Nicht einmal ein Jahr ist es her, als der damalige WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel bei seinem Heim-Rennen in Hockenheim am 22. Juli 2018 einem weiteren souveränen Sieg entgegenfuhr.
Vettel demoliert Legendenstatus
Vettel hatte zu diesem Zeitpunkt das beste Auto und befand sich in absoluter Topform. Vieles deutete daraufhin, dass er tatsächlich in die Fußstapfen seines Idols Michael Schumacher treten und Ferrari zum WM-Titel führen würde.
Es wäre der letzte Schritt gewesen, um seinen Status als einer der größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten zu zementieren. (Service: Rennkalender 2019)
Vettel verschenkt erst Sieg, dann Titel
Doch es kam anders: Vettel rutschte in Hockenheim souverän in Führung liegend ins Kiesbett und verschenkte damit einen sicheren Sieg. Ferraris Vorsprung wurde nach der Sommerpause immer kleiner und am Ende jubelte Lewis Hamilton über seinen fünften WM-Titel.
Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve stichelte bei Sky Italia: "Er (Vettel, Anm. d. Red.) könnte ein Buch über diese Saison schreiben: 'Wie verliere ich einen WM-Titel.'
Für Vettel war Hockenheim der Beginn eines Seuchenjahres: Innerhalb von nur zwölf Monaten leistete er sich acht folgenschwere Patzer. Acht Fehler in nur 21 Rennen - nicht wenige Fahrer hätten bei dieser Quote wohl bereits kein Cockpit mehr.
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Vettel kracht Verstappen ins Heck
In Silverstone krachte Vettel beim Kampf um Platz drei nun Red-Bull-Pilot Max Verstappen ins Heck. Der Ferrari-Pilot erklärte, dass er kurz eine Lücke gesehen hatte - wäre es Vettels erstes Duell mit dem Niederländer gewesen, hätte man seinen Versuch womöglich nachvollziehen können.
So war aber wohl jedem außer Vettel klar, dass Verstappen diese Lücke umgehend und rigoros schließen würde.
In diesem Jahr ist dieses Risiko zu verschmerzen, da der WM-Kampf für ihn sowieso gelaufen ist. In der vergangenen Saison kosteten Vettel jedoch unter anderem solche Manöver den Titel. (Service: F1-Fahrerwertung)
Vettel entschuldigte sich nach der Kollision fair und nahm den Crash auf seine Kappe - dennoch rätselt man sogar bei der Scuderia, was mit Vettel los ist. "Sebastian hat einen Fehler gemacht, er weiß das. Es tut mir sehr leid für ihn, ich muss mit ihm reden", sagte Teamchef Mattia Binotto.
Der Italo-Schweizer fuhr fort: "Sebastian ist ein Vollprofi, der sich sehr gut einschätzen kann - auch seine Fehler. Wir müssen es schaffen, ihm ein Auto zu geben, mit dem er sich voll einbringen kann. Er weiß am besten, dass es wichtig ist, solche Fehler nicht zu machen."
Bereits am Tag zuvor hatte Binotto seinen Star-Piloten nach Platz sechs im Qualifying kritisiert: "Ich bin mir sehr sicher, er hätte heute besser abschneiden können. Da müssen wir uns jetzt einige Dinge anschauen."
Nummer-1-Status bei Ferrari in Gefahr
Andernfalls ist nicht nur sein Nummer-1-Status bei Ferrari, an dem der hochtalentierte Charles Leclerc sowieso bereits kräftig sägt, in Gefahr - auch sein Legendenstatus bekommt durch die zahlreichen Patzer in den vergangenen zwölf Monaten den einen oder anderen Kratzer.
So war es lange Zeit eine große Debatte, ob Hamilton oder doch Vettel der beste Fahrer der aktuellen Generation ist. Hamilton sagte dazu einmal: "Ich kenne natürlich die Antwort, aber es liegt an euch und der Öffentlichkeit, darüber zu urteilen."
Inzwischen kennen die Antwort wohl alle - denn der Brite bricht nicht nur zahlreiche Rekorde, sondern steuert auch auf seinem sechsten WM-Titel entgegen. Damit befindet er sich auf dem besten Wege, nach dem Karriereende in einem Atemzug mit Schumacher und Ayrton Senna genannt zu werden.
Vettel ist davon aktuell so weit entfernt wie nie zuvor. Sollte er das Duell mit Leclerc verlieren, steht sogar seine Zukunft bei Ferrari auf dem Spiel. Beim nächsten Rennen in Hockenheim schließt sich der Kreis - für Vettel bleibt nur die Hoffnung, dass das Seuchenjahr damit endlich hinter ihm liegt.