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Olympia 2020 in Tokio: Ringer Frank Stäbler spricht über Corona & Rücktritt

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Olympia 2020 in Tokio: Ringer Frank Stäbler spricht über Corona & Rücktritt

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Olympia-Absage? Das sagt Stäbler

Für Frank Stäbler sollte Olympia in Tokio die Krönung seiner erfolgreichen Karriere werden. Bei SPORT1 spricht er über eine mögliche Absage und die Corona-Krise.
Frank Stäbler hat sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert
Frank Stäbler hat sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert
© Getty Images
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Der letzte von vielen Karriere-Höhepunkten liegt für Frank Stäbler noch gar nicht weit zurück. Bei der EM 2020 in Rom gewann der dreimalige Ringer-Weltmeister Mitte Februar Gold in der Gewichtsklasse bis 72 kg.

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Sein Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio hatte sich der 30 Jahre alte Griechisch-Römisch-Spezialist bereits im vergangenen September durch den Gewinn der Bronzemedaille bei der WM in Kasachstan gesichert.

Die Spiele sollten die Krönung seiner erfolgreichen Karriere werden, nachdem er bei seinen ersten beiden Olympiateilnahmen 2012 und 2016 keine Medaille gewonnen hatte. 

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Doch wegen der Corona-Pandemie stehen die Spiele in Tokio mehr als auf der Kippe. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) um Präsident Thomas Bach und die japanischen Ausrichter halten noch am Termin der Sommerspiele fest. Der öffentliche Druck zahlreicher Athleten und Verbände, die auf eine Absage drängen, nimmt aber immer mehr zu.

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Das IOC setzte sich am Sonntag eine vierwöchige Frist zur Entscheidung.

Im SPORT1-Interview spricht Stäbler über seine Sichtweise einer Absage der Olympischen Spiele, sein momentanes Training und die Corona-Krise im allgemeinen. 

SPORT1: Fühlen Sie sich derzeit manchmal wie in einem falschen Film? 

Frank Stäbler: Ja, das trifft es eigentlich ganz gut. Die letzten Tage hat man sich schon mehr darauf eingestellt, aber was die vergangenen sieben Tage abgegangen ist, das ist schon verrückt. Aus einer für mich zu Beginn vermuteten Panikmache wurde plötzlich Ernst und Realität, und hatte Auswirkungen auf die ganze Welt – das ist schon krass.

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SPORT1: Wie erleben Sie die momentane Situation? Fährt bei Ihnen auch schon die Polizei-Streife entlang? 

Stäbler: Ich wohne auf den Feldern, auf einem Bauernhof, und wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich noch verdächtig viele Spaziergänger in kleinen Gruppen bei diesem schönen Wetter. Das ist leider ein getrübter Schein. 

SPORT1: Wie schaffen Sie es überhaupt, noch vernünftig zu trainieren? Trainieren Sie überhaupt noch? 

Stäbler: Ich trainiere Status quo so gut wie ohne Einschränkungen – und bin damit wohl einer der wenigen Athleten in Deutschland, die das so praktizieren können. Durch mein eigenes Trainingszentrum und mit meinem Trainingspartner aus dem Iran, der die Qualität abdeckt und sich außer bei mir ausschließlich bei sich zuhause aufhält, habe ich diese Möglichkeit. Deswegen trainiere ich uneingeschränkt bei mir in meinem Worldcamp und ich gehe auch mental davon aus, dass die Olympischen Spiele – Stand heute – stattfinden werden. 

Frank Stäbler kann in seinem eigenen Trainingszentrum trainieren
Frank Stäbler kann in seinem eigenen Trainingszentrum trainieren

SPORT1: Und das schaffen Sie noch im Kopf auszublenden? 

Stäbler: Schwer, sehr schwer. Da muss man Profi sein, aber ich versuche es. Sobald ich es nicht mehr schaffe, werde ich auch nicht mehr jeden Tag an die 100 Prozent herankommen – also muss ich es. Ich habe meinem Trainer immer gesagt, dass wir uns am Status quo festhalten. Stand heute finden die Olympischen Spiele statt. Ich muss mich vorbereiten, meine Karriere ist auf diese Spiele ausgerichtet und deswegen gehe ich auch davon aus. Aber natürlich ist es ein omnipräsentes Thema und ich habe auch gesagt, dass ich das noch nie so wahrgenommen habe. Dass sich die Dinge, der Status quo, in den wenigen Tagen so schnell verändern, habe ich noch nie erlebt. Wenn mir vor fünf Tagen einer gesagt hätte, dass die Olympischen Spiele abgesagt werden, den hätte ich ausgelacht. Heute ist es mein Empfinden, dass sie abgesagt werden – das ist verrückt. So versuche ich mental an die Sache heranzugehen.  

SPORT1: Mit welcher Entscheidung des IOC rechnen Sie? 

SPORT1: Die Aussagen von Max Hartung fand ich bemerkenswert. Ich selbst habe aber grundsätzlich eine andere Meinung dazu, weil ich in das Einschätzungsvermögen des IOC vertraue. Sie halten es zurück - und das aus bestimmten Gründen. Und solange keine klare Linie gefahren wird, muss ich das auch tun. Und ich gehe davon aus, dass sich Thomas Bach am 27. März, wenn die große IOC-Sitzung stattfindet, öffentlich äußern wird. Ich denke, dass es dann heißen wird, es geht nach rechts oder nach links. Ich möchte den Leuten aber auch die Zeit geben, bis diese Entscheidung getroffen werden kann. Ich habe gerade gesagt, die Zeit ändert sich so schnell - ich gehe zwar davon aus, dass es prozentual unwahrscheinlich ist, aber weiterhin im Bereich des Möglichen, dass es in einer Woche schon wieder ganz anders aussieht. Und wenn man in wenigen Wochen den Status quo für alle Sportler wiederherstellen kann, dann müssen die Olympischen Spiele stattfinden. Wenn sich die Situation in der Woche aber weiter zugespitzt hat – und danach sieht es leider momentan aus – dann werde ich auch eine Verlegung der Spiele akzeptieren. Aber ich würde gerne noch ein paar Tage hoffen und beten. 

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SPORT1: Haben Sie vom DOSB schon Post bekommen, um darüber abzustimmen, ob die Spiele stattfinden sollen? 

Stäbler: Nein, zu meiner Verwunderung habe ich keine Nachricht bekommen. Ich sitze gerade am PC. Ich schaue nochmal meine Mails durch - aber da ist nichts.

SPORT1: Was sagen Ihre Ringer-Kollegen? Haben Sie mit denen Kontakt? 

Stäbler: Ja, die sind natürlich extrem zwiegespalten. Die, von denen schon drei für den griechisch-römischen Bereich qualifiziert sind, haben selbstverständlich einen anderen Blickwinkel als die, die noch in die Qualifikation müssen – und die tun mir wirklich leid. Viele Freunde von mir, die am Quali-Turnier teilnehmen sollten, welches schon vergangene Woche laufen sollte und jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, müssen abnehmen und ihr Gewicht halten. Das ist eine Worst-Case-Situation, weil man nicht weiß, wann das Turnier oder ob das Turnier überhaupt stattfinden wird – und diese Unwissenheit kann einen töten. 

SPORT1: Sie wollten ja eigentlich Ihre Karriere mit dem Olympiasieg krönen. Können Sie sich vorstellen Ihr Karriereende nach hinten zu verschieben, wenn die Spiele abgesagt werden? 

Stäbler: Das ist selbstverständlich auch für mich ein Worst-Case-Szenario. Ich zähle schon die Tage - die viereinhalb Monate - weil mein Körper anfängt, auseinander zu fallen. Aber ich kann die Frage jetzt schon mit einem ganz klaren 'Ja' beantworten. Mein Traum ist Olympia, und wenn das Schicksal möchte, dass ich noch ein Jahr dranhänge, dann hänge ich noch ein Jahr dran. Der olympische Traum lebt, ob 2020 oder 2021, und damit wird alles enden – also würde ich meine Karriere auch dementsprechend verlängern.“ 

SPORT1: Haben Sie die Befürchtung, dass in diesen Zeiten verstärkt gedopt wird, weil niemand mehr gründlich kontrollieren kann? 

Stäbler: Das ist ein Riesen-Problem – für mich das größte, was den Sport-Bereich anbelangt. Ich sage für uns in Deutschland, wo das Kontrollsystem derzeit schon nicht mehr so gut funktionieren kann wie sonst, wie wird es dann erst weltweit sein, gerade wenn ich in den Ostblock schaue?! Da ist zu vermuten, dass diese Situation ausgenutzt wird, gerade wenn man sieht, was dort die letzten Jahre passiert ist, das ist schon krass. Das verschiebt die Machtverhältnisse extrem und ist verrückt. Deswegen kriegt man das entweder in den nächsten ein, zwei Wochen wieder schnellstens in den Griff, oder es macht erstmal keinen Sinn mehr.

SPORT1: Wie geht es Ihnen persönlich? Haben Sie in Ihrem Umfeld Personen, um die Sie sich Sorgen machen? 

Stäbler: Ja, natürlich, deswegen habe ich mir hier auch mein eigenes Quarantäne-Zentrum aufgebaut. Wir leben hier in einem Haus mit vier Generationen. Ich habe eine Oma, die mittlerweile Ur-Oma ist und deswegen auch zur Risikogruppe zählt. Deswegen gibt es seit einer Woche auch keine Umarmungen und Küsschen mehr, alle halten Abstand. Das ist natürlich schwer, weil es die ältere Generation noch schwerer versteht.