Der Megastar ist geschlagen. Nicht zum ersten Mal - aber jetzt einmal zu viel?
McGregor verliert seine Relevanz
Conor McGregor, der Mann, der in den vergangenen Jahren zur größten Gelddruckmaschine des Kampfsports avanciert war, hat in der Nacht zum Sonntag einen Zweitrunden-K.o. gegen Dustin Poirier kassiert.
Es war die dritte Niederlage für den Iren in seinen vergangenen sechs Kämpfen bei der UFC. Eine Bilanz, die sich mittlerweile recht gewöhnlich liest für einen Sportler, der außergewöhnlich sein will. Und es ja durchaus war.
Drei Kämpfe, aber mittlerweile über vier Jahre ist es her, dass "The Notorious One" am Gipfel stand, nach dem Sieg über Eddie Alvarez als erster UFC-Kämpfer überhaupt in zwei Gewichtsklassen gleichzeitig auf dem Thron saß.
Skandal-Fight gegen Khabib
McGregor war an einem Punkt, an dem ihm sein Ruhm im Octagon nicht mehr genug war, an dem er expandierte, mit seinem Mega-Fight gegen Box-Legende Floyd Mayweather den größten Zahltag auf die Beine stellte, den je ein MMA-Kämpfer erleben durfte.
Mittlerweile jedoch stellt sich mehr und mehr Beobachtern die Frage: Hat genau dieser Zahltag ihn zu satt gemacht, um noch die Ausnahmeerscheinung zu sein, die er mal war?
Seit seinem Box-Gastspiel 2017 ist McGregor bei der UFC zu einer flüchtigen Erscheinung geworden, bestritt nur noch drei Kämpfe, siegte nur noch einmal.
Die Niederlage gegen Poirier wiegt nun schwerer als die gegen Khabib Nurmagomedov im Skandal-Fight 2018. Der ungeschlagen abgetretene Khabib ist ein Titan seines Sports, der womöglich beste MMA-Fighter seiner Generation.
Poirier allerdings? Ein höchst respektabler Fighter, ja. Aber er verlor schon sechs seiner 34 Kämpfe - unter anderem gegen den aufstrebenden McGregor 2014 - und war als klarer Außenseiter in das Duell gegangen. Seine Aussage, dass er diesmal "gegen einen anderen Mann gekämpft" hätte, "einen aus Fleisch und Blut, so wie ich auch", brachte den allgemeinen Eindruck auf den Punkt.
Hat McGregor Leistungszenit überschritten?
Im Vergleich zu seinen früheren Spektakeln ließ McGregor das Tempo, das Timing und die Nehmerqualitäten von einst vermissen.
Er beeilte sich hinterher zu versichern, dass es nur daran lag, dass er sich nach mehr als einem Jahr Kampfpause erst wieder finden müsse - die drängende Frage allerdings ist, ob das als Erklärung ausreicht. Oder ob die perfekt geölte Selbstvermarktungsmaschine McGregor inmitten aller Protz-Auftritte, Skandale und Rücktritts-Sperenzchen nicht doch einen Teil seiner besten Jahre dahingegeben hat. Und dabei seinen Leistungszenit überschritten.
Im MMA-Bereich kann die Entwicklung vom Aushängeschild zum Auslaufmodell bisweilen ganz schnell gehen, der Absturz von Ronda Rousey ist das beste Beispiel. Nach zwei krachenden Niederlagen gegen Holly Holm und Amanda Nunes war die vormalige Dominatorin gebrochen, trat zurück und wechselte ins Wrestling-Geschäft zu WWE.
McGregor wird ihr wohl nicht auf diesem Weg folgen (obwohl auch er sich im Wrestling sicher bestens einfügen würde): Auch mit dem beschädigten Nimbus ist er noch immer das mit Abstand größte Zugpferd seiner Branche. Laut Sports Business Journal hat UFC 257 rund 1,6 Millionen Pay-Per-View-Käufe generiert und ist auf dem Weg, einer der erfolgreichsten Events aller Zeiten zu werden (hinter der McGregor - Khabib mit 2,4 Millionen).
McGregor nicht mehr sportlich relevant
Spurlos wird dieser allerdings wohl nicht an seinem Marktwert vorbeigehen. Und ein Problem, vor dem er auch steht: Es wird nicht ganz leicht, den Nimbus zu reparieren, auch nicht, wenn er den in Aussicht gestellten Rückkampf gegen Poirier gewinnen sollte.
Ein erfolgreicher Rückkampf gegen Khabib wäre die beste Chance gewesen, sich zurückzumelden, doch dieser scheint die Lust an der UFC im Allgemeinen und seinem Intimfeind McGregor im Speziellen verloren zu haben.
Jede andere Kampfoption, die McGregor jetzt hat, ist deutlich weniger attraktiv und auch weniger lukrativ – außer er wandelt doch wieder auf anderen Pfaden, lässt nun das geplante Box-Gastspiel gegen Manny Pacquiao folgen. Oder kommt auf das 50-Millionen-Angebot des boxenden YouTubers Jake Paul zurück.
Es wären wohl größere Zahltage, als die UFC sie bieten kann. Aber sie würden auch weiter den Eindruck nähren, dass McGregor inzwischen mehr Show-Attraktion ist als sportlich relevant.