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Spanien deklassiert Deutschland: Was Luis Enrique beim Umbruch besser macht

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Spanien deklassiert Deutschland: Was Luis Enrique beim Umbruch besser macht

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Wie Spaniens Umbruch besser gelingt

Wie das DFB-Team hat auch Spanien enttäuschende Jahre hinter sich. Das 6:0 ist ein Zeichen des geglückten Umbruchs und ein Befreiungsschlag für Luis Enrique.
Luis Enrique spricht nach der 6:0-Klatsche über die deutsche Aufstellung und verrät, was Spanien besser gemacht hat.
Maximilian Lotz
Maximilian Lotz
von Maximilian Lotz

Luis Enrique musste zu seinem großen Glück gezwungen werden.

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Es lief erst die neunte Minute im bis dahin torlosen Duell mit der deutschen Nationalmannschaft, als sich Spaniens Mittelfeldmann Sergio Canales plötzlich an den Oberschenkel griff.

Der 28-Jährige von Betis Sevilla zählt in der stark verjüngten "Furia Roja" aufgrund seines Alters schon zu den Routiniers. Als Ersatz für den etatmäßigen Eckenschützen brachte Nationalcoach Enrique: Fabián Ruiz, ausgebildet ebenfalls bei Betis und seit 2018 Dirigent im Mittelfeld der SSC Neapel.

Und vor allem: der personifizierte Albtraum der deutschen U21-Nationalmannschaft.

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Mit einem Tor und einer Vorlage war der 24-Jährige im vergangenen Jahr beim 2:1-Finalsieg bei der U21-EM der entscheidende Mann gegen die deutschen Junioren um die heutigen A-Nationalspieler Luca Waldschmidt, Jonathan Tah, Benjamin Henrichs und Florian Neuhaus. Die vier wurden am Mittwoch von Bundestrainer Joachim Löw eingewechselt, konnten das 0:6-Debakel aber auch nicht mehr verhindern.

Junioren-Europameister Fabián Ruiz und Ferrán Torres schocken DFB-Team

Fabián war auf Seiten der Spanier mit drei Assists (zwei Ecken und eine lässige Außenrist-Ablage) nur einer der Protagonisten. Vor allem Dreierpacker Ferrán Torres glänzte und wurde von der Presse für seine "spektakuläre" Vorstellung (Sport) gelobt.

Im Sommer war der schussstarke Angreifer für 23 Millionen Euro vom FC Valencia zu Manchester City gewechselt, wo der 20-Jährige bislang in jedem der drei Champions-League-Spiele traf. Im Vorjahr schoss der Youngster Spaniens U19 mit einem Doppelpack gegen Portugal quasi im Alleingang zum EM-Titel.

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Komplettiert wird die stark verjüngte Achse in der Selección von Pau Torres (23/FC Villarreal) in der Innenverteidigung, Rodri (24/Manchester City) auf der Sechs und den beiden U21-Europameistern Dani Olmo (22/RB Leipzig) und Mikel Oyarzabal (23/Real Sociedad), der zum Endstand traf. Zudem deutet sich im Tor eine Wachablösung an: Der 23-jährige Unai Simón von Athletic Bilbao verdrängte ManUnited-Keeper David de Gea (30) auf die Bank.

Enrique: "Ich schaue nicht auf das Alter"

"Ich habe kein Problem, den Jungen zu vertrauen. Ich schaue nicht auf das Alter, ich will auch niemandem gefallen", sagte Enrique, der selbst im Alter von 20 Jahren sein erstes von insgesamt 62 Länderspielen bestritt, im Vorfeld der Partie.

Hinterher sah er sich bestätigt. "Die Spieler wissen genau, welche Fähigkeiten sie haben", sagte der 50-Jährige. "Es ist eine Bestätigung für die Spieler. Wir sind wieder in der Erfolgsspur. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Moment zu genießen."

Zugleich war das 6:0 ein Statement gegen die wachsende Kritik, die nach zuvor drei sieglosen Spielen in Serie immer lauter geworden war. Einer der Hauptvorwürfe vor dem Sechs-Tore-Rausch gegen die Deutschen lautete übrigens: zu wenig Torgefahr.

DFB-Team: Die PK mit Jogi Löw nach dem 0:6 vs. Spanien in voller Länge
07:23
Die Löw-PK nach dem Debakel in voller Länge

"Wir wissen, in welchem Land wir leben. Wir akzeptieren die Kritik, wir ignorieren eine Menge davon", erklärte Enrique. "Ich denke nicht, dass die Kritik unfair war. Wir müssen wissen, wie wir damit und mit Meinungen leben können."

Enrique leitet Neuaufbau nach WM-Trauma 2018 ein

Als Enrique 2018 den Job als Nationaltrainer antrat, lag die stolze spanische Fußballnation am Boden. Das Chaos bei der WM in Russland begann mit der Entlassung Julen Lopeteguis kurz vor dem ersten Spiel, weil dieser sein anstehendes Engagement bei Real Madrid öffentlich gemacht hatte. Unter Interimstrainer Fernando Hierro scheiterte La Roja im Achtelfinale sang- und klanglos an Gastgeber Russland.

Enrique krempelte seither den Kader um, verpasste dem Team eine Verjüngungskur. Im Spiel gegen Russland lag das Durchschnittsalter des spanischen Kaders bei 28,04 Jahren, das Aufgebot gegen Deutschland war im Schnitt 25,48 Jahre alt. Barcas Wunderkind Ansu Fati, der wegen einer Knie-OP noch knapp vier Monate fehlt, hätte den Schnitt noch weiter gedrückt.

Viel wurde vor dem Duell mit dem DFB-Team über den einzigen Ü30-Akteur auf dem Rasen geschrieben: Sergio Ramos. Der 178. Einsatz von Europas Rekordnationalspieler endete wegen Oberschenkelproblemen noch vor der Pause. Für den 34 Jahre alten Routinier kam der erst 19-jährige Eric García. Welch ein Sinnbild für den Umbruch.

Spaniens Selección: Vielfalt statt Real- und Barca-Dominanz

Und noch etwas fällt beim Blick auf den spanischen Kader auf: Bei der WM in Russland standen in jeder Startelf zehn Spieler, die entweder beim FC Barcelona oder bei Real Madrid ihr Geld verdienten. Für die aktuelle Länderspielperiode nominierte Enrique nur je zwei Profis der beiden spanischen Topklubs - genauso viele wie von Atlético, Real Sociedad, Athletic Bilbao und Villarreal.

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Auch Ramos, neben Sergio Busquets der letzte verbliebene 2010er-Weltmeister, lobte zuletzt die Entwicklung der nächsten Generation. "Viele sind noch sehr jung, haben aber trotzdem schon eine Menge Erfahrung", sagte Ramos.

An großen Talenten mangelt es auch dem deutschen Fußball nicht. Kai Havertz verpasste die jüngsten Länderspiele wegen einer Corona-Erkrankung. Mit dem 17-jährigen Florian Wirtz, der aktuell schon bei der U21 spielt, steht der nächste hoch gehandelte Youngster vor dem Sprung ins A-Team.

Spaniens Umbruch nach WM-Debakel ein Vorbild?

Der seit dem WM-Fiasko in Russland viel proklamierte Umbruch hat sich aber im DFB-Team aus unterschiedlichen Gründen noch nicht so recht vollzogen. Gladbachs Shootingstar Neuhaus empfahl sich im Test gegen Tschechien zuletzt als echte Alternative, saß aber gegen die Ukraine nur auf der Bank und wurde in Spanien erst eingewechselt, als es schon zu spät war.

Im Mittelfeld vertraut Löw weiterhin den Routiniers Toni Kroos und Ilkay Gündogan. Das für sein schnelles Umschaltspiel zuletzt gelobte Offensiv-Trio um Serge Gnabry, Leroy Sané und Timo Werner hängt in der Luft. Das fragile, immer wieder durcheinandergewirbelte Gebilde, das sich in einem komplizierten Länderspieljahr gerade wieder etwas Selbstvertrauen erarbeitet hatte, fiel nach dem ersten Gegentreffer wie ein Kartenhaus zusammen.

"Wir haben von der ersten Minute an die Initiative übernommen", sagte Spaniens Dreierpacker Torres, "wir haben sie aus dem Spiel genommen und wir sind glücklich mit der Leistung".

Eine Entschlossenheit, die sich die deutsche Nationalmannschaft nur zum Vorbild nehmen kann.