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Gesa Krause über die Leichtathletik-WM und den Sturz in London

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Gesa Krause über die Leichtathletik-WM und den Sturz in London

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Krause: Der Sturz hat mich gestärkt

Gesa Felicitas Krause rechnet sich bei SPORT1 Chancen auf einen WM-Coup aus - und erklärt, wie der Sturz in London sie verändert hat.
Die Leichtathletik-WM in Doha startet in Doha. SPORT1 stellt die Athelten vor, die besonders im Fokus stehen.
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Seit Jahren ist Gesa Krause eines der Gesichter in der deutschen Leichtathletik. Die 27-Jährige mischt schon lange in der erweiterten Weltklasse über die 3000 Meter Hindernis mit und wurde im vergangenen Jahr Europameisterin in Berlin. 

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Bei der letzten WM in London stürzte Krause unverschuldet, kämpfte sich vom letzten Platz tapfer ins Ziel - und wurde nach Platz neun gefeiert. Bei den letzten WM-Tests in Berlin und Zürich stellte Krause mit einem deutschen Rekord über 3000 Meter Hindernis und einer Weltbestzeit über die 2000-Meter-Strecke ihre starke Form unter Beweis.

Im SPORT1-Interview spricht sie über ihre starke Form, den Traum von der Neun-Minuten-Schallmauer - und inwiefern ihr der verhängnisvolle Sturz bei der WM 2017 in London im Nachhinein sogar geholfen hat.

SPORT1: Frau Krause, Ihre letzten Rennen waren sehr vielversprechend. Was nehmen Sie aus den Wettkämpfen in Zürich und Berlin mit für die WM?

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Gesa Felicitas Krause: Eine Menge Selbstvertrauen. Manchmal braucht es ein bisschen Zeit, bis der Knoten platzt und ich weiß nach diesen beiden Rennen, dass ich mich nicht verstecken muss. Ich glaube, dass es wichtig ist das nötige Selbstvertrauen zu haben, um in ein so großes Rennen zu gehen, weil man gegen die Weltklasse antritt. Der zweite Aspekt ist Freude. Zürich und Berlin haben mir neben dem Selbstvertrauen auch gezeigt, wie viel Spaß es machen kann diesen Sport zu betreiben. Gerade, wenn es gut läuft. Ich habe sehr lange dafür gearbeitet. Am Ende des Tages ist es wichtig, dass man mit einer gewissen Freude und einem Lächeln am Start steht und sein Bestes gibt. Das sind zwei Dinge, die ich in den Vorlauf und natürlich ins Finale mitnehmen möchte und werde.

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"Ich bin stolz auf meinen Trainer"

SPORT1: In Zürich haben Sie gesagt, dass Sie während des Rennens den Kopf ausgeschaltet hätten. Am Ende ist dann ein klarer deutscher Rekord herausgekommen. Steigert so etwas das Selbstvertrauen, ein solches Tempo mitlaufen zu können?

Krause: Ja. Ich habe das im Vorfeld ja auch schon versucht. Es ist aber natürlich auch ein gewisses Gefühl, das dann einfach passen muss, dass man nicht über seinen Verhältnissen lebt. An dem Tag hat es sich von Anfang an gut angefühlt, obwohl ich etwas schneller unterwegs war, als ich es eigentlich gewohnt bin. Wenn man dann die Ein-Kilometer-Marke passiert hat und noch im Renngefüge drin ist und sieht die Konkurrentinnen um sich herum, dann denkt man nicht an irgendwelche Zeiten, sondern kämpft Frau gegen Frau.

SPORT1: Kann man also sagen, dass der Formaufbau vor einem Großereignis bei Ihnen mal wieder stimmt?

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Krause: Ja, denn ich habe Vertrauen in meinen Trainer (Wolfgang Heinig, d.R.).  Es hat in jedem Jahr geklappt, auch wenn ich im letzten Jahr nicht die besten Zeiten gelaufen bin. Am Ende des Tages war ich aber doch in der Form, um das Rennen für mich entscheiden zu können. Jedes Jahr ist anders. Ich bin stolz darauf, einen Trainer an der Seite zu haben, der es schafft, mich zur richtigen Zeit in die richtige Verfassung zu bringen. Der mir aber auch in den Zeiten zur Seite steht, in denen ich noch nicht so schnell unterwegs bin. Da wird man schnell in die Kategorie 'Die Krause hat dieses Jahr nix drauf' geschoben. Das belastet mich zwar nicht extrem, aber als Athlet geht man eben in jeden Wettkampf, um die Bestzeit zu laufen und zu gewinnen. Ich habe durch ihn gelernt, dass das nicht in jedem Rennen möglich ist. Ich muss aber auch gestehen, dass ich schon einige Jahre dabei bin. 2011 war meine erste WM. Man denkt am Anfang ja gar nicht so weit, aber wenn man das Gesamtpaket überblickt, dann hat er es geschafft mich in jedem Jahr ein Stück weiter nach vorne zu bringen. Das finde ich bemerkenswert, ich bin da sehr dankbar. Wenn man schon einige Jahre dabei ist, dann betrachtet man das aus einem anderen Blickwinkel.

SPORT1: In der Weltrangliste stehen Sie aktuell auf Platz acht. Was bedeutet das für Doha? Ist, je nach Rennverlauf, eine Medaille drin?

Krause: Ich bin jemand, der sagt, dass man immer positiv denken sollte. Niemals nie sagen gehört auch zu meiner Devise. Von den Vorläufen her kann man am Ende des Tages nicht so viel bei einer Weltmeisterschaft im Laufbereich sagen. Im Prinzip werden die Karten dann neu gemischt. Hinter mir sind auch noch zwei Amerikanerinnen, die sehr ambitioniert sind. Die Vize-Weltmeisterin von 2017 steht von der Saisonbestleistung auch noch hinter mir. Also sind hinter mir auch noch drei bis vier Athletinnen, die sicherlich nach vorne drängen und von denen man auch noch nicht weiß, ob sie jetzt schon alles auf den Tisch gelegt haben. Es werden vier Kenianerinnen und vier Amerikanerinnen starten. Die Amerikanerinnen stellen die Weltmeisterin und Kenia die Siegerin der Diamond League. Das erschwert die Situation dementsprechend ein bisschen, aber ich nehme es eben wie es kommt. Es gibt dann die erste Etappe, der Vorlauf, da ist auch schon viel passiert. Da wurde mal jemand disqualifiziert, weil jemand in den Innenraum getreten ist oder jemand ist gestürzt.

"Ich habe eine Außenseiterchance"

SPORT1: Man muss nur an London vor zwei Jahren denken, was da passiert ist.

Krause: Ja. Deshalb gibt es den Wunsch nach Doha zu kommen, den Vorlauf zu meistern und dann alles ins Finale zu setzen. Ich würde sagen, dass ich Chancen habe, auch wenn es eher eine Außenseiterchance ist. Ich denke einfach positiv und werde darum kämpfen. Auf dem Papier zähle ich aber nicht zu den klassischen WM-Kandidaten.

Johannes Fischer berichtet für SPORT1 von der Leichtathletik-WM 2019 in Doha
Johannes Fischer berichtet für SPORT1 von der Leichtathletik-WM 2019 in Doha

SPORT1: Macht die Hitze von Doha Ihnen nichts aus? 

Krause: Ich habe mich in Südafrika vorbereitet. Dort sind es 25 bis 30 Grad, also recht ähnlich. Ich werde mich vor dem Wettkampf auf dem Laufband auflockern. Das kostet dann nicht zu viele Körner. Beim Wettkampf an sich gehe ich davon aus, dass das Stadion vorher ein bisschen klimatisiert wurde. Dementsprechend wird es, auch wenn die Sonne untergegangen ist, nicht allzu schlimm sein.

SPORT1: Waren Sie schon einmal in Doha?

Krause: Ich bin schon einmal dort gelaufen. Damals gab es keine Klimaanlage. Wenn es über Tag über 30 Grad waren und dann abends die Sonne untergegangen ist, hatte man das Gefühl, dass es kühler wird, auch wenn es an sich immer noch heiß war. Wir haben Kühlwesten. Wir werden auch mit Eis oder Wasser arbeiten, dass man sich immer ein bisschen erfrischt fühlt vor dem Start. Dann geht es bei uns ja auch durch den Wassergraben, sodass man dann eine kleine Abkühlung von unten hat. Bei neun Minuten Belastungszeit ist es nicht zu extrem.

Gesa Krause mit Freund Marc Schultz bei der Sportler-des-Jahres-Gala 2018
Gesa Krause mit Freund Marc Schultz bei der Sportler-des-Jahres-Gala 2018

SPORT1: Sie gelten als eine der besten Hindernisläuferinnen. Was denken Sie, wie viel Zeit machen Sie bei einem Hindernis gegenüber der derzeit Weltbesten Beatrice Chepkoech gut?

Krause: Bei Chepkoech kann ich das nicht genau sagen, da ich noch kein Rennen nah bei ihr bestreiten konnte. Ich war noch nicht in ihrem Windschatten und habe gemerkt, wie viel ich da gut mache. Ich merke aber, dass ich bei der ein oder anderen Kenianerin ein oder zwei Schritte weniger machen muss und so dann wieder aufhole. Das erleichtert vielleicht das kleine Laufdefizit, welches ich gegenüber der ein oder anderen Kenianerin noch habe. Man kann die Hürden dann entspannt angehen, wenn man weiß, dass man die kleine Lücke wieder schließen kann. Bei den Amerikanern sieht das etwas anders aus. Die sind technisch sehr gut.

Beatrice Chepkoech ist aktuell das Maß aller Dinge über 3000 m Hindernis
Beatrice Chepkoech ist aktuell das Maß aller Dinge über 3000 m Hindernis

Unter neun Minuten? "Das wäre ein Traum"

SPORT1: Bei der WM London 2017 sind Sie gestürzt und haben viel Applaus bekommen, als Sie sich wieder herangekämpft haben. Dafür haben Sie große Anerkennung erhalten.

Krause: Das hat meinem Ruf nicht geschadet und war für mich eher ein positives Erlebnis. Ich habe gemerkt, wie viele Menschen mir eigentlich den Rücken stärken und wie sehr dieser Sport anerkannt wird, auch wenn man mal nicht eine Medaille geholt hat. Das kann auch oft anders sein. Wenn man keine vordere Platzierung erzielt, bekommt man auch oft Gegenwind. In diesem Fall war das bei mir nicht so. Mir wurde wirklich der Rücken gestärkt. Das war für mich kein langfristiger Rückschlag. Es ist natürlich sehr frustrierend, wenn ein Jahr Arbeit sich am Ende nur mit einem achten oder neunten Platz auszahlt. Das hat ein bisschen an mir genagt, aber das muss man abschütteln. Es gibt viele Wettkämpfe im Jahr. Es gibt in jedem Jahr eine neue Chance bei einem Groß-Event. Ich habe eigentlich eher positiv nach vorne geschaut. Es hat mich, wie gesagt, positiv überrascht, wie viele Menschen mir geschrieben haben und das wahrgenommen haben. Das war besonders.

SPORT1: Es fehlen noch sieben Sekunden bis zur magischen Grenze von neun Minuten. Peilen Sie diese Schallmauer als nächstes an?

Krause: Ich gebe mir sehr große Mühe und das wäre für mich ein Traum, aber ich habe lange gebraucht, um die 9:10 Minuten-Barriere zu knacken. Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr bei einem optimalen Rennen bei der WM noch ein paar Sekunden draufpacken kann. Ich denke das muss man auch, um sich dort gut zu positionieren. Das wird schwer. Das ist mir ganz klar, aber ich mag die Herausforderung und es reizt mich. Es wäre ein Traum, wenn es klappt. Ich werde in den nächsten Jahren dafür kämpfen, um diese Barriere zu unterbieten. Das haben noch nicht viele geschafft und das wäre was ganz Großes.

SPORT1: Eine schnelle Zeit dürfte auch bei der WM vonnöten sein. Dass es in Doha ein taktisches Rennen wird, ist eigentlich auszuschließen, oder?

Krause: Ich denke, es wird schon taktiert, aber es sind einige dabei, die unter neun Minuten gelaufen sind. Zwei Amerikanerinnen sind dabei, die eine Bestzeit von 9:01 und 9:02 Minuten haben. Es wird auf einem sehr hohen Niveau taktiert. Ich habe weitestgehend den Anschluss, aber es wird für mich eine sehr große Herausforderung. Ich muss an mein Limit gehen und darüber hinaus. Dementsprechend ist es für mich schwer zu taktieren, sondern ich muss versuchen diese Herausforderung bestmöglich zu meistern. Dann schauen wir, was am Ende dabei herauskommt.

"Es ist nicht immer einfach als Favoritin"

SPORT1: Es muss viel passieren, dass Beatrice Chepkoech nicht gewinnt, oder?

Krause: Auch in diesem Sinne würde ich niemals nie sagen. Sie hatte viele Meetings, wo immer ein Pacemaker dabei ist. Sie ist ganz klare Favoritin in diesen Lauf und hat mit Sicherheit das beste Vermögen, wenn man die Zeit betrachtet. Aber es ist nicht immer einfach als Favoritin in ein Rennen zu gehen, weil man dann das Rennen auch selbst mitgestalten muss. Das ist dann schwieriger, wenn man keinen Pacemaker hat. Sie ist die klare Favoritin, aber es ist eben nicht klar, dass die Favoritin am Ende eben auch eine Medaille mit nach Hause bringt. Sie muss schauen, wie sie ihre Taktik auslegt, dass sie ihre Stärken ausspielt. Dann wird sie das schaffen. Wenn sie sich keine großen Gedanken darüber macht, dann denke ich, ist sie auch schlagbar.

SPORT1: Ist der Formaufbau trotz der WM schon auf Olympia 2020 in Tokio ausgerichtet?

Krause: Natürlich, aber ich sehe jede Saison als eigenständige Einheit. Nach den Weltmeisterschaften werde ich zehn Tage Urlaub machen, auch mal wegfahren, einfach mal durchatmen. Aber es geht dann auch relativ schnell weiter. 13 Tage nach meinem Urlaub direkt wieder ins Trainingslager nach Boulder in die USA. Ich bin sehr viel unterwegs und, dass die WM so spät ist, macht es nicht einfacher. Das ist nun einmal der Stand der Dinge im Moment. Ich will im nächsten Sommer eben auch erfolgreich sein und da muss man eben diese kleinen Opfer bringen, wobei ich es nicht als extreme Opfer bezeichnen würde. Ich sehe viel von der Welt und komme viel rum. Ich habe ein tolles Umfeld zu Hause, das mich unterstützt und stärkt. Dementsprechend habe ich immer noch Freude an dem was ich tue und finde es eben auch einen spannenden Weg und freue mich eben auch auf die nächste Herausforderung.