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Brisante DFB-Pressekonferenz von Wolfgang Niersbach: Fragen und Antworten

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Brisante DFB-Pressekonferenz von Wolfgang Niersbach: Fragen und Antworten

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SPORT1 erklärt Niersbachs brisanten Auftritt

Wolfgang Niersbach gibt eine bemerkenswerte Pressekonfererenz - statt Antworten zu liefern, wirft er noch mehr Fragen auf. SPORT1 fasst die wichtigsten Aussagen zusammen.
German Football Federation Informs About FIFA World Cup 2006 Investigations
German Football Federation Informs About FIFA World Cup 2006 Investigations
© Getty Images

In einer denkwürdigen Pressekonferenz hat DFB-Präsident Wolfgang Niersbach versucht, Licht in das Dunkel um die mysteriösen Vorgänge im Zuge der deutschen WM-Bewerbung 2006 zu bringen. Am Ende blieb es eher beim Versuch.

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Der ehemalige Sportjournalist gilt als Medienprofi. Am Donnerstag wirkte er aber alles andere als souverän. Niersbach "glänzte" häufig mit Unwissenheit, wurde zunehmend nervöser und fahriger.

"Das entzieht sich meiner Kenntnis" oder "ich weiß es nicht", zählten zu seinen häufigsten Sätzen. Anstatt Antworten zu liefern, warf er noch mehr Fragen auf. (Die Pressekonferenz zum Nachlesen)

SPORT1 fasst die wichtigsten Aussagen aus Niersbachs Pressekonferenz zusammen.

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Wurde das Sommermärchen 2006 gekauft?

Wie schon am Montag betonte Niersbach noch einmal, dass bei der Vergabe der WM "alles rechtens" gelaufen sei. "Es hat keine schwarzen Kassen gegeben und es hat keinen Stimmenkauf gegeben", sagte der 64-Jährige und fügte hinzu: "Das Sommermärchen war ein Sommermärchen und wird es auch bleiben. Die WM war nicht gekauft."

Was hat es mit der Zahlung von 6,7 Millionen Euro auf sich?

Nach der WM-Vergabe rechnete sich der DFB finanzielle Unterstützung durch die FIFA aus. Um diesen Zuschuss in Höhe von 170 Millionen Euro zu erhalten, forderte die FIFA unter Präsident Sepp Blatter angeblich einen Vorschuss von 6,7 Millionen Euro.

OK-Chef Franz Beckenbauer erklärte sich nach Aussage von Niersbach dazu bereit, den Vorschuss aus seinem Privatvermögen zu bezahlen. Die anderen OK-Mitglieder soll er nicht darüber in Kenntnis gesetzt haben.

Beckenbauers damaliger Manager Robert Schwan riet ihm allerdings davon ab. Schwan habe stattdessen Kontakt zu Dreyfus geknüpft, der über Schwan die Zusage gegeben habe, "zehn Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 6,7 Millionen Euro, Anm.d.Red.) an die Finanzkommission der FIFA zu überweisen". "Wohin genau, entzieht sich meiner und unserer Erkenntnis", so Niersbach.

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Die Rückzahlung der offenen Summe erfolgte über das "FIFA-Kulturprogramm", das unter anderem für eine Eröffnungsgala so schon in der Bewerbungsphase eingeplant gewesen sein soll.

Da diese Feier allerdings nicht zustande kann, nutze das OK die Möglichkeit, die offene Summe über den offenen Posten zu begleichen.

"Die 6,7 Millionen tauchen auch in allen Jahresabschlüssen auf. Der Vorgang ist in den Dokumenten des OK nachzuvollziehen", so Niersbach.

Was sagen die FIFA und Blatter?

Die FIFA ließ allerdings erhebliche Zweifel an dessen Erklärung aufkommen und erklärte dass 2002 kein Zahlungseingang über zehn Millionen Schweizer Franken vom damaligen adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus registriert wurde. Das teilte der Weltverband am späten Donnerstagnachmittag "nach derzeitigem Kenntnisstand" mit.

Blatter, der sich beim Treffen mit Beckenbauer auf die Überweisung an die FIFA geeinigt haben soll, will von dieser Absprache heute nichts mehr wissen. 

"Ich bin mit diesem Vorgang nicht vertraut", ließ Blatter der Deutschen Presse-Agentur über einen Sprecher mitteilen.

Wie lief der Zahlungsfluss?

Nach dem Gespräch zwischen Beckenbauer und Blatter überwies Dreyfus nach Niersbachs Schilderungen 2002 den Vorschuss von 6,7 Millionen Euro an die Finanzkommission der FIFA.

Daraufhin stellte der Weltverband dem deutschen OK die von Blatter versprochenen 170 Millionen Entwicklungszuschuss zur Verfügung.

Als Dreyfus 2004 oder 2005 - da war sich Niersbach nicht ganz sicher - sein Geld zurückforderte, kam das OK dieser Forderung nach. Allerdings überwiesen OK-Chef Beckenbauer und Co. die offene Summe nicht an Dreyfus, sondern erneut an die FIFA.

Damit hätte die FIFA die Zahlung von 6,7 Millionen Euro zweimal erhalten. Ob der Weltverband die zweite Zahlung an Dreyfus weiter geleitet hat, ist unklar.

Denn bei der FIFA verliert sich die Spur. "Das Geld von Dreyfus ist direkt an die FIFA gegangen. Was die FIFA damit gemacht ist, wissen wir nicht", sagte Niersbach und fügte hinzu: "Ich war in die Finanzabwicklung nur sehr bedingt eingebunden".

So lief der Zahlungsfluss in der Vergabe um die WM 2006 laut DFB-Präsident Wolfgang Niersbach
So lief der Zahlungsfluss in der Vergabe um die WM 2006 laut DFB-Präsident Wolfgang Niersbach

Warum hat der DFB die Zahlung nicht selbst übernommen?

Der DFB zählt zu finanzstärksten Verbänden der Welt. Ohne Weiteres wäre es also möglich gewesen, die 6,7 Millionen Euro zu stemmen. Warum dennoch auf das Vermögen eines Privatmannes zurückgegriffen wurde, ist angeblich auch Niersbach ein Rätsel.

"Das OK hatte damals noch keine Finanzmittel. Aus dieser Situation heraus hat Beckenbauer wohl sehr spontan entschieden, das anzubieten. Warum kann ich nicht sagen, weil ich erst seit kurzem von diesem Vorgang weiß", so der sichtlich angeschlagene DFB-Boss.

Wieso verlangte die FIFA einen solchen Vorschuss?

Offenbar war dem DFB bekannt, dass Japan und Sükorea für die Ausrichtung der WM 2002 jeweils 100 Millionen Dollar erhalten hatten.

Unter welchen Bedingungen auch der DFB eine solche Finanzspritze erhalten sollte, handelte dann Beckenbauer mit Blatter persönlich aus. Warum die FIFA am Ende eine Gegenleistung forderte, ist Niersbach angeblich nicht bekannt.

"Da bin ich überfragt. Es ist nachzulesen, dass wir diesen Zuschuss sofort publiziert haben. Das ist ein ganz sauberer Vertrag, wie diese 170 Millionen Euro überwiesen wurden und wie letztlich damit umgegangen wurde. Wer bei der Finanzkommission das Geld von Dreyfus erhielt, das kann nur die FIFA beantworten."

Wann hat Niersbach von den Vorgängen erfahren?

Niersbach erfuhr nach eigener Aussage erst im Sommer, dass es Unregelmäßigkeiten in den Abläufen gegeben habe und leitete daraufhin eine interne Untersuchung ein.

Im Nachhinein bedauere er, dass er diese nicht öffentlich gemacht habe: "Es ist zweifellos mein Versäumnis gewesen, die anderen Präsidiumsmitglieder nicht frühzeitig informiert zu haben. Das muss ich ganz eindeutig auf meine Kappe nehmen."

Sein heutiges Wissen soll Niersbach dann erst bei einem Besuch bei Franz Beckenbauer am vergangenen Dienstag in Salzburg erworben haben.

Wer kann Niersbachs Aussagen beweisen?

Da mit Robert Schwan und Robert-Louis Dreyfous zwei der Hauptprotagonisten bereits verstorben sind, ist von externer Seite keine Aufklärung zu erwarten.

Stattdessen bringt Niersbach mit seinen Aussagen OK-Chef Beckenbauer noch mehr in Erklärungsnot. Nur der "Kaiser" kennt die Inhalte des Gesprächs mit FIFA-Präsident Sepp Blatter. Allerdings habe auch Beckenbauer den damaligen Verlauf "nicht mehr präsent".

Welche Rolle spielt Theo Zwanziger?

Bei der Frage nach den beteiligten Personen kommt auch Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger ins Spiel. Der heute 70-Jährige war damals für die Finanzen im OK zuständig.

Zwanziger hatte zuletzt behauptet, er habe Niersbach in der Vergangenheit mehrfach aufgefordert, die aktuelle Thematik aufzuklären.

Niersbach selbst, verneint das: "Ich wüsste nicht, wann er das getan hat. Als wir uns im September 2012 getroffen haben, war das kein Gesprächsthema. Und auch sonst hat es von Theo Zwanziger in dieser Angelegenheit keine Aufforderung an mich gegeben."

Besteht der Verdacht auf Steuerhinterziehung?

Zumindest was den DFB angeht aktuell nicht. Da die 6,7 Millionen Euro Rückzahlung an die FIFA in den Büchern des OK auftauchen, ist formell alles rechtens gelaufen.

Die Zahlung von Dreyfus an den Weltverband zuvor lief am DFB vorbei.

Zieht Niersbach Konsequenzen?

Aktuell scheint ein Rücktritt für Niersbach kein Thema zu sein. Stattdessen hofft er, "dass wir das Thema abschließend klären können".

Allerdings ist der Druck auf den DFB-Präsidenten nach seinem heutigen Auftritt nicht geringer geworden.

Sollte sich in den nächsten Wochen herausstellen, dass Niersbach doch mehr wusste, als er bei seinem rund 45-minütigen Auftritt zugegeben hat, ist er als Boss des größten Sportverbandes der Welt wohl kaum noch tragbar.