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Schottland: David Martinalde vom Drogendealer zum Erfolgstrainer in der Premier League

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Schottland: David Martinalde vom Drogendealer zum Erfolgstrainer in der Premier League

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Vom Drogendealer zum Erfolgstrainer

David Martindale saß jahrelang wegen Drogenhandels im Gefängnis. Danach steigt er als Hausmeister beim Livingston FC ein und arbeitet sich zum Cheftrainer hoch.
David Martindale gewann zehn seiner ersten zwölf Spiele mit dem Livingston FC
David Martindale gewann zehn seiner ersten zwölf Spiele mit dem Livingston FC
© Imago
Eric Böhm
Eric Böhm

Das hat nicht einmal der große Alex Ferguson geschafft.

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Erst zwei Monate ist David Martindale Cheftrainer beim Livingston FC in Schottland im Amt - und schon zieht der außergewöhnliche Mensch die Fußballwelt auf der Insel in seinen Bann.

Nach 14 Pflichtspielen ist er immer noch unbesiegt, in Schottland gelang nur Martin O'Neill (12 Siege) und zwei Trainern vor 1960 jemals ein besserer Start als Martindale (10 Siege – 2 Remis), Ende des Monats steht Livingston zudem im Finale des Ligacups – das zweite große Finale der Klubgeschichte.

Als man 2004 jenen Pokal erstmals gewann, saß der heutige Trainer übrigens im Knast, als Drogendealer.

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Sechseinhalb Jahre Haft für Drogenhandel

Weil er mit seinem Pub in finanzielle Schieflage geraten war und sich mit organisierter Kriminalität eingelassen hatte, wurde Martindale zu sechseinhalb Jahren verurteilt - vier saß er ab. Die Schwester seiner Frau und ihr Mann arbeiteten damals übrigens als Polizisten.

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"Ich werde immer dankbar sein, dass meine Frau Martha an meiner Seite geblieben ist. Sie hat mich immer besucht. Als ich rauskam, durfte ich nicht einmal das Haus ihrer Schwester betreten, heute arbeiten sie als Sicherheitskräfte im Verein mit", sagt er bei The Athletic.

Livingston gibt Martindale Chance als Hausmeister

In der Stadt mit 50.000 Einwohner etwa 50 Kilometer östlich von Glasgow hat Martindale sein Glück gefunden.

Nachdem der talentierte Jugendfußballer im Gefängnis sein Leben grundlegend überdacht, einen Abschluss gemacht und einen Job im Fitnessbereich angenommen hatte, kam er 2014 als Hausmeister zum Livingston FC.

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Nach und nach erhielt er mehr Verantwortung und landete auf Initiative des früheren Eigentümers im Trainerstab.

Körperliche Fitness essentiell

Von Anfang setzte Martindale dabei auf körperliche Fitness und viele verschiedene Einflüsse. In seinem heutigen Team darf kein Spieler mehr als zehn Prozent Körperfett haben.

Vor und nach Spielen wird die Hydrierung jedes Spielers überprüft, es gibt Yoga und skandinavische Oberschenkel-Übungen, um Muskelverletzungen vorzubeugen.

"Ich habe einen großen Durst, zu lernen. Meine Erfahrung im Fußball ist, dass viele Leute am PC Ergebnisse und Zahlen anschauen, aber keine wissenschaftlichen Abhandlungen lesen. Fußball ist sehr athletisch, darauf hast du immer Einfluss – egal auf welchem Level", sagt Martindale.

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Tödliches Pressing und schnell nach vorn

Entsprechend tritt sein Team auf: körperlich mit unnachgiebigem Pressing, wenn der Ball erobert wird, geht es schnell und schnörkellos nach vorn – was auch für Kritik sorgt ("die können nur lange Bälle").

"Ich glaube, manchmal wird zu viel taktiert. Ich kam ohne Philosophie aus dem Knast. Ich habe den Job während des Jobs gelernt. Warum sollte ich 16 Mal hin- und herspielen, wenn dadurch der Gegner Zeit hat, sich zu sortieren?", fragt der 46-Jährige.

Das heißt aber nicht, dass Martindale nicht über Pep Guardiolas Spielstil nachdenkt oder sein Team nicht vorbereitet. Das Gegenteil ist der Fall. Er analysiert akribisch, überfordert seine Spieler aber nicht in der Ansprache. Seinen Anfängen bleibt er übrigens treu und baut auch schon selbst mal den Videoraum oder die Kabine um.

Bisher geht das Konzept auf. Livingston träumt aktuell in den Top Fünf in Schottland von Europa. Als der Cheftrainer nach einem schlechten Start ging, wurde Martindale Interimstrainer in der Tony Macaroni Arena - das Stadion heißt wirklich so -, seit letzter Woche ist er auch offiziell der Chef.

Beziehungen in der gesamten Fußballwelt

Vorher hatte er allerdings praktisch den kompletten Kader mitrekrutiert. Martindale hat viele Lehrgänge überall auf der Insel besucht und dabei Kontakte geknüpft, zum Beispiel zu Rangers-Legende Barry Ferguson, Liverpools früherem Champions-League-Sieger Luis Garcia oder dem heutigen Sporting-Lissabon-Coach Ruben Amorim.

"Ich hatte erst keine Ahnung, wer er war. So ein Netzwerk zu haben, ist Wahnsinn", sagt der Schotte.

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Schon auf dem Zettel größerer Klubs?

So holte Livingston dank ihm allein in dieser Saison Spieler aus Irland, Indien, Rödinghausen und dem Iran. Bei seinen Spielern ist er extrem beliebt, weil er auch privat auf sie zugeht.

Spätestens wenn er den Ligacup gewinnt und Livingston nach Europa führt, könnte Martindale auf dem Zettel größerer Klubs landen. Sein Kumpel Amorim ging aus Braga für eine Millionensumme zu Sporting.

Sir Alex Ferguson landete bekanntermaßen nach erfolgreicher Zeit beim FC Aberdeen bei Manchester United. Der wohl erfolgreichste Vereinstrainer hatte übrigens "nur" acht seiner ersten zwölf Spiele in Schottland gewonnen.

"Leute fragen mich immer, ob ich mich jetzt anders fühle. Die Antwort ist: überhaupt nicht. Einen Pokal in die Luft zu halten, wäre sicher surreal. Aber wer erinnert sich an dich, wenn du ihn nicht gewinnst? Wenn du hart arbeiten, deinen Beruf genießen und auch mal lachen willst, dann trainiere ich dich sowas von", sagt Martindale. Den Mann muss man beobachten.