Eigentlich sind Heimrennen in der Formel 1 für jedes Team ein Highlight. In Monza treiben zigtausende Ferraristi ihre Scuderia zu Höchstleistungen, bei Rennen in Deutschland gibt sich die halbe Daimler-Belegschaft die Klinke in die Hand.
Red Bull droht die Blamage zu Hause
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Bei Red Bull will sich indes in diesen Tagen keine Vorfreude auf den heimischen Red Bull Ring einstellen. Im Gegenteil: Am liebsten hätte der einstige Formel-1-Primus das Rennwochenende wohl schon jetzt hinter sich.
Mit Rang vier in der Konstrukteurswertung und noch keinem einzigen Podestplatz verliefen die bisherigen sieben Saisonrennen ernüchternd, doch ausgerechnet auf der Strecke, deren Markenzeichen ein 15 Meter hoher stählerner Stier ist, droht nun die größte Blamage.
Red Bull wohl mit Strafversetzung
Denn das Team wird beim Heim-GP bei beiden Autos bereits den jeweils fünften Motor der Saison einsetzen. Die Folge: Strafversetzung um zehn Plätze. Falls Daniel Ricciardo und Daniil Kwjat im Qualifying nicht unter die ersten Zehn kommen, drohen zusätzlich sogar noch Zeitstrafen im Rennen.
Doch warum nimmt der Rennstall die FIA-Strafen ausgerechnet beim Heimrennen in Kauf? Die kuriose Begründung: Der Red Bull Ring liegt Red Bull nicht.
"Unsere Simulation hat ergeben, dass uns der Motor am Red Bull Ring noch mehr Zeit kosten wird als in Montreal. Deshalb ergibt ein taktischer Motorwechsel dort am meisten Sinn", sagte Teamchef Christian Horner.
Ungarn geht vor Heimrennen
Bei Red Bull liegen stattdessen alle Hoffnungen auf dem Rennen in Ungarn. Der Hungaroring ist laut Horner "vielleicht unsere stärkste Strecke im ganzen Jahr. Dort dürfen wir auf keinen Fall Startplätze herschenken".
Das müssen Ricciardo und Kwjat dafür in Spielberg, wo der schwachbrüstige Renault-Motor den Aggregaten von Mercedes und Ferrari gnadenlos unterlegen ist.
Vor der erwartbaren Ohrfeige auf heimischem Terrain sind die Spannungen zwischen Team und Motorenlieferant entsprechend auf dem Höhepunkt.
Neuer Ärger mit Renault
"Wir wären auch mit einer B-Version des Ferrari immer noch leistungsfähiger als mit der A-Variante von Renault", ätzte Motorsportchef Helmut Marko gegen seinen Lieferanten.
Renaults Sportdirektor Cyril Abiteboul wies dagegen die Schuld am Kleinkrieg unter Partnern von sich: "Sie haben uns unter Druck gesetzt, schneller zu arbeiten, aber das hat eine ohnehin schon schwierige Situation noch verschärft. Wir müssen uns gegenseitig vertrauen und zuhören."
Doch bei Red Bull ist der Geduldsfaden offenbar längst gerissen. Inzwischen ist selbst das klamme Lotus-Team drauf und dran, an den Österreichern vorbeizuziehen.
Konkurrenz scharrt mit den Hufen
"Wir wissen, dass Red Bull riesige Ressourcen zur Verfügung stehen, aber wir werden alles dafür tun, sie einzuholen", blies Lotus' Technischer Direktor Nick Chester kürzlich zum Angriff.
In Salzburger Land schrillten die Alarmglocken: Brause-Mogul Dietrich Mateschitz soll sich mit Helmut Marko am Rande des Kanada-GPs schon über einen Wechsel auf Ferrari-Motoren zur kommenden Saison beraten haben.
Eine drohende letzte Startreihe, auf der Strecke unterlegen, Unruhe hinter den Kulissen - angesichts der größten Flaute in der Formel-1-Geschichte des Getränkekonzerns verlor selbst Dauer-Optimist Ricciardo zuletzt sein Lächeln:"Ich bin ein positiver Typ, kann mich leicht motivieren - aber sogar ich war zuletzt ziemlich am Boden."
"Wir sind an einem schwierigen Punkt angelangt, es macht keinen Spaß mehr", haderte der WM-Dritte des Vorjahres. Es spricht wenig dafür, dass Ricciardo am Sonntag sein Lächeln wieder findet.