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Liga-Boss: Das hebt uns von WWE ab

Ernsthafter, härter und "keine Fabrik für Fertigprodukte": Der Chef des japanischen WWE-Rivalen NJPW erklärt im SPORT1-Interview, was seine Liga ausmacht.
NJPW hat am Wochenende EVIL zum neuen Doppel-Champion gekrönt
NJPW hat am Wochenende EVIL zum neuen Doppel-Champion gekrönt
© NJPW
Bjarne Lassen
Bjarne Lassen
von Marcus Hinselmann

Hulk Hogan bestritt dort große Kämpfe, bevor er zum Megastar bei WWE wurde. Antonio Inoki, der Gründer und langjährige Star der Promotion, stand sogar mit Muhammad Ali im Ring.

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Die 1972 gegründete Liga New Japan Pro Wrestling war Bühne für Wrestling-Idole wie den Great Muta, Big Van Vader, Shinya Hashimoto, Eddie Guerrero, Chris Jericho, Brock Lesnar, AJ Styles und Shinsuke Nakamura, für legendäre Matchserien wie die zwischen Dynamite Kid und Tiger Mask, Chris Benoit und Jushin Thunder Liger, Kenny Omega und Kazuchika Okada.

NJPW ist das weltweit bedeutsamste und erfolgreichste Showkampf-Unternehmen neben WWE, die einzige noch aktive Promotion, die bei ihren großen Shows immer wieder Arenen mit 40.000 Fans und mehr gefüllt hat.

Hulk Hogan traf 1993 bei NJPW auf Japan-Idol The Great Muta
Hulk Hogan traf 1993 bei NJPW auf Japan-Idol The Great Muta

Vor kurzem hat NJPW, das zuletzt auch immer stärker international expandierte, den Betrieb nach monatelanger Corona-Pause wiederaufgenommen, soeben gab es das erste große Showwochenende mit der völlig überraschenden Krönung von EVIL als neuen Champion.

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Im exklusiven SPORT1-Interview spricht Präsident Harold Meij, ein niederländischer Geschäftsmann, der in Japan aufgewachsen ist und früher im Management von Coca Cola aktiv war, über die Philosophie seiner Liga, ob dort demnächst weitere bekannte Namen auftauchen werden und warum NJPW die Krise anders angegangen ist als WWE, wo es soeben einen großen Ausbruch des Covid-19-Virus gab.

SPORT1: Herr Meij, obwohl die Corona-Infektionszahlen in Japan nie so hoch waren wie in Europa oder Nordamerika, hat NJPW monatelang pausiert, während WWE und AEW ohne Unterbrechung weitermachten. Warum?

Meij: Für NJPW ist, trotz der finanziellen Auswirkungen, die durch die Absagen der Shows entstanden sind, die Sicherheit und Gesundheit der Fans und Wrestler das Wichtigste. Die Verantwortung, die wir als ein nationaler und internationaler Branchenführer haben, wiegt schwer auf unseren Schultern. Letztendlich war die Entscheidung, die wir getroffen haben, die einzige, die wir als Teil der Gesellschaft treffen konnten. Ein Geschäft muss als ein Langzeitgebilde betrachtet werden und ich bin der Meinung, dass sich unsere Vorgehensweise, die Sicherheit vor Gewinn stellt, als die richtige herausstellen wird.

Der 1963 geborene Harold Meij ist seit 2018 Präsident von New Japan Pro Wrestling
Der 1963 geborene Harold Meij ist seit 2018 Präsident von New Japan Pro Wrestling

SPORT1: Weit mehr als bei WWE, wo milliardenschwere TV-Verträge im Zentrum des Geschäftsmodells stehen, lebt NJPW in größerem Maß von den Liveshows. Wie hart haben die Absagen die Liga getroffen?

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Meij: Mit mehr als 157 Events weltweit und den stärksten Umsatz- und Gewinnresultaten war 2019 unser erfolgreichstes Jahr aller Zeiten. Unsere globale Präsenz ist explodiert, wir konnten den Madison Square Garden in New York in nur 19 Minuten ausverkaufen, haben unsere ersten Shows in England und Australien abgehalten, konnten im Januar über 70.000 Fans aus aller Welt bei der Doppel-Show im Tokyo Dome begrüßen. Bevor die Corona-Pandemie unser Geschäft stark beeinflusste, waren wir, trotz wachsender internationaler Konkurrenz, auf einem guten Weg den Umsatz und Gewinnrekord dieses Jahr noch einmal zu verbessern.

Kazuchika Okada beim Einzug in den Madison Square Garden
Kazuchika Okada beim Einzug in den Madison Square Garden

SPORT1: Das dürfte sich durch Corona erledigt haben ...

Meij: Die Absage von 56 Events seit März, hatte natürlich einen großen finanziellen Einfluss auf unser Unternehmen - aus dem Konsequenzen gezogen wurden: Unser Mutterkonzern hat den Lohn der Führungsebene um 15 bis 95% gekürzt, um dabei zu helfen, unsere Angestellten in der Krise zu schützen. Proaktives Handeln zum Schutze der Fans, Wrestler und Angestellten war für uns ein wichtiger Pfeiler unseres Handelns. Inzwischen haben wir eine klare und sorgfältige Richtlinie entwickelt, die es uns erlaubt, seit diesem Wochenende wieder Zuschauer willkommen zu heißen. 

SPORT1: Was wird nun aus Ihrer Sicht entscheidend sein, um die Krise, die alle Ligen getroffen hat, hinter sich zu lassen?

Meij: Grundsätzlich ist die größte Herausforderung, Wrestling als Ganzes weltweit im Bewusstsein zu behalten. Wir glauben daran, dass Wrestling vielen Menschen überall auf der Welt Stärke und Motivation gibt, dass es ihnen hilft, Probleme zeitweilig zu vergessen, dass es sie inspiriert, Herausforderungen zu meistern.

Aus geschäftlicher Sicht betrachtet: Die Corona-Pandemie beschleunigt die Änderung unserer Geschäftsstrategie. Hin von einem analogen, auf Japan zugeschnittenen Modell - mit Fokus auf Ticket- und Merchandise-Verkäufe, hin zu einem digitalen und globalen Modell, in dem Streaming, TV-Rechte, Videospiele und andere Dinge eine größere Rolle spielen. Während viele Sportunternehmen bereits mehrheitlich in einen digitalen Bereich gewechselt sind, kommt bei NJPW historisch 85 Prozent des Umsatzes aus dem analogen Bereich. Mittlerweile haben wir viel getan, um den digitalen Bereich von NJPW zu vergrößern. 

SPORT1: Die Fans in den Hallen und die Atmosphäre, die sie kreieren, werden überall schmerzlich vermisst. Wie versuchen Sie die Herausforderung zu meistern, Shows ohne oder mit nur wenig Fans attraktiv zu halten?

Meij: Bei NJPW war schon immer das Wrestling der Eckpfeiler. Die gesamte Wrestling-Erfahrung, die sich nicht ausschließlich auf das Match beschränkt, sondern auch auf die Atmosphäre drumherum, wird immer Kern unserer Philosophie bleiben. Unser Streaming-Portal NJPW World hatte mal den Slogan "Wherever you are, be there". Für mich ist das nicht nur eine leere Catchphrase. Wir probieren weiter neue Technologien, mehrsprachige Kommentare und zusätzliche Inhalte wie Interviews und Dokumentationen aus - und glauben daran, den Fans damit eine Art von Live-Erfahrung bieten zu können und diese teilweise sogar zu übertreffen.

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SPORT1: In Deutschland ist NJPW ein Nischenphänomen, wie das japanische Wrestling allgemein. Ist eine größere Präsenz in Europa eins ihrer kommenden Ziele? 

Meij: In unserem Firmenlogo stehen die Worte "King of Sports" und auch das ist für uns mehr als eine hohle Formel: Wir glauben, dass unsere einzigartige Art, Wrestling zu präsentieren, unser Fokus aufs Sportliche, auf intensive Matches und Geschichten, auf Talente und Stile aus aller Welt ihresgleichen sucht. Unsere Erfahrung in Europa zeigt, dass es auch dort einen größeren Appetit für härteres und ernsthafteres Wrestling gibt.  Wir hoffen, bald auch in Europa, wie bereits in Japan und in den USA eine regelmäßige Präsenz entwickeln zu können.

AJ Styles, Karl Anderson und Luke Gallows als Teil des Bullet Club bei NJPW
AJ Styles, Karl Anderson und Luke Gallows als Teil des Bullet Club bei NJPW

SPORT1:Bei WWE wurde im April als Reaktion auf die Krise eine Reihe von Wrestlern entlassen, darunter bekannte Stars wie Rusev, auch einige mit NJPW-Vergangenheit wie Luke Gallows und Karl Anderson. Wen wird man bei NJPW wiedersehen?

Meij: Die Geschichte von NJPW zeigt, dass die weltbesten Athleten auf der weltbesten Bühne auftreten möchten. Für Performer, die die Wrestling-Erfahrung vorantreiben können, für die wir stehen, ist unsere Tür immer weit offen. 

SPORT1: Bei NJPW ist auch manch ein Wrestler aufgeblüht, der bei WWE weniger erfolgreich war, wie etwa KENTA (Hideo Otami) oder Juice Robinson, der sich als CJ Parker dort nicht hatte durchsetzen können. Woran liegt das?

Meij: Wir glauben daran, dass NJPW eine Bühne für freie Entfaltung ist und keine Fabrik für Fertigprodukte. Wir geben Wrestlern den Raum und die Freiheit, ihre eigene Persönlichkeit und ihren eigenen Stil zu entwickeln. Sie werden nicht in vorgefertigte Formen gepresst. Die zwei von Ihnen genannten Namen sind nur zwei Beispiele dafür, wie phänomenale Talente in einem NJPW-Ring ihre Stimme finden konnten. 

SPORT1: Haben Sie denn auch europäische oder gar deutsche Talente auf dem Radar?

Meij: Ich hoffe, dass Sie verstehen, dass es mir nicht möglich ist, hier Namen zu nennen. Doch dadurch, dass unsere Promotion weltweit bekannter wird, steigt auch der Bedarf an internationalen Talenten. Ich hoffe, dass solche Talente die Vorzüge unserer Promotion erkennen. Dass sie ihr maximales Potenzial erreichen, wenn sie Teil der NJPW-Familie werden.