Nico Rosberg musste etwas riskieren.
Rosberg verliert Glauben an den Titel
Drei Mal in Folge hatte er vor dem Russland-GP das Mercedes-Duell gegen Lewis Hamilton verloren - und dabei auch noch die WM-Führung an seinen Erzrivalen abgegeben.
Zehn Punkte Rückstand waren es vor der Formel-1-Premiere in Sotschi - 17 sind es danach. Denn Rosberg hatte zu viel riskiert.
Schon kurz nach dem Start schoss er an Pole-Setter Hamilton vorbei, beim Anbremsen vor der zweiten Kurve stieg er aber so heftig in die Eisen, dass er schon wenig später mit einem Bremsplatten die Box ansteuern musste, um sich frische Reifen zu holen.
"Viereckig" gefahren
Die alten habe er sich bei dem Manöver nach eigenen Angaben "viereckig" gefahren (DATENCENTER: Das Rennergebnis).
In dem Moment wusste er schon, dass er im Kampf um den Weltmeister-Titel den nächsten Rückschlag würde hinnehmen müssen.
Auch wenn er mit einer beeindruckenden Aufholjagd den Schaden begrenzen konnte und am Ende Platz zwei sicherte, ging er nach dem Rennen mit sich selbst hart ins Gericht.
"Ich hätte locker die Führung übernehmen können. Es war unnötig. Es war meine Kurve. Mit dem Speed, den ich hatte, ist es noch enttäuschender, weil ich weiß, dass ich hätte gewinnen können", ärgerte er sich bei "RTL" über seinen vorentscheidenden Fauxpas.
Einzige Möglichkeit
Beim Start an Hamilton vorbeizuziehen, war in der Tat die einzige realistische Möglichkeit des 29-Jährigen, die eigene Negativserie zu beenden und den ersten Sieg seit dem Deutschland-Grand-Prix im Juli einzufahren.
So weit liegt also mittlerweile der letzte Erfolg des Deutschen zurück - in wenigen Tagen werden es drei Monate sein.
Seitdem ist aus dem heißen Titelanwärter, der sein großes Ziel mit allen Mitteln zu erreichen sucht, wieder ein Verlierer im knallharten Teamduell geworden. Nach und nach, ganz allmählich, aber doch offensichtlich.
Nicht immer waren seine Niederlagen gegen den britischen Stallgefährten selbst verschuldet. In Singapur beispielsweise ließ ihn die komplette Technik im Stich - vom Lenkrad, über das DRS bis hin zum Motor.
Einzige Möglichkeit
Nach dem Nachtrennen, das Hamilton gewann, hat Rosberg nicht nur seine Führung in der WM-Wertung verloren, sondern - so hat man zumindest das Gefühl - auch den Glauben an sich selbst.
Das war auch in Sotschi zu beobachten, als er nach dem Qualifying und dem Rennen seinem Rivalen artig gratulierte und sich - ganz der Teamplayer - für die Erfolge des Rennstalls freute.
"Eine Hälfte von mir ist wahnsinnig enttäuscht, dass ich es verbockt habe. Die andere ist glücklich, weil es das Team so sehr verdient hat. Für sie ist es der wichtigste Titel des Jahres", kommentierte Rosberg den vorzeitigen Titelgewinn für Mercedes.
Keine Kampfansagen
Auf Kampfansagen für die kommenden drei Rennen, in denen immerhin noch 100 Punkte zu vergeben sind, verzichtete er nach dem Grand Prix am Schwarzen Meer. Hier gibt es Tickets für die Formel 1
Auch im Psycho-Duell mit Hamilton, der Woche für Woche immer mehr an Selbstbewusstsein zulegt, hat der gebürtige Wiesbadener im Moment klar das Nachsehen.
Da liegt er so weit hinten, dass er sich vom Ex-Weltmeister schon Lob anhören muss. "Nico war großartig, als er sich nach seinem Malheur zu Beginn zurückgekämpft hat", bescheinigte ihm Hamilton.
Das muss sich für Rosberg wie blanker Hohn angehört haben.
Viel spricht für Hamilton
Für Hamilton spricht indes nicht nur die derzeitige Form, sondern auch die Geschichte. Bislang ist in der WM-Historie jeder Pilot Weltmeister geworden, der in einem Jahr vier Rennen in Folge gewann. Hamilton gelang dieses Kunststück 2014 mit dem Sieg in Sotschi schon zum zweiten Mal.
Rosberg kann für sich nur in Anspruch nehmen, dass sein Abstand von 17 Zählern immer noch aufholbar ist und beim letzten Rennen in Abu Dhabi die doppelte Punktzahl vergeben wird.
Ihm bleibt derzeit nicht mehr, als sich an diese Hoffnung zu krallen.