Aries Merritt genoss seinen Triumph ganz still. Mit der US-Fahne um die Schultern schritt der 30-Jährige langsam seine Ehrenrunde ab, winkte nach WM-Bronze über 110 m Hürden ins Publikum (Die Leichtathletik-WM - täglich im LIVETICKER).
Merritt holt Bronze mit kaputter Niere
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Es könnte für den Olympiasieger und Weltrekordler für lange Zeit sein letzter großer Auftritt gewesen sein. Am Dienstag muss sich Merritt einer lebenswichtigen Nierentransplantation unterziehen.
"Ich wollte nicht einfach zu Hause sitzen und auf die Operation warten, sondern ich will einfach mein leben in vollen Zügen genießen", sagte Merritt in Peking: "Wer weiß, vielleicht könnte es meine letzten WM sein, wenn die OP nicht gut verläuft." Hinter dem russischen neuen Weltmeister Sergej Schubenkow, der in 12,98 Sekunden Landesrekord lief, und dem Jamaikaner Hansle Parchment (13,03) kam Merritt im Finale nach 13,04 als Dritter ins Ziel.
Merritt erhält am Dienstag Niere der Schwester
Jetzt fliegt Merritt sofort nach Hause, am Dienstag wird er operiert, seine Schwester spendet die Niere. Kaum zu glauben, aber in Peking startete der Amerikaner mit einem nicht mehr funktionierenden Organ. Auf unter 20 Prozent soll die Leistungsfähigkeit seiner Nieren gesunken sein (Alle Ergebnisse der Leichtathletik-WM im Überblick).
Schon bei der WM in Moskau fühlte er sich schlapp, irgendetwas stimmte nicht im hochtrainierten Körper des damals 28-Jährigen. Er lief trotzdem, wurde Sechster - zwei Monate später fand er sich in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Arizona wieder.
"Als die Ärzte mir gesagt haben, dass ich an Niereninsuffizienz leide, war ich unfassbar traurig. Nicht das machen zu können, was ich am meisten liebe, hat mir das Herz gebrochen", erinnerte er sich: "Ich habe es einfach nicht verstanden, wie mir so etwas nach der sensationellen Saison 2012 passieren konnte." Denn im Olympiajahr hatte er sowohl Gold in London gewonnen als auch den Weltrekord auf die bis heute bestehende Zeit von 12,80 Sekunden gedrückt.
Großes Ziel ist Rio
Doch anstatt auf der Bahn zu trainieren, lag Merritt im Krankenhaus - von Oktober 2013 bis April 2014. An eine Fortsetzung der Karriere war überhaupt nicht zu denken. Zumal weitere Komplikationen hinzukamen. Ein Medikament, dass er gegen eine Virusinfektion bekam, löste eine Zerstörung der roten Blutkörperchen aus - seinen Nieren ging es zwar besser, doch der Rest seines Körpers litt.
Doch Stück für Stück ging es aufwärts, mittlerweile sei er bei "74 Prozent" seiner Leistungsfähigkeit. Und hat bereits das kommende Jahr im Blick. Und vor allem das große Ziel Rio de Janeiro. "Ich bin sehr optimistisch, dass ich zurückkomme und für die Olympischen Spiele trainieren kann. Dass ich hier laufe, zeigt, dass ich ein Kämpfer bin und alles überstehen kann."
Die letzten Jahre, so Merritt, seien sehr hart gewesen. "Doch ich hoffe, ich bin eine Inspiration für Menschen mit schweren Krankheiten: Man darf niemals aufgeben und muss immer seine Träume weiterverfolgen."