Gleich mehrere Spieler stellten nach der bitteren 2:4-Pleite im Rückspiel der EM-Qualifikation gegen die Niederlande naives Defensiv-Verhalten fest.
Routinier-Alarm im DFB-Team
Auffällig: Niemand auf dem Platz bekam die strauchelnde DFB-Defensive in den Griff. Viele Spieler (Jonathan Tah, Nico Schulz, Matthias Ginter) hatten mit sich selbst zu kämpfen. Auch Niklas Süle, der neue Abwehrboss, konnte die vier Gegentreffer nicht verhindern.
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Erkenntnisse, die anschließend einmal mehr die Frage aufwarfen, ob der jungen Elf von Bundestrainer Joachim Löw nicht doch ein erfahrener Abwehrspieler fehlt.
Wiederholt wurden daher Rufe nach Mats Hummels laut, der von Löw vor Monaten allerdings sein DFB-Aus mitgeteilt bekam.
Eines, bei dem es vorerst bleiben wird, denn Löw will den Umbruch vorantreiben – ohne Hummels. Wobei der Dortmunder Neuzugang eine Rückkehr in die Nationalmannschaft nach SPORT1-Informationen nicht ausschließt. Sein Ansporn: Dauerhaft zu zeigen, dass er noch Top-Leistungen auf höchstem Niveau bringen kann. In der Rückrunde, nach der DFB-Ausbootung, gelang ihm das beim FC Bayern.
Braucht es hinten einen alten Hasen?
Oliver Bierhoff, Direktor Nationalmannschaften und Akademie, trug die Entscheidung von Löw, neben Hummels auch die Routiniers Jérôme Boateng und Thomas Müller auszumustern, einst mit. Er wehrt sich gegen die Erfahrungsdebatte. "Im letzten Herbst war viel Erfahrung auf dem Platz und trotz Erfahrung haben wir blöde Tore kassiert", sagte Bierhoff auf SPORT1-Nachfrage. Der 51-Jährige erinnerte an die 0:3-Pleite im Oktober 2018 in der Nations League, bei der Boateng und Hummels in der Startelf standen - und in der Innenverteidigung, wie der Rest des Teams, eine ganz schwache Leistung zeigten.
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Bierhoff will die erneute Niederlage gegen die Niederlande "nicht alleine auf die Erfahrung ziehen. Es war einfach zu viel Passivität da und ein bisschen Angst." Allerdings räumt auch er ein, dass man Hollands Offensive "mit einer absolut ruhigen Erfahrung und einer Top-Klasse" vielleicht in den Griff hätte bekommen können.
Manuel Neuer wich der Frage nach dem Bedarf eines erfahrenen Verteidigers diplomatisch aus. Der Kapitän stellt aber fest, dass "uns natürlich die Abgezocktheit gefehlt hat. Auch als wir 3:2 zurückgelegen haben". Sein Vorwurf: Im Hinblick auf den direkten Vergleich hätte man "cleverer" sein müssen.
Warten auf Rüdiger-Rückkehr
Zu mehr Cleverness könnte zukünftig wieder Antonio Rüdiger verhelfen, der nach langer Verletzung noch nicht nominiert wurde. Beim FC Chelsea ist er unangefochtener Stammspieler. Im DFB-Dress allerdings konnte er seine Qualitäten noch nicht regelmäßig unter Beweis stellen, wirkte in vielen seiner Einsätze unsicher.
Dennoch: Rüdiger und Süle werden die DFB-Defensive in den kommenden Monaten anführen müssen. Löw vertraut ihnen.
Jungspunde wie die Innenverteidiger Tah und Niklas Stark müssen weiter dazulernen, aber zeitnah beweisen, dass sie höchsten Ansprüchen der DFB-Auswahl genügen.
"Ich bin drei Jahre dabei und habe viel geguckt. Jetzt muss ich meine eigenen Erfahrungen sammeln, wir alle müssen unsere eigenen Erfahrungen sammeln", sagte Tah im SPORT1-Gespräch.
Rückkehr zur Viererkette?
Löw muss es bereits gegen Tabellenführer Nordirland schaffen, die Defensive merklich zu festigen. Möglich ist, dass er am Montag in Belfast (EM-Qualifikation: Nordirland - Deutschland, ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) zur Viererkette zurückkehrt, nachdem Schulz wegen eines Bänderanrisses in der linken Fußwurzel vorzeitig abgereist ist. Marcel Halstenberg oder der erfahrene Jonas Hector links, Süle und Ginter in der Innenverteidigung, sowie Lukas Klostermann auf der rechten Seite könnten diese bilden.
"In Nordirland wird es brennen. Alles andere als ein Sieg kommt für uns nicht in Frage", warnte Marco Reus.
Die Frage nach Erfahrung stellt sich vorerst also nicht, denn erstmal sind Punkte gefragt. Patzt die DFB-Elf aber auch gegen die Nordiren, werden die Defensiv-Klagen gewiss nicht kleiner werden.
Übrigens: Mut, dass es zukünftig in der deutschen Verteidigung nicht weiterrumpelt, macht ausgerechnet Holland-Kante Virgil van Dijk. Europas Fußballer des Jahres über Löws Kader: "Sie haben gute Verteidiger und spielen alle für gute Teams."
Manchmal ist aber gut nicht gut genug.