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Angelo Pagotto galt wie Buffon als großes Talent - und endete als Pizzabäcker

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Angelo Pagotto galt wie Buffon als großes Talent - und endete als Pizzabäcker

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Torhüter-Talent endet als Pizzabäcker

Er verdrängte einst Gianluigi Buffon auf die Bank und hätte ein großer Torhüter werden können. Doch Angelo Pagotto endet als Pizzabäcker.
Angelo Pagotto wurde 1996 U21-Europameister mit Italien
Angelo Pagotto wurde 1996 U21-Europameister mit Italien
© Imago
Maximilian Lotz
Maximilian Lotz
von Maximilian Lotz

Er wirkte etwas schmächtig in dem viel zu weit geschnittenen Trikot.

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Die Ärmel hatte Angelo Pagotto hochgekrempelt, mit leicht angewinkelten Knien fokussierte der Torhüter der italienischen U21-Nationalmannschaft den nächsten Schützen der Spanier: einen jungen Mann namens Raúl, der später bei Real Madrid eine Weltkarriere machen sollte.

Doch an jenem 31. Mai 1996 wurde nicht er zum Helden, sondern der Mann auf der Linie. Mit einem blitzartigen Reflex stoppte Pagotto Raúls Schuss mit der rechten Hand noch vor der Linie und packte im Nachfassen zu. Auf dem Bauch liegend umklammerte er den Ball mit beiden Händen über seinem Kopf - ähnlich der Jubelpose, mit der später Pagotto und seine Kollegen Francesco Totti oder Fabio Cannavaro den Pokal für den U21-Europameistertitel in den Himmel stemmten.

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Pagotto verdrängt Buffon auf die Bank

Auch der damals 18-jährige Gianluigi Buffon war bei diesem Triumph dabei, musste aber dem über vier Jahre älteren Pagotto den Vortritt lassen.

"Damals war Buffon noch nicht das, was er heute ist", sagte Pagotto der Gazzetta dello Sport. "Er war ein paar Jahre jünger, ich wurde bevorzugt. Aber er und ich waren dazu bestimmt, die stärksten Torhüter zu dieser Zeit zu sein."

Doch es kam anders.

Während Buffon mit 176 Länderspielen zum Rekordspieler der Squadra Azzurra wurde und bei Juventus Turin auch mit 43 noch immer zwischen den Pfosten steht, ist die Karriere Pagottos vor allem eine Geschichte falscher Entscheidungen und fehlender Unterstützung.

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"Viel Geld in der Tasche, aber keine feste Familie"

"Ich war jung, hatte viel Geld in der Tasche, aber keine feste Familie, die mich führte. Und ich hatte die Frauen, die ich wollte", berichtete Pagotto von seinen Anfängen, die in der Jugend der SSC Neapel liegen.

Um Erfahrungen zu sammeln, wird Pagotto 1994 an US Pistoiese verliehen, einen heutigen Drittligisten. Doch auch Juventus Turin hat den aufstrebenden Torhüter auf dem Zettel. "Ich schlief, mein Telefon klingelte und im Schlaf ging ich ran", erinnerte sich Pagotto. Am anderen Ende meldete sich eine Stimme: "Hier ist Luciano Moggi." Pagotto hielt es für einen Scherz und legte mit den Worten "mach dich nicht über mich lustig" auf. "Er rief zurück und sagte, er sei es wieder, ich musste ihm glauben. Er wollte mich zu Juve holen." (Spielplan und Ergebnisse der Serie A)

Doch Pagotto entschied sich gegen das Angebot des berüchtigten Juve-Sportdirektors. "Im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen, dorthin zu gehen", meinte der frühere Keeper, stattdessen entschied er sich für Sampdoria Genua, wo Walter Zenga gerade seine Karriere ausklingen ließ. Doch nach nur einem Jahr zog er weiter, 1996 - im Jahr seines großen Triumphs bei der U21-EM - ging es zum AC Milan. Sein Glück fand er dort aber nicht.

Angelo Pagotto (hintere Reihe, 6.v.l.) auf dem Milan-Mannschaftsfoto neben George Weah und Paolo Maldini
Angelo Pagotto (hintere Reihe, 6.v.l.) auf dem Milan-Mannschaftsfoto neben George Weah und Paolo Maldini

Positiver Kokaintest erschüttert Pagottos Karriere

"Mein Herz weint immer noch, weil ich Sampdoria verlassen habe", erzählte Pagotto. "In Mailand fand ich eine kalte Stadt und einen noch kälteren Klub." Nach nur acht Einsätzen ließ er sich zum FC Empoli ausliehen, spielte dort aber nur vier Mal. Beim AC Perugia lief es ab 1997 zunächst etwas besser, doch ein positiver Kokaintest 1999 machte alles wieder zunichte.

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Mit einem Schlag stand er vor dem Nichts. "Meine ehemaligen Mannschaftskameraden waren keine Freunde mehr. Ich verbrachte zwei Jahre in Ligurien bei meiner Mutter in dem Hotel, das wir eröffnet hatten." Pagotto begann ein "wildes Leben". "Es gab Tage, an denen ich nicht aus dem Bett kam, im Wechsel mit Nächten in der Disco."

Er begab sich schließlich in Behandlung. "Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich mir Hilfe geholt habe, allein hätte ich es nicht geschafft, gegen die Depression anzukämpfen."

Noch einmal probierte Pagotto den Weg zurück in den Profifußball. Obwohl er von der Sportjustiz begnadigt wurde, wurde er nicht gerade mit offenen Armen empfangen. 2001 heuerte er bei US Triestina an, doch es kam zum nächsten Eklat. "Alle waren wütend auf mich, der Präsident von Triestina warf mir Spielmanipulation vor. Ich denunzierte ihn und ging, obwohl ich die Meisterschaft gewonnen hatte. Und dann begannen die wahren Probleme."

Erneuter Drogen-Skandal und Flucht nach Deutschland

Über Arezzo, Turin und Grosseto landete er schließlich beim FC Crotone, doch erneut griff er zu Drogen. "Ich hatte kein Adrenalin mehr auf dem Platz und suchte es im Kokain", berichtete Pagotto. "Ich begann, in schlechter Gesellschaft herumzuhängen. Sie gab mir das Gefühl, ein Held zu sein."

Doch das war er nicht. Wegen des erneuten Drogenmissbrauchs wurde Pagotto für acht Jahre gesperrt. Seine Karriere, die nie den erhofften Verlauf genommen hatte, war vorbei. Da keiner seiner Schritte nach dem erneuten Skandal unbeobachtet blieb, ergriff er die Flucht.

"Ich bin nach Deutschland gegangen, war Pizzabäcker und habe alles gekocht", erzählte Pagotto. "Einige Italiener haben mich erkannt, aber mit dieser Arbeitskleidung war es schwierig."

Aber wie man auch in seiner früheren Arbeitskluft eine gute Figur machen kann, vermittelt der 47-Jährige mittlerweile als Torwarttrainer der nächsten Generation in seiner Heimatstadt Avellino in der Nähe von Neapel.