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Als das Spiel FC St. Pauli gegen FC Schalke 04 wegen eines Bierbecher-Wurfs abgebrochen wurde

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Als das Spiel FC St. Pauli gegen FC Schalke 04 wegen eines Bierbecher-Wurfs abgebrochen wurde

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Der Bierbecher-Skandal von St. Pauli

Im Jahr 2011 musste das Spiel des FC St. Pauli gegen den FC Schalke 04 abgebrochen werden, da ein Fan den Linienrichter Thorsten Schiffner mit einem Bierbecher niedergestreckt hatte. SPORT1 erinnert sich.
1. April 2011: Spielabbruch auf St. Pauli aufgrund von Becher-Würfen wütende Pauli-Fans. Die Partie wird vorzeitig beendet und die Hamburger steigen ab.
Udo Muras
Udo Muras

Der Bierbecher-Eklat von St. Pauli ist der wohl schlechteste Aprilscherz aller Zeiten.

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Am 1. April 2011 treffen Schlusslicht FC St. Pauli und Schalke 04 an einem Freitagabend aufeinander. Er verläuft schlecht für die Gastgeber, die nach 66 Minuten durch Tore von Raul und Julian Draxler 0:2 zurückliegen, anschließend zwei Spieler durch Platzverweise verlieren.

Halbvoller Bierbecher landet im Nacken von Thorsten Schiffner

So ist auch das Spiel längst verloren, als der Eklat passiert. In der 89. Minute landet ein halbvoller Bierbecher im Nacken des Linienrichters Thorsten Schiffner, der an der ballentfernten Seite steht und nichts getan hat, was den Unmut der Zuschauer hätte steigern können.

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Er sackt kurz zusammen, kommt dann aufs Feld gelaufen um den Vorfall zu melden. Schiedsrichter Deniz Aytekin erkundigt sich nach seinem Befinden und bricht eine Minute später ab.

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Die Partie wird vom DFB so gewertet, wie sie wohl auch ausgegangen wäre – 0:2. Denn zufällig entspricht das Urteil dem Präzedenzfall von 1976 (Kaiserslautern – Fortuna Düsseldorf), als ebenfalls Wurfgeschosse zu einem Abbruch führten, auch wenn am Betzenberg keiner getroffen wurde. Auf St. Pauli schon. Da es keine Wiederholung gibt, gehen Torschützen, Einsätze und Karten in die offiziellen Statistiken ein. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Angeklagter bestreitet Tat - und wird freigesprochen

Man ermittelt einen 46-jährigen Täter, der sich durch seine spontane Flucht aus dem Stadion nach dem Wurf verdächtig macht und vor Gericht kein einziges Wort sagt. Am 30. November 2011 wird er zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt leidet Schiffner nach eigenen Angaben immer noch unter Nackenbeschwerden.

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Der Angeklagte bestreitet die Tat und geht in Berufung. In zweiter Instanz wird er aus Mangel an Beweisen im Juni 2014 (!) vom Hamburger Landgericht frei gesprochen, die Zeugenaussagen widersprechen sich zu sehr. „Erinnerungslücken wurden hier teilweise mit Vermutungen aufgefüllt“, argumentieren die Verteidiger.

St. Pauli verliert an Ansehen

Den FC St. Pauli als in puncto Sicherheit versagender Ausrichter ereilt seine Strafe schon etwas eher. Zunächst lautet das Urteil: ein Geisterspiel am Millerntor. Doch der Protest des Kiezklubs hat Erfolg, er darf seine bis dato letzte Bundesligasaison 2010/11 im eigenen Stadion ausklingen lassen.

Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner (re.) bekam einen Bierbecher an den Kopf
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Aber in die 2. Liga starten sie mit einem „Heimspiel“ in Lübeck. Weil das neue, nun anerkannte Urteil des Sportgerichts ihnen zur Auflage macht, ein Heimspiel in einer Entfernung von mindestens 50 Kilometer von Hamburg auszutragen.

All das trifft den Verein alles weniger als der Imageschade anrichtet. „Plötzlich Krawall statt Kult am Millerntor“, schreibt der kicker, weil es nicht nur die Tat eines Einzelnen ist. „Es hat zwar nur ein Zuschauer getroffen, aber nicht nur einer geworfen“, steht im Fachblatt, gestützt von TV-Aufnahmen und den Aussagen Aytekins: „Bereits in der ersten Hälfte wurden meine Assistenten beworfen.“

Aytekin erhält Geleitschutz

Nach dem Abbruch geht der Hagel weiter, die Unparteiischen brauchen Regenschirme an einem keineswegs regnerischen Frühlingsabend in Hamburg. Pauli-Keeper Benedikt Pliquett betätigt sich als Security-Mann und gibt Aytekins Team beim Gang in die Kabinen Geleitschutz. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

Nicht nur Schalke-Trainer Ralf Rangnick ist seit jenem Freitagabend um eine Illusion ärmer: „Besonders schade, dass das ausgerechnet hier passiert. Am Millerntor herrscht eine Atmosphäre wie in keinem anderen Stadion.“

In der Regel von Humor, Toleranz und Respekt für den Gegner geprägt. Darauf plädiert Sportchef Helmut Schulte auch damals noch: „Wir haben eine Kultur geschaffen am Millerntor, die wird auch durch diesen Bierbecherwerfer nicht beendet werden.“ Damit immerhin sollte er Recht behalten.