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EM 2021: Babbel und Basler über Löw, Hummels, Müller, Matthäus, Kroos, Havertz

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EM 2021: Babbel und Basler über Löw, Hummels, Müller, Matthäus, Kroos, Havertz

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"Volland kann eine Waffe werden"

Vor dem Start der Europameisterschaft am Freitag sprechen zwei ehemalige Nationalspieler und EM-Sieger bei SPORT1 über die deutsche Elf und ihre Chancen auf den Titel.
Nach dem Trainingslager in Seefeld, kristallisiert sich für Bundestrainer Joachim Löw eine Startelf heraus. Wer sind die Gewinner der Vorbereitung? Wer muss erst einmal auf die Bank?
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Markus Babbel und Mario Basler wissen, wie es sich anfühlt, Europameister zu sein.

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1996 gewannen beide mit der deutschen Nationalmannschaft das Turnier in England, auch wenn Basler dabei verletzungsbedingt kein Spiel bestreiten konnte. Vor dem EM-Start am Freitag (EM 2021: Eröffnungsspiel Türkei - Italien am Freitag ab 21 Uhr im LIVETICKER) sprechen Babbel und Basler im Doppel-Interview bei SPORT1 über das anstehende Turnier, die Aussichten der deutschen Mannschaft und umstrittene Personalien. (SERVICE: Spielorte und Stadien der EM 2021)
 
SPORT1: Die Generalprobe gegen Lettland verlief mit dem 7:1-Erfolg standesgemäß. Wie groß ist Ihre Vorfreude auf die EM?

Mario Basler: Ich freue mich sehr auf die EM. Es wird das letzte Turnier vom Jogi. Die Mannschaft ist gut zusammengestellt und das Entscheidende ist, dass es in beide Richtungen geht. Es kann gut laufen, kann aber auch nach der schweren Vorrunde vorbei sein.

Markus Babbel: Ich freue mich riesig. Das wird eine tolle EM, weil sie total anders ist als in der Vergangenheit. Das macht es auch so spannend. Man war bisher noch nicht in dieser EM-Stimmung, wie man das aus früheren Jahren in der Woche vor Turnierstart kannte. Das lag sicher auch an der Pandemie, doch so langsam kommt das Gefühl dafür.

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Hier können Sie sich den PDF-Spielplan der Fußball-EM 2021 herunterladen und im Anschluss ausdrucken

SPORT1: Wie weit ist das deutsche Team?

Basler: Die Vorbereitung in Seefeld muss hervorragend gewesen sein. Kein Spieler hat sich verletzt, nur Leon Goretzka muss noch etwas herangeführt werden. Wir können guter Hoffnung sein, dass wir mit voller Kapelle in das erste Spiel gehen können.

Babbel: "Das darf nicht mehr passieren"

SPORT1: Kann Löw in seinem letzten Turnier zur Lichtgestalt werden?

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Babbel: Als Bundestrainer wirst du an Resultaten gemessen. Bis vor der WM in Russland hatte Löw phänomenale Ergebnisse erzielt mit Minimum Halbfinale oder Endspiel und der Krönung mit dem WM-Titel. 2018 ist man sang- und klanglos gescheitert. Da war die DFB-Elf zu überheblich und zu selbstsicher. Die Demut fehlte. Das darf nicht mehr passieren. Jetzt ist die Demut zurück. Wie groß aber ist der Glaube daran, es wirklich schaffen zu können?

Basler: Es gibt im deutschen Fußball nur eine Lichtgestalt und das ist Franz Beckenbauer. Jogi kann Historisches erreichen, wenn er nach dem WM-Titel 2014 jetzt auch die EM gewinnen sollte. Das wäre für ihn persönlich ein super Abschluss. Aber ich glaube auch, dass das Team diesen Erfolg will. Die Jungs wollen zeigen, dass sie Europameister werden können.

Mario Basler (l.) und Markus Babbel (2.v.l.) haben klare Ansichten zum DFB-Team bei der
Mario Basler (l.) und Markus Babbel (2.v.l.) haben klare Ansichten zum DFB-Team bei der

SPORT1: Aber Sie haben gesagt, dass ein Vorrunden-Aus durchaus möglich sei.

Basler: Ich bin sehr vorsichtig, war auch 2018 einer der Wenigen, die sagten, dass das Team erstmal die Vorrunde überleben muss. Das Ende ist bekannt. Jetzt ist es genauso. Man hat mit Frankreich und Portugal zwei brutale Nationen. Notfalls kann man sich über den dritten Platz noch qualifizieren und dieser sollte möglich sein.

Babbel: Aber mal ehrlich: Es ist eine brutal anspruchsvolle Gruppe. Ich bin grundsätzlich immer ein positiver Mensch, und wenn die Jungs da durchkommen, dann ist Großes möglich. Wovor willst du dann noch Angst haben? Natürlich ist es möglich, dass du in dieser Hammer-Gruppe in der Vorrunde ausscheidest, aber ich bin überzeugt von der Qualität des Kaders.

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Babbel: "Dann darf man nicht gleich beleidigt sein"

SPORT1: Erklären Sie doch mal den jungen Burschen, wie man Europameister wird beziehungsweise was es dazu braucht?

Basler: Es braucht viele Faktoren. In der Mannschaft muss es perfekt stimmen. Und jeder Spieler muss alles in die Waagschale werfen, auch, wenn er mal nicht spielt. Dann darf man nicht gleich beleidigt sein. Aber dafür gibt es Führungsspieler, um diesen Haufen zusammenzuhalten. Es wird Aufstellungen vom Bundestrainer geben, mit denen der eine oder andere Spieler nicht ganz einverstanden sein wird. Das ist nun mal so bei einem 26er Kader. Die Truppe muss einfach zusammenhalten, das wird der Schlüssel zum Erfolg sein.

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Babbel: Die totale Überzeugung ist auch wichtig. Das war bei uns 1996 nicht anders. Ich war 23 und einer der Jüngsten, als ich damals in England dabei war. Aber ich hatte das Glück, dass ich beim FC Bayern groß geworden bin. Für mich war klar, dass wir das Ding gewinnen, wenn wir da antreten. Und diese Ausstrahlung hatten nicht nur die Bayern-Spieler, sondern auch die Dortmunder, ein Stefan Kuntz, ein Dieter Eilts. Sie hatten in ihren Klubs schon etwas gewonnen. Dementsprechend war für uns klar, dass wir den Titel gewinnen wollen. Obwohl wir in der Öffentlichkeit gar nicht so hoch angesehen waren, also eine ähnliche Situation wie jetzt. Damals hat keiner mit uns gerechnet. Aber wir konnten im Verlauf des Turniers eine Dynamik und einen Zusammenhalt entwickeln, der entscheidend war für den Titel.

SPORT1: Fehlt diese Überzeugung jetzt?

Babbel: Es sind jetzt die Bayern-Spieler dabei, die Meister geworden sind, BVB-Profis, die den Pokal gewonnen haben, und Chelsea-Spieler, die den Henkelpott geholt haben. Also auch eine tolle Kombination an Selbstvertrauen. Und diese schwere Gruppe kann außerdem helfen, diese Überzeugung zu erlangen. Die deutsche Mannschaft darf sich keinen Fehler erlauben, muss von der ersten Sekunde an präsent sein. Wenn sie die Gruppe übersteht, ist alles möglich...

SPORT1-Reporter Reinhard Franke (M.) traf sich im Anschluss an den CHECK24 Doppelpass mit Markus Babbel (l.) und Mario Basler zum EM-Interview
SPORT1-Reporter Reinhard Franke (M.) traf sich im Anschluss an den EM Doppelpass mit Markus Babbel (l.) und Mario Basler zum EM-Interview

SPORT1: Was halten Sie von einem Camp wie dem in Herzogenaurach?

Basler: Diese Camps beziehungsweise Trainingslager waren nie meins. Es besteht die Gefahr eines Lagerkollers, wenn du dauernd aufeinander hockst. Es braucht gewisse Freiheiten, und die Spieler sollten auch einige Freizeit-Aktivitäten unternehmen dürfen. Aber wenn so ein Campo hilft, dann wurde am Ende alles richtig gemacht.

Babbel: So ein Camp als Heimat brauchst du als Team. Bei uns war das 1996 Mottram Hall, das war ein Vorort von Manchester. Diese Basis ist wichtig, um einen Rückzugsort zu haben. Herzogenaurach ist entscheidend und die Jungs, sie müssen das Trainingsquartier mit Leben füllen.

Basler: "Irgendwann kippte die Stimmung"

SPORT1: Wie war das 1996 bei Ihnen?
 
Basler: Die Camp-Atmosphäre war sehr anstrengend. Das war auch so mit dem eigenen Verein, wenn du zehn, zwölf Tage in ein Trainingslager gefahren bist. Irgendwann kippte die Stimmung und du wolltest nur noch nach Hause. Da muss Jogi gegenlenken, damit diese Stimmung nicht ins Negative umschlägt. 2014 bei der WM in Brasilien mit dem Campo de Bahia war das natürlich ideal.

SPORT1: Was sagen Sie zur Rückhol-Aktion von Thomas Müller und Mats Hummels?

Basler: Wenn Jogi weitergemacht hätte nach der EM, hätte er sicher anders entschieden. Doch jetzt ist es sein letztes Turnier und da wollte er noch mal etwas Erfahrung mitnehmen, weil die zurückliegenden Spiele nicht gut waren und die Truppe in den vergangenen Jahren auch nicht die gewünschte Leistung abgerufen hat. Jogi hat sich mit der Rückhol-Aktion keinen großen Gefallen getan, auch weil der Druck auf die beiden Spieler extrem hoch ist. Die Leute erwarten jetzt Einiges von Hummels und Müller, was sie am Ende vielleicht nicht bringen können.

Babbel: Ich sehe das anders. Ich bin ein totaler Verfechter davon, dass Leistung honoriert werden soll. Für mich kam diese Rückhol-Aktion fast zu spät. Müller und Hummels haben über einen längeren Zeitraum sehr gute Leistungen gebracht. Und die Nationalelf steht dafür, dass die besten Spieler da belohnt werden sollen. 

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SPORT1: Hätte es Jérôme Boateng nicht verdient gehabt?

Babbel: Er hätte es genauso verdient gehabt. Aber diese Freiheit muss man Löw lassen. Man wird immer über einzelne Spieler diskutieren können. Aber das muss man am Ende akzeptieren, wenn einer nicht dabei ist. Hinterher muss Löw seinen Kopf hinhalten. Ich bin froh, dass Hummels und Müller dabei sind.

Basler: Wenn ich mich vor drei Jahren als Bundestrainer gegen diese Spieler entscheide, hätte ich jetzt gar keinen wieder zurückgeholt. Das spricht nämlich auch nicht für die Spieler, die in den vergangenen Jahren dabei waren.

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SPORT1:Kevin Volland ist die Überraschung im Kader und der einzige Stoßstürmer bei Löw. Wie sehen Sie ihn?

Basler: Er hat in Monaco gute Leistungen gebracht und ist sicher eine Option. Volland kann eine Waffe werden auf der Position.

Babbel: Sorry, Mario, aber Kevin ist mehr als nur eine Option. Wenn man ihn mitnimmt, dann kann man ihm absolut zutrauen, dass er von Anfang an spielen kann. Und das kann man beim Kevin. Er wurde schon in Leverkusen unterschätzt. Ich hatte in Hoffenheim das große Glück, ihn trainieren zu dürfen. Er ist ein toller Profi und angenehmer Mensch. Chapeau, dass er den Schritt ins Ausland gewagt hat. Dort hat er mit der AS Monaco eine fantastische Saison hingelegt. Es freut mich, dass auch da Leistung belohnt wird.

Siegerlächeln: Markus Babbel (l.) und Jürgen Kohler 1996 bei der Europameisterschaft mit dem Pokal
Siegerlächeln: Markus Babbel (l.) und Jürgen Kohler 1996 bei der Europameisterschaft mit dem Pokal

Basler: Doch, ich war immer ein Fan von Werner und bin es eigentlich immer noch. Nur er ist im Moment vor dem Tor sehr unsicher. Er hat in Leipzig gezeigt, dass er Tore schießen kann. Doch die Saison bei Chelsea hat es gezeigt: Er braucht zu viele Chancen und ist nicht in der 100-prozentigen Verfassung. Auch im Champions-League-Endspiel konnte man das sehen. Er ist außer Form. Aber vielleicht überrascht er uns alle und wird bei der EM der große Knipser.

Basler über Kroos: "Schwierig"

SPORT1: Ist Toni Kroos auch bei Ihnen außen vor? Gegen Lettland spielte er durch.

Basler: Schwierig. Er ist ein hervorragender Fußballer, hat viel erreicht und alles gewonnen. Nachdem er Corona hatte, muss man jetzt sehen, wie er das überstanden hat. Man muss abwarten, wie er zurückkommt.

Babbel: In meinen Augen wird Toni es schwer haben, in die erste Elf zu rücken. Er ist ein herausragender Fußballer, aber momentan sehe ich andere Spieler in einer besseren Verfassung. Er hat mit Real Madrid drei Mal die Champions League gewonnen und mit Bayern ein Mal und ist Weltmeister, das sagt alles. Nur zuletzt war er nicht mehr so in Form, wie er sein müsste, um ein erfolgreiches Turnier zu spielen. Ich hoffe, dass er sich da wieder rein arbeitet, das traue ich ihm zu. Aber leicht wird es nicht für ihn bei dem Überangebot im Mittelfeld.

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SPORT1: Kommt bei Kai Havertz der Push durch den Champions-League-Gewinn genau richtig?

Babbel: Auf jeden Fall. Das macht etwas mit dir. Ich habe ihn nicht so schlecht gesehen, wie er von vielen Kritikern gemacht wurde. Schuld war sicher auch die immense Ablöse, da wurden außergewöhnliche Dinge von ihm verlangt. Havertz ist in dem Alter ein außergewöhnlich guter Fußballer mit dem Potenzial zur absoluten Weltklasse. Ein cleverer und smarter Spieler. Ich bin ein großer Fan von Kai Havertz.

SPORT1: Eine Parallele zu Hummels und Müller: Berti Vogts holte 1998 Lothar Matthäus zurück in die Nationalmannschaft, nachdem er vorher sagte, dieser werde unter ihm nie mehr spielen.

Babbel: Das war mit ein Grund, warum wir nicht so ein glorreiches Turnier gespielt haben. Mit einer Aktion hatte Vogts vier, fünf Spieler kaputt gemacht, die bis dahin das Mannschaftsgefüge zusammengehalten haben. Plötzlich war Klinsi (Jürgen Klinsmann, d. Red.) raus, weil er wusste, dass er nicht so gut mit Lothar kann. Olaf Thon war angeschlagen, weil er bis dahin eigentlich der Libero war. Er wäre eigentlich rechtzeitig zum Turnier noch fit geworden. Es war klar, dass er nicht mehr so viele Spiele machen wird, wenn Lothar dabei ist. Die älteren Spieler waren nicht so gut drauf wie 1996.

SPORT1: Wurden da Spieler in den Rückholprozess mit einbezogen?

Babbel: Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

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Babbel: "Lothar war Lothar"

SPORT1: Wie hat sich Matthäus damals dann in der Kabine präsentiert?

Babbel: Lothar war Lothar. Er hat sich null verstellt. Wir kannten ihn ja aus München. Aber es war klar, dass durch seine Rückkehr der Druck auf viele Spieler zu groß wurde. Sie konnten sich nicht mehr so geben wie 1996. Dementsprechend ging das Ganze dann auch in die Hose.

SPORT1: Ist Vogts auch darüber gestolpert?

Basler: Ich war nicht dabei, denke aber, dass es immer schwierig ist, wenn du als Trainer Spieler aussortierst und sie dann zurück holst. Der Druck auf diese Spieler ist erstmal sehr groß. Wie du es machst als Trainer, kann es dann verkehrt sein.

Babbel: Schlussendlich ist Vogts daran gescheitert, weil man im Viertelfinale nach einem 0:3 gegen Kroatien ausgeschieden ist. Danach war eine extrem negative Stimmung, so dass Berti Vogts nicht mehr zu halten war. Die Rückholaktion von Hummels und Müller wird nicht diese Auswirkungen haben wie damals bei Lothar. Es ist eine andere Zeit. Lothar hatte eine ganz andere Power und Dynamik, weil er Weltfußballer war. Er hatte viel mehr Macht als die Spieler heute.

SPORT1: Was ist für Deutschland 2021 drin?

Babbel: Ich sehe nicht diesen einen Topfavoriten. Es gibt fünf, sechs Nationen, die die Qualität haben, dieses Turnier zu gewinnen. Und dazu drei, vier Geheim-Favoriten. Wenn die in einen Flow kommen, dann ist Vorsicht geboten. Es wird eine extrem spannende Europameisterschaft.

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