In einem Sport, in dem nur Siege zählen, verneigte sich der Größte der Gegenwart zuletzt tief vor dem ewigsten Zweiten der Geschichte.
Der ewigste Zweite der Geschichte
© Getty Images
Stirling Moss sei "eine lebende Legende, ein großartiger Botschafter für den Sport und für Großbritannien", erklärte der voraussichtlich bald sechsmalige Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton vor Wochenfrist in Monza.
Sir Stirling Craufurd Moss, der am Dienstag 90 Jahre alt wird, gilt vielen als der beste Fahrer der Königsklasse, der nie Weltmeister wurde. Viermal war Moss WM-Zweiter, dreimal Dritter. Auf 16 Grand-Prix-Erfolge kann der Brite zurückblicken, damit hat er mehr Rennen gewonnen als 17 der bislang 33 Weltmeister.
Die Umstände seines Scheiterns waren teils dramatisch, sein Umgang damit sympathisch. 1958 musste der Sohn eines motorsportverrückten Zahnarztes den Titel um einen mickrigen Punkt seinem Landsmann Mike Hawthorn überlassen - weil für ihn der Sportsgeist stets über dem Gewinnen stand.
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Konkurrenten nur bis zur Zielflagge
Als Hawthorn nach Platz zwei beim Großen Preis von Portugal disqualifiziert wurde, legte Rennsieger Moss bei den Stewards ein gutes Wort für den Kontrahenten ein. "Ich würde das jederzeit wieder tun, weil es fair war", erklärte Moss, der allerdings nicht nur beim Sammeln von Sympathien erfolgreich war: An 529 Rennen in verschiedensten Klassen nahm er teil, stolze 212-mal ging der Sieg an ihn.
Auch wenn das Rennfahren zu Moss' Glanzzeiten ungleich gefährlicher und deutlich weniger ertragreich war als heute, wollte der Gentleman nie mit der modernen Generation tauschen. "Wir hatten einfach viel mehr Spaß", sagte Moss einmal: "Wenn die Rennflagge fiel, waren wir knallhart und kämpften gegeneinander. Ansonsten waren wir Freunde. Wir haben es fürs Amüsement gemacht."
Moss spielte in James-Bond-Film mit
Moss gehörte zu den schillerndsten Figuren der Branche. 1967 spielte er sogar in einem James-Bond-Film mit, er war - wie sollte es anders sein - in dem Streifen bei einer Auto-Verfolgungsjagd dabei. Auch dass er nach seinem Sieg bei der Mille Miglia 1955 in Streckenrekordzeit von 10:07:48 Stunden anschließend seine Freundin Sally Weston ohne Schlaf nach Köln chauffierte, trug nicht unwesentlich zur Legendenbildung bei.
Der dreimal verheiratete Moss suchte und fand wie viele seiner Zeitgenossen das Risiko. Und er hatte das Glück, seine Leidenschaft nicht mit dem Leben bezahlen zu müssen. Im Mai 1963 endete seine Rennfahrer-Karriere auf der verlassenen Rennstrecke von Goodwood. Moss steuerte im Regen einen Lotus. Nach 30 Minuten stieg er langsam aus und schüttelte den Kopf. "Ich reagiere nicht mehr schnell genug", sagte er mit traurigem Gesichtsausdruck.
Schwerer Unfall beendet Formel-1-Karriere
Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor war er auf derselben Rundstrecke schwer verunglückt. Fast jeder Knochen seiner rechten Körperseite war gebrochen, zudem erlitt er einen schweren Gehirnschaden. 38 Tage lang war Moss teilweise oder komplett bewusstlos. Er kam durch, fuhr aber nie mehr in der Formel 1.
Auch wenn Stirling Moss bis ins hohe Alter nicht von schnellen Autos lassen konnte, ist er der jüngeren Generation vor allem als humorvoller älterer Gentleman bekannt, der "mit seinem Spazierstock herumläuft und sich einfach draufsetzt, wenn er mit dir ein Schwätzchen hält", so Hamilton.
Im Fahrerlager sieht man Moss mittlerweile nicht mehr. Im Dezember 2016 erlitt er eine schwere Brustinfektion, im Januar 2018 erklärte der Sir seinen Rückzug aus der Öffentlichkeit.