Wenn man sich in den Tagen vor der Leichtathletik-WM in Peking mit Verena Sailer unterhält, lacht sie viel.
Der größte Gegner ist das D-Wort
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Oft fällt das Wort Freude - Vorfreude auf das am Samstag beginnende Großereignis in China, die gegen die Sorgen überwiegt.
Denn Sorgen über die Situation der Leichtathletik sind angesichts der zahlreichen Doping-Enthüllungen in den letzten Wochen und Monaten durchaus angebracht. Ein dunkler Schatten liegt über den Titelkämpfen.
Das Image der Sportart bröckelt erheblich, der Weltverband steht massiv in der Kritik, Diskus-Riese Robert Harting probte den Aufstand.
Sailer beeindruckt von Hartings Anti-Doping-Kampf
Aber Sailer weiß: Es hilft ihr und ihrer Leistung eben nicht, jetzt sportpolitisch zu denken. "Ich freue mich wirklich drauf, will mich jetzt wirklich auf den Wettkampf konzentrieren. Deshalb will ich mich mit diesem Thema nicht so großartig beschäftigen, ich will mich jetzt wirklich auf den Wettkampf konzentrieren", erklärte sie kurz vor dem Abflug nach China bei SPORT1.
Das heißt aber nicht, dass Sailer die aktuelle Lage in der Leichtathletik keine Sorgen bereiten würde. "Es ist ja nicht so, dass ich generell mit verschlossenen Augen durchs Leben laufe", stellt die 29-Jährige klar.
Deshalb ist sie auch Harting sehr dankbar. Der Diskus-Olympiasieger verzichtet auf die WM wegen der Nachwirkungen seines Kreuzbandrisses, muss sich nicht auf einen Wettkampf konzentrieren und nutzt die Zeit für seinen Anti-Doping-Kampf.
Zuletzt veröffentlichte er seine Blutwerte, zuvor hatte er in einem Protestvideo den Weltverband IAAF scharf kritisiert.
"Der Robert, der kämpft echt wie ein Löwe für die Sportart. Das ist absolut vorbildhaft, muss ich sagen. Ich finde, dass schon sehr gut, was er macht und wie er es macht", sagt Sailer.
Sprint-Disziplinen stehen im Fokus
Gerade ihre Disziplin, die 100 Meter, geben Anlass zum Bedenken.
Bei den Männern stehen als Herausforderer von Usain Bolt mit Justin Gatlin, Tyson Gay und Asafa Powell gleich drei überführte Dopingsünder am Start.
Und nicht nur das, sie gehören zu den Medaillenkandidaten. Gatlin läuft die 100 Meter mittlerweile sogar schneller als vor seiner vierjährigen Sperre und hält mit 9,74 Sekunden die Jahresweltbestleistung.
"Das verwundert mich natürlich und macht stutzig. Wie das möglich ist, dazu muss sich jeder selbst seine Gedanken machen", sagte die deutsche Sprinthoffnung Julian Reus kopfschüttelnd bei SPORT1.
Reus visiert Halbfinale an, Sailer das Finale
Reus weiß auch: Diese wiedererstarkte Konkurrenz macht es ihm schwer, es ins Finale der besten Acht zu schaffen. Eine Medaille ist für einen deutschen Sprinter ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit.
Seine Ziele für die WM formuliert er deshalb relativ vorsichtig: "Ziel ist es über 100m und 200m ins Halbfinale zu kommen und Zeiten um meine Saisonbestleistung anzubieten. Mit der Staffel möchten wir ins Finale laufen", gibt er als Marschroute aus. Reus' Saisonbestleistung liegt bei 10,09 Sekunden.
Sailer macht sich zumindest leise Hoffnungen auf eine Finalteilnahme: "Aber das wird ein hartes Stück Arbeit. Wichtig wird einfach generell, dass ich mich beim Wettkampf auf mich konzentriere."
Für die frühere 100-Meter-Europameisterin Sailer läuft es in dieser Saison so gut wie lange nicht mehr. 11,10 Sekunden ist sie in diesem Jahr schon gelaufen.
Auf das enttäuschende Halbfinal-Aus bei der EM im Vorjahr hat sie reagiert und ihr Sportmanagement-Studium wieder fortgesetzt. "Ich habe jetzt wieder den nötigen Ausgleich, der mir vorher gefehlt hat", erklärt sie.