Die Verpflichtung von Harry Kane ist die bisher teuerste Kurskorrektur in der Geschichte des FC Bayern. Über 100 Millionen Euro zahlte der deutsche Rekordmeister nicht nur, um einen Superstar zu holen. Sondern auch, um einen Fehler aus der Vergangenheit zu beheben.
Droht Bayern nächste Kurskorrektur?
Einen Fehler, der sich nun womöglich wiederholen könnte. Diesmal nicht in der Sturmspitze, sondern in der Mittelfeldzentrale.
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Mit Kane holte der FCB den Nachfolger von Robert Lewandowski bekanntlich erst mit einem Jahr Verspätung. Zuvor hatte man sich an der Säbener Straße lange eingeredet, dass man auch ohne einen klassischen Stoßstürmer erfolgreich sein könne.
Die Realität sah über weite Teile der Saison anders aus.
Bayern verzichtet wohl auf die „Holding Six“
Ähnlich geht man in München im aktuellen Transfersommer auch mit der Frage nach der Sechs um, es ist nach den erfreulichen Nachrichten um Manuel Neuer und der so gut wie feststehenden Verpflichtung von Torhüter Daniel Peretz die größte verbliebene Baustelle im Bayern-Kader.
Wie die Sport Bild berichtet, werden die Münchner auf die Verpflichtung eines weiteren Mittelfeldspielers verzichten. Eine Entwicklung, die sich bereits andeutete. Trainer Thomas Tuchel, größter Fürsprecher einer weiteren Millionen-Investition, hatte sich in der Causa zuletzt deutlich zurückhaltender geäußert.
Aber wäre ein Verzicht anders als bei Lewandowski damals die richtige Entscheidung? Die Debatte um das Zentrum der Münchner schwelt seit Monaten, und das nicht nur in den Medien. Nach Informationen von SPORT1 gab es unter anderem Gedankenspiele um Aurelien Tchouameni (Real Madrid) und Édson Alvarez (mittlerweile bei West Ham United)
Tuchel hatte sich mehrfach eine „Holding Six“ gewünscht, einen defensiv denkenden Sechser. Dem vorhandenen Personal sprach er zeitgleich die Fähigkeit ab, das von ihm erhoffte Spielerprofil ausfüllen zu können.
Hoeneß sieht die Sache diesmal anders
Zumindest hier findet sich schon ein klarer Unterschied zum Stürmerproblem von vor einem Jahr. Der damalige Trainer Julian Nagelsmann, der mit Lewandowski allerdings auch nicht immer auf einer Wellenlänge war, hatte die vakante Position meist eher als Chance beschrieben. „Wir haben die Möglichkeit, einen FC Bayern zu bauen ohne einen Stürmer, der verlässlich 40 Tore schießt“, sagte er damals. Tuchel will auch „Lösungen finden“, hätte aber halt lieber einen weiteren Star.
Ein weiterer Unterschied, und das ist beim FC Bayern ein elementarer: Uli Hoeneß. Dieser hatte das Fehlen eines klassischen Neuners im vergangenen Jahr als klares Problem ausgemacht („Eines ist ganz sicher, dass ich glaube, dass uns schon ein Neuner fehlt“). Die öffentlich vor allem von Tuchel vorangetriebene Sechser-Debatte lässt ihn dagegen kalt, da in seinen Augen mit Konrad Laimer bereits ein passender Mann gefunden wurde.
„Die Diskussion um die Sechs stellt sich mir gar nicht, weil ich glaube, dass Laimer ein Transfer ist, an dem wir sehr, sehr, sehr viel Spaß haben werden“, meinte der Bayern-Macher schon zu Beginn der Vorbereitung. Tatsächlich spielte Laimer eine gute Vorbereitung, beim Bundesliga-Auftakt musste er aber für Leon Goretzka aus der Startelf weichen.
Effenberg setzt auf bewährtes Duo
Und Goretzka lieferte eine gute Partie ab, empfahl sich für weitere Einsätze an der Seite des gesetzten Joshua Kimmich. „Wenn ich einen Kimmich habe, einen Laimer und Goretzka, dann wird doch einer die Holding Six spielen können“, sagte SPORT1-Experte Stefan Effenberg zuletzt im STAHLWERK Doppelpass.
Er sehe „das Problem nicht“. Gerade mit einem wieder erstarkten Goretzka und einem stabilen Joshua Kimmich sei Bayern gut aufgestellt: „Klar, die müssen sich strecken. Die haben nicht mehr die Leistung gebracht im letzten halben Jahr, aber die können das.“
Und genau das dürfte nach der Fehlentscheidung in der Neuner-Frage der entscheidende Unterschied sein. Im Vorjahr gab der Kader mit Eric Maxim Choupo-Moting nur eine echte Alternative her. Der Kameruner spielte erst stark, konnte die Lewandowski-Lücke wegen diverser Verletzungsrückschläge letztlich aber nicht schließen.
Auf der Sechs haben die Bayern - die in der aktuellen Transferperiode zudem bereits rund 150 Millionen Euro ausgegeben haben - aktuell durchaus Spieler im Kader, die ihre Klasse auf höchstem Niveau schon nachgewiesen haben.
Ob Bayern mit dem Verzicht auf einen zusätzlichen Mittelfeldspieler richtig liegt, wird man in den nächsten Monaten sehen. Falls nicht, droht im kommenden Sommer erneut eine teure Kurskorrektur.