"Man kann die Bayern auch an den Rand der Niederlage bringen", sagte Martin Hinteregger am Mittwochabend, nur wenige Minuten nach Abpfiff des Pokalhalbfinals in München.
Wie verwundbar ist der FC Bayern?
Auch Frankfurts Trainer Adi Hütter berichtete auf SPORT1-Nachfrage von der Erkenntnis, dass die Münchner in der zweiten Hälfte "Nervosität gezeigt" hätten.
Doch das änderte nichts daran, dass der FC Bayern durch den 2:1-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt trotzdem zum 24. Mal in das Pokalfinale einzog, trotz einer schwachen zweiten Hälfte und dem Fazit von Thomas Müller in der ARD, dass es "eines der pomadigsten Halbfinals" gewesen sei, die er je "in Erinnerung" gehabt habe.
Wie schlagbar ist der FC Bayern?
Bleibt die Frage, was die zweiten 45 Minuten über die Münchner aussagen?
Sind die Bayern müde und könnten am kommenden Samstag gegen eine ausgeruhte Mönchengladbacher Borussia (Bundesliga: FC Bayern München - Borussia Mönchengladbach, Sa., ab 18.30 Uhr im LIVETICKER) erstmals seit dem Re-Start verlieren? Oder haben die Münchner schlichtweg gezeigt, dass sie menschlich sind?
Fast schon angsteinflößend ist der Lauf des deutschen Rekordmeisters unter Cheftrainer Hansi Flick. Seit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs gab sein Team noch überhaupt keine Punkte ab.
Im 21. Pflichtspiel in Folge sind die Münchner nun unbesiegt (20 Siege, ein Remis). Der FCB spielt dominant und ist eingespielt. Der bisherige Eindruck: Machen die Bayern ernst, ist der Gegner chancenlos – bis sich die Zweite-Halbzeit-Eintracht zu Wort meldete.
Bayern geht die Kraft aus
Verängstigt und müde, so hatte es den Anschein, waren die Frankfurter in das Pokalhalbfinale gestartet.
Die Bayern waren bissig, pressten hoch, ließen aber gleich mehrere Top-Chancen liegen. Erst nach dem Pausenpfiff wachten die Gäste auf, spielten mit, trauten sich etwas zu, waren aggressiver und glichen aus. Die Bayern antworteten allerdings prompt, aber erweckten seit vielen Wochen erstmals den Eindruck, den Abpfiff mangels Dominanz herbeizusehnen.
"Wir waren durchaus pomadig, auch müde und geschlaucht von den letzten Wochen”, resümierte Müller, der durch seine Torvorlage zum 1:0 durch Robert Lewandowski in 55 Pokal-Spielen nun an 50 Toren direkt beteiligt war (32 Tore, 18 Assists). Eine Marke, die seit der Erfassung von Assists 2008/09 noch kein Spieler geknackt hat.
Der Ur-Bayer sprach davon, dass sich das Bayern-Spiel in Halbzeit zwei gar "verschlimmert" habe. "Wir waren unsauber, wie wir es von uns nicht gewohnt sind", kritisierte der Ex-Nationalspieler.
Tatsächlich fiel es ihm und seinen Mitspielern schwer, die Bälle zu halten. Zudem stieg die Fehlpassquote. Kritikpunkte, die Flick auch schon in den Vorwochen ansprach. Die mangels Mut oder Können des Gegners aber nie konsequent bestraft wurden.
"Wir sind ins Schwimmen gekommen"
Das Spiel der Bayern änderte sich aber auch durch die Wechsel. Thiago sorgte im Zentrum nicht für Sicherheit, Lucas Hernández muss sich erst noch an FCB-Abläufe als Linksverteidiger gewöhnen.
Flick sagte nach Abpfiff: "Wir haben zu wenig den Ball laufen lassen und sind das eine oder andere Mal ins Schwimmen gekommen."
Überbewerten wollte der Cheftrainer, der sich zuvor darüber beklagt und es als "unglücklich" bezeichnet hatte, dass das Pokalhalbfinale nach dem schweren Spiele gegen Bayer 04 Leverkusen (4:2), dem Final-Gegner am 4. Juli in Berlin, und vor den Bundesliga-Kracher gegen Mönchengladbach gelegt wurde, indes nicht: "Wir haben einen Riesenlauf, da kann man die zweite Halbzeit auch einfach mal hinnehmen."
Macht es Gladbach wie Frankfurt?
Die Gladbacher sollten sich den 45-Minuten-Mut-Auftritt der Frankfurter jedenfalls genau anschauen, wollen sie am Samstagabend Zählbares aus München mitnehmen und den Meisterschaftskampf noch am Leben erhalten.
Flick jedenfalls bezeichnet den kommenden Gegner als "nächsten Brocken", für den die Bayern alle "Kräfte mobilisieren" müssten.
Gelingt dies nicht, dürfte auch die Borussia eine Chance erhalten, die Bayern zu gefährden.