Der König von Deutschland ist entthront, auch der erste WM-Titel rückt für Nico Rosberg in immer weitere Ferne: Nach einem kapitalen Fehlstart und einer Fünf-Sekunden-Strafe landete der bis dato letzte Sieger in Hockenheim bei der Deutschland-Rückkehr nach zwei Jahren nur auf dem vierten Platz.
Hamilton siegt - Debakel für Rosberg
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Weltmeister Lewis Hamilton fuhr - auch begünstigt durch die Fehler seines Mercedes-Teamkollegen - ungefährdet zu seinem sechsten Sieg in den letzten sieben Rennen. In der WM setzte sich der dreimalige Champion vor der Sommerpause damit auf 19 Punkte von Rosberg ab.
"Ein harter Tag"
"Es hat nicht viel geklappt, es war ein harter Tag", sagte ein sichtlich geknickter Rosberg bei Sky und gab an, er habe "keine Ahnung", warum der Start daneben ging: "Der Probestart war gut." Nutznießer Hamilton erklärte dagegen zufrieden: "Es war ein toller Start, und danach habe ich keinen einzigen Fehler gemacht. Darüber freue ich mich von Herzen. Im Qualifying lief es nicht gut, aber ich habe das Glas immer als halb voll betrachtet".
Der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel, aufgewachsen im nur 40 km entfernten Heppenheim, verpasste vor gut gefüllten Rängen in Hockenheim seinen ersten Sieg auf dem Traditionskurs noch deutlicher als Rosberg. Lediglich von Platz sechs gestartet, war für den Nürburgring-Sieger von 2013 im erneut nur mäßig laufenden Ferrari nicht mehr drin als Platz fünf.
Ricciardo und Verstappen auf Podium
Neben den beiden Mercedes musste der 29-Jährige einmal mehr den Red Bull den Vortritt lassen: Platz zwei ging an Daniel Ricciardo (Australien) in seinem 100. Grand Prix, der 18-jährige Max Verstappen (Niederlande) holte als Dritter bereits sein viertes Podium der Saison.
Nico Hülkenberg, der wie alle Fahrer auf der Einführungsrunde von den Fans mit einer Choreografie aus schwarz-rot-goldenen Pappen begrüßt wurde, belegte im Force India Rang sieben. Pascal Wehrlein verpasste im unterlegenen Manor als 17. deutlich seine zweite Punkteplatzierung der Saison.
Nach makellosen Vorstellungen im Training und Qualifying verschlief Rosberg den Start komplett, der Pole-Setter musste neben Hamilton auch die beiden Red Bull passieren lassen. Während Hamilton rasch Abstand zu den Verfolgern gewann, brauchte Rosberg trotz zahlreicher Top-Zeiten lange, um zunächst Ricciardo auf der Strecke zu überholen.
Rosberg sauer wegen Strafe
In der 29. Runde passierte der fünfmalige Saisonsieger auch Verstappen, allerdings nach Ansicht der Rennkommissare unter Inkaufnahme einer möglichen Kollision. "Ich hab voll eingeschlagen, ich verstehe das nicht", funkte Rosberg an die Box, während Verstappen wohl zurecht klagte: "Er hat mich von der Strecke gedrängt."
Unter den Augen von Daimler-Boss Dieter Zetsche saß Rosberg in der 45. Runde seine Fünf-Sekunden-Strafe in der Boxengasse ab. Die Red Bull kamen so wieder am 31-Jährigen vorbei, der nun seit vier Rennen ohne Sieg ist.
Der gar seit September 2015 sieglose Vettel haderte erneut mit der Schwäche seines Ferrari, lamentierte über langsame Rivalen mit Rundenrückstand und änderte eigenmächtig die Boxenstrategie - ohne durchschlagenden Erfolg.
Zukunft des Deutschland-GP ungewiss
Ob Rosberg, Vettel und Co. noch allzu oft auf dem Hockenheimring fahren, steht derweil in den Sternen: Nur noch für 2018 besteht ein Vertrag mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, für einen neuen Kontrakt sind die Streckenbetreiber auf viele Zuschauer angewiesen. Die hohen Antrittsgagen machen die Formel 1 nicht nur in Deutschland zum Risikogeschäft.
60.000 Zuschauer hatte Hockenheim für dieses Jahr als Ziel ausgerufen, damit könne ein ausgeglichenes Ergebnis erreicht werden. Am Sonntag waren die Tribünen im weitläufigen Motodrom allerdings ordentlich gefüllt. Bis zum Freitagabend waren 54.000 Tickets für den Rennsonntag verkauft worden, zumindest der enttäuschende Wert von 2014 (52.000) war damit schon erreicht.
Die Zukunft der Königsklasse in Deutschland hängt wohl dennoch am seidenen Faden. Im Vorjahr war bereits der Große Preis von Deutschland am Nürburgring ersatzlos gestrichen worden, weil die Streckenbetreiber finanziell nicht mit dem Formel-1-Management übereinkamen.