als designierter Nachfolger von Lukas Hradecky, der sich mit 34 Jahren im Spätherbst seiner Karriere befindet. Es sei der notwendige Ehrgeiz eines Sportlers, so schnell wie möglich immer noch ein bisschen mehr zu wollen. „Wenn ich sagen würde, dass ich mit dieser Position zufrieden bin, würde etwas nicht stimmen. Jeder Spieler will spielen, ich natürlich auch“, sagte er zuletzt bei sport.cz.

Kovar: „Ich merke, der Verein zählt auf mich“

Auf der anderen Seite sei Kovar froh, dass ihn Alonso zumindest in den Pokalspielen ranlässt und er sich dadurch für höhere Aufgaben empfehlen kann: „Hätte mir jemand vor der Saison gesagt, dass ich etwa 15 Spiele für Leverkusen, gerade eine der besten Mannschaften Europas, bestreiten würde, hätte ich das angenommen. Ich merke, der Verein zählt auf mich.“ Die bloße Tatsache, dass der junge Keeper in gleich zwei Wettbewerben das Bayer-Gehäuse hüten darf, beweise das.

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„In den letzten sechs Jahren gab es in Leverkusen keinen Torhüter, der - abgesehen von Lukas - so viele Spiele gemacht hat wie ich. Ich denke, die Vision, die man mir vorgestellt hat, wird wahr“, betonte Kovar selbstbewusst. Für so manchen Außenstehenden ist und bleibt die Konstellation jedoch gewöhnungsbedürftig, haben Pokal-Torhüter in dieser Form doch keine große Tradition in Deutschland. Schon gar nicht, wenn es nicht allein um die reine Nummer 1, sondern auch einen Kapitän sowie Führungsspieler geht und Titel in sehr greifbarer Nähe sind.

Man führe sich nur vor Augen, der FC Bayern München hätte im Halbfinale der Champions League bei Real Madrid, dieser eminent wichtigen Begegnung, auf Manuel Neuer im Tor verzichtet. Dafür rückt dann ohne Not ein jüngerer Herausforderer wie der gerade an den VfB Stuttgart verliehene Alexander Nübel zwischen die Pfosten - sicherlich ein undenkbares Szenario. Unter Alonso, der vor der Saison wie selbstverständlich das Motto „Leistungsexplosion durch ständigen Wettbewerb“ ausgerufen hatte, ist das anders.

Hradecky gönnt seinem Herausforderer die Einsätze

Offenbar mit einem doppelt positiven Effekt: Kovar kann behutsam, aber auch mit einem gewiss nicht zu unterschätzenden Leistungsdruck aufgebaut werden. Und Hradecky, der in der Vergangenheit ein ums andere Mal durch Slapstick-Aktionen aufgefallen war, hat sich durch den Konkurrenzkampf im Training selbst im hohen Alter nochmal deutlich gesteigert, ist jetzt ein wichtiger Bestandteil der gigantischen Erfolgsserie. Schlechte Laune hat der Finne dementsprechend nicht - ganz im Gegenteil.

„Ich gönne ihm alles, er ist ein super Typ. Matej hat sich die Endspiele verdient. Er hat auch einen Teil zum Erfolg beigetragen“, sagte Hradecky vorherige Woche im ZDF-Sportstudio, als er zu der Rollenverteilung unter den Torhütern befragt wurde und stellte ausdrücklich klar, dass sie den Leverkusenern nur gemeinsam zum Triple verhelfen wollen: „Hoffentlich werden wir es in zwei Endspiele schaffen, dann hätten wir eine ganz große englische Woche am Ende mit Dublin und Berlin.“

Was bei dieser Unterstützung der besonderen Art naturgemäß hilft: Der in der Slowakei geborene Hradecky und der junge Tscheche Kovar treiben sich nicht nur gegenseitig zu Höchstleistungen, sondern verstehen sich auch menschlich sehr gut. Bilden der Häuptling und sein designierter Kronprinz so eine eingeschworene Einheit, darf sich Bayer über ein derart überzeugendes Torwartduo freuen wie sie es seit vielen Jahren nicht mehr hatten.