Handlungsschnell und eiskalt im Abschluss, das sind Timo Werners bekannte Qualitäten vor dem Tor. Überhastet und etwas unkonzentriert, auch dazu neigt Timo Werner im gegnerischen Strafraum.
Die zwei Gesichter des Timo Werner
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Beide Szenarien waren bei Werners Debüt für den FC Chelsea zu beobachten.
Nur vier Minuten benötigte der 24-Jährige im Testspiel gegen Brighton & Hove Albion (1:1) für sein erstes Tor für die Blues. Wenige Minuten später köpfte er eine Freistoßflanke von Hakim Ziyech vollkommen freistehend deutlich über den Kasten.
Zu seiner Ehrenrettung sei erwähnt, dass das Kopfballspiel nicht unbedingt zu den ausgewiesenen Stärken des 1,81 Meter großen Angreifers zählt. Sein neuer Coach Frank Lampard war daher auch insgesamt sehr zufrieden mit dem Auftritt seines Neuzugangs, für den Chelsea 53 Millionen Euro Ablöse an RB Leipzig überwies.
Lampard lobt Werner nach Chelsea-Debüt
"Timo hat sehr scharfsinnig und clever agiert", lobte Lampard seinen neuen Schützling. "Er hat schon sehr früh im Spiel sein Tor geschossen, er hat einige der Qualitäten gezeigt, von denen ich sehr genau weiß, dass er sie hat, deshalb freue ich mich sehr, ihn im Kader zu haben."
Der früherer Mittelfeldstratege ergänzte: "Ich fand, dass sein Arbeitspensum und alles drumherum ein großartiger Anfang für ihn war."
Ein vielversprechender Start, der große Hoffnungen weckt. Die Fans der Blues befinden sich bereits im Werner-Fieber. Es gilt die Wette, dass der Schwabe in der anstehenden Saison sogar den Goldenen Schuh als Europas Top-Torjäger holen könnte.
Werner weckt große Hoffnungen bei den Blues
Die zu Extremen neigende englische Boulevardpresse schlägt in die gleiche Kerbe. "Es wird erwartet, dass Werner zu Chelseas Top-Torschützen gehören wird und er hat eine erste Duftmarke gesetzt", schrieb etwa der Mirror.
Werner selbst hielt erstmal den Ball flach, träumte aber zugleich von weiteren Erfolgserlebnissen. "Guter Start, erstes von hoffentlich vielen Toren", twitterte der Nationalspieler.
Nach vier Jahren bei RB Leipzig wagt Werner bei Chelsea nun den nächsten Schritt. Lange galt der FC Bayern als Werners Transferziel Nummer eins, doch immer wieder gab es Bedenken, ob Werner überhaupt ins System der Münchner passt.
Letztlich sei Lampard der Hauptgrund für seinen Wechsel an die Stamford Bridge gewesen, erklärte Werner kürzlich dem Klub-TV der Blues. "Wir sprachen viel über Dinge wie das System, wie er spielen will und mich spielen sieht, und wie das System zu mir passt", sagte Werner.
Bei seinem Debüt lief der Ex-Leipziger in Lampards 4-3-3 im Sturmzentrum auf, wo Tammy Abraham als sein Hauptkonkurrent gilt. Werner kann auch über die Flügel agieren und dort seine Schnelligkeit ausspielen, zieht dabei aber immer gerne ins Zentrum. "Ich bin ein Spieler, der ungern einfach in der Mitte rumsteht und wartet - ich suche auch gerne meine Wege nach außen und schaffe mir Platz", beschrieb Werner einmal selbst seinen Stil.
Starke Torquote vs. lange Durststrecken
Seine letzte Saison in Leipzig schloss er mit 28 Bundesligatoren als bester deutscher Stürmer ab, insgesamt gelangen ihm in 159 Pflichtspielen 95 Tore für die Sachsen - eine stolze Quote. Dennoch gab es auch immer wieder Durststrecken.
"Timo fehlt das Tor", sagte RB-Trainer Julian Nagelsmann nachdem Werner die Saisonvorbereitung ohne einen eigenen Treffer abschloss: "Manchmal taucht er mir etwas zu viel ab, pendelt sehr viel auf dem Flügel. Er hat Probleme gegen tief stehende Gegner."
Auch in der Nationalelf, für die ihn Bundestrainer Joachim Löw für die anstehenden Nations-League-Partien gegen Spanien und die Schweiz wieder nominiert hat, konnte er seinen Status als bester deutscher Stürmer bislang noch nicht dauerhaft festigen.
Werner muss viel öffentliche Kritik aushalten
Werner musste deswegen in der Öffentlichkeit bereits viel Kritik aushalten, aber vor allem nach seiner Schwalbe in einem Bundesligaspiel gegen Schalke 04 vor vier Jahren prasselte viel auf ihn ein.
"Druck gehört dazu, und den einen lässt das völlig kalt, den anderen beschäftigt es", sagte Werner einmal in einem Focus-Interview. "Wenn man sich vorstellt, dass man jeden Tag in den Medien auftaucht und ein-, zweimal die Woche vor 40.000 oder 50.000 Menschen spielt, dann entsteht nun mal Druck."
Nach dem Schwalben-Eklat nahm er psychologische Hilfe in Anspruch. "Er hat mir gesagt, dass ich alle Menschen, die mich nicht mögen, mit einer einzigen Aktion zum Schweigen bringen kann: mit einem Tor nämlich."
Nun hat Werner damit beim FC Chelsea große Euphorie entfacht. Wie lange diese anhält, werden auch Werners Leistungen in den kommenden Wochen zeigen. Wenn es am 14. September in der Premier League losgeht, wieder gegen Brighton & Hove Albion.