Ex-Formel-1-Weltmeister Damon Hill hat mit seiner Äußerung, dass ein Rückzug von Mercedes und Ferrari aus der Formel 1 ein Gewinn für die Königsklasse wäre, für Aufsehen gesorgt.
F1 ohne Ferrari und Mercedes? Das steckt dahinter
© SPORT1-Grafik: Getty Images/Paul Hänel
Der Brite warf den beiden Topteams vor, dass sie nötige Regeländerungen verhindern würden und somit "den Sport ruinieren". Auf Twitter lieferte sich Hill danach sogar ein verbales Scharmützel mit den Silberpfeilen.
Doch was steckt hinter den Aussagen des Weltmeisters von 1996 und könnte die Formel 1 tatsächlich ohne Mercedes und Ferrari überleben? SPORT1 analysiert.
Mercedes und Ferrari sichern Vormachtstellung
Mit seiner Kritik zielt Hill weniger darauf ab, dass Mercedes und Ferrari gerade die schnellsten Autos haben. Hill nimmt Mercedes und Ferrari übel, dass sie ihm zufolge aktiv dafür sorgen, dass kein anderer Rennstall zu ihnen aufschließen kann.
Demnach würden sich die beiden Topteams sogar absprechen, um über das Reglement ihre sportliche Vormachtstellung zu sichern. Auch wenn sich Mercedes und Ferrari auf der Strecke bekämpfen, sollen sie hinter den Kulissen gemeinsame Sache machen.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff bezeichnet Ferrari sogar gern als "Frenemy" - also ein Rivale, bei dem man darauf angewiesen ist, eine freundliche Beziehung zu ihm zu haben.
Ferrari droht wiederholt mit Ausstieg
Hill wirft Mercedes und Ferrari vor, dass sie nur in der Formel 1 mitfahren wollen, wenn sicher gestellt ist, dass sie stets um den Sieg fahren. Die ständigen Ausstiegsdrohungen der Scuderia, sobald Regel-Änderungen diskutiert werden, stützen seine These.
Zuletzt drohte Ferrari vor dem Saisonstart mit Ausstieg, weil Formel-1-Eigner Libery Media die Motoren deutlich preiswerter und die Aerodynamik weniger komplex machen will.
Bei Mercedes äußerte man sich ähnlich. "So ein Szenario ist durchaus möglich. Wenn wir nicht sehen, wofür die Formel 1 steht, müssen wir uns die Frage stellen: Nicht ob, sondern wo wir Motorsport auf hohem Niveau betreiben wollen", sagte Wolff auf einen möglichen Austritt angesprochen.
Ferrari genießt einige Vorzüge
Besonders Ferrari genießt wegen der langen Formel-1-Treue einige Vorzüge. Dazu gehören Bonuszahlungen aus dem Preisgeldtopf, Mitspracherecht beim Reglement und sogar ein Vetorecht gegen bestimmte Regeln.
Auch Mercedes zählt zu den sechs privilegierten Teams, die bei den Regeln ein Mitspracherecht haben. Mit Force India und Williams sind zudem zwei weitere Rennställe vertreten, die mit Mercedes-Motoren beliefert werden.
Zu verantworten hat dies Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Um den Wert der Königsklasse für Rechteinhaber möglichst hoch zu treiben, benötigte er Garantien der fünf großen Teams bis 2020. Diese bekam er - jedoch nur im Austausch gegen Bonuszahlungen und Mitspracherecht beim Reglement.
Aber auch ohne Mitspracherecht könnten Ferrari und Mercedes mit ihren Rücktrittsdrohungen Druck auf die F1-Bosse ausüben. Die beiden Topteams haben die mit Abstand größte Fanbase und üben weltweit eine große Faszination aus.
Hill wünscht sich mehr Wettbewerb
Hills Wunsch nach mehr Wettbewerb ist dennoch verständlich und es wäre ein Gewinn für die Formel 1, wenn einmal vier oder fünf Teams eine echte Siegchance hätten.
Doch mit dem Aus von Mercedes und Ferrari wäre dies keineswegs garantiert. So würde nach jetzigem Stand dann eben Red Bull Kreise um die Gegner fahren.
Natürlich könnte man versuchen, jährlich die Regeln so anzupassen, bis dies nicht mehr der Fall ist – doch die Formel 1 ist nun mal auch ein Kampf der Hersteller und nicht nur der Fahrer.
"FIA hat die Kontrolle über die Formel 1 verloren"
Mit dem letzten Satz in seinem Tweet spricht Hill das Kernproblem an: "Die FIA hat die Kontrolle über die Formel 1 verloren." Denn die Formel 1 hätte nie zulassen dürfen, dass einige Teams über die Regeln mitentscheiden.
Daher muss Libery Media einen Weg finden, dies zu stoppen, ohne die Aushängeschilder der Serie zu verlieren. Möglich ist dies, da beide Teams wissen, was sie an der populärsten Rennserie Europas haben – und bei Ferrari gehören Ausstiegsdrohungen schon fast zur Tradition.
Bereits in den 80er Jahren kokettierte die Scuderia mit einem Ausstieg und entwickelte sogar einen IndyCar-Rennwagen - doch mehr als Testfahrten wurde auch damals nicht daraus.