Durchschnittlich 220 Sprints absolviert eine Bundesligamannschaft in dieser Saison pro Spiel.
Schlüter: Cans Grätsche ein Signal
Der BVB brachte es am Freitagabend beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt nur auf 213 solcher Tempoläufe.
Doch es war ein einziger Sprint, der allen Fans und Verantwortlichen symbolisierte, dass der BVB offensichtlich verstanden hat, worauf es ankommt:
Beim Stand von 0:0, nach gerade einmal vier gespielten Minuten, eroberten die Gäste aus Hessen gegen hoch aufgerückte Borussen den Ball. Eine Gefahrensituation, wie der BVB sie in den vergangenen Wochen zig mal erlebt und zu selten verhindert hatte.
Ganze sieben Gegentore hatte Dortmund in den vorherigen beiden Partien schlucken müssen, erstmals in dieser Saison setzte es zwei Pflichtspielniederlagen in Folge. Nun war da also wieder ein solcher Umschaltmoment. Ausgerechnet Frankfurts Filip Kostic, dessen Sprintfähigkeit eine eigene Debatte über Tempolimit verdient hätte, war auf dem linken Flügel bereits in Position gelaufen.
Can-Tackling hätte Capitäl Bra inspirieren können
Der Pass auf den Serben war gut getimt, die Lücke auf Dortmunds rechter Defensivseite groß, doch auf einmal setzte ein schwarz-gelber Neuzugang zur Verfolgungsjagd an. Emre Can, der nach dem 3:4 in Leverkusen öffentlich mehr defensive Härte gefordert hatte, sprintete aus seiner zentralen Position in Richtung Kostic.
Im eigenen Strafraum, unmittelbar vor der mächtigen Südtribüne, erreichte Can den abschlussbereiten Kostic und grätschte ihm den Ball vom Fuß. In höchstem Tempo. Hart, robust, mit voller Leidenschaft. Capital Bra hätte einen eigenen Rapsong über dieses Tackling schreiben können.
Am Dienstag moderiert Alexander Schlüter das Champions-League-Achtelfinale zwischen Borussia Dortmund und Paris Saint-Germain live auf DAZN. Schlüter ist eines der Gesichter bei DAZN, das mit dem Erwerb der Bundesliga-Live-Rechte von Eurosport aufhorchen ließ. Neben der Champions League überträgt DAZN unter anderem die Freitagsspiele der Bundesliga.
Ich saß nicht weit entfernt auf der Pressetribüne und bildete mir ein, den Funken, der in diesem Moment zwischen Team und Fans übersprang, kurz mit eigenen Augen gesehen zu haben. Später schoss Dortmund vier Treffer und gewann das Spiel souverän gegen harmlose Frankfurter. Doch es war diese eine Defensivszene zu Beginn des Spiels, die Hoffnung macht, dass der BVB auch die kommenden Aufgaben bewältigen kann.
Neymar und Mbappe gegen die gelbe Wand des BVB
Mit der Rückkehr von Thomas Tuchel könnte die nächste Herausforderung nicht viel größer sein. Denn der Ex-Borussia-Coach reist mit Weltstars wie Neymar und Mbappé im Gepäck in die alte Heimat. PSG ist auf dem Weg zur siebten Meisterschaft in acht Jahren.
Der Vorsprung in der französischen Liga ist so deutlich, dass Tuchel sich seit Wochen erlauben kann, seine Topleute regelmäßig zu schonen. Doch ebenso konstant, wie sie zuletzt die heimische Liga dominiert haben, sind sie in den vergangenen Jahren aus der K.o.-Phase der Königsklasse ausgeschieden.
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In den letzten drei Spielzeiten schied das Starensemble sogar schon im Achtelfinale aus und enttäuschte dabei Anhänger und Geldgeber gleichermaßen.
Genau hier könnte die Chance des BVB liegen. Die Pariser sind schlagbar, man muss sie nur daran erinnern. Lässt man PSG spielen, dann tun die Franzosen das mit einer Leichtigkeit, wie sie in ganz Europa wohl unerreicht ist. Der BVB hat allerdings das Potenzial, zum nächsten Spielverderber zu werden. Er muss dafür aber schon im Hinspiel mutig genug auftreten.
Die Präsenz in den Zweikämpfen, ebenso wie ein selbstbewusstes Auftreten in Ballbesitz kann die in der Gruppenphase ungeschlagenen Gäste aus ihrer Komfortzone holen – erst recht, wenn das Auftreten der Dortmunder Mannschaft sich mit der Stimmung auf den Tribünen potenziert.
Wie mächtig die schwarz-gelbe Euphoriewelle in solch einem Fall werden kann, bekam unter anderem Inter Mailand zu spüren, das in der Gruppenphase nach einer 2:0-Pausenführung überrollt wurde und sich noch 2:3 geschlagen geben musste.
PSG ist nicht Eintracht Frankfurt
Natürlich sollte niemand den Fehler machen, so eine einzelne Halbzeit oder auch das gesamte Spiel vom vergangenen Freitag überzuinterpretieren.
Zu wechselhaft waren die Dortmunder Leistungen im bisherigen Saisonverlauf. Die Gemeinsamkeiten von Frankfurt und den Franzosen enden nach den ersten vier Buchstaben.
Allein Neymars Friseur verdient vermutlich mehr als die Eintracht-Spieler zusammen. Und doch kann Dortmund die wichigsten Schlüsse aus dem Ligasieg ziehen: Der Glaube an die eigenen Stärken und die bedingungslose Arbeit eines jeden Einzelnen für den Erfolg der Mannschaft.
Das kann sich in 90-minütigem Kampf und vielen Kilometern Laufstrecke widerspiegeln, manchmal aber auch nur in einem einzigen Sprint...