Dass Schalke 04 von Stadionbesuchern triftige Gründe verlangt, damit das Eintrittsgeld angesichts der Geisterspiele in der Bundesliga überhaupt zurückgezahlt werden kann, verdient keine Häme, sondern Mitleid. Sowas machen Vereinsverantwortliche nur, denen das Wasser bis zum Hals steht.
Schalke verdient keine Häme
© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Getty Images/Imago
Denn eines muss man Schalke 04 hoch anrechnen: Der Verein hat immer für seine treuen Fans gelebt und nicht für schnöden Mammon. Wenn jetzt die Formulierungen im sogenannten Härtefall-Antrag verrutscht sind, ist das Ausdruck der prekären Lage: Die Liquidität ist in Gefahr.
Die Entschuldigung kam noch am selben Tag und kann den Schaden schwerlich reparieren, der mit der Enthüllung des Schreibens gestern im Internet entstanden ist: Nun sieht wirklich jeder, wie es um den FC Schalke bestellt ist. Der peinliche Vorgang ist noch das kleinste Problem.
Schalke-Auftritte lassen an Zukunftsfähigkeit zweifeln
Bisher konnte der Verein immer mit dem Verweis durchkommen, dass den fast 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten ja Vermögenswerte entgegenstehen. Dass über eine Ausgliederung der Profiabteilung nachgedacht wird, ließ dagegen erahnen: Da muss jemand ans Tafelsilber, um die Party zu bezahlen.
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Wer nicht imstande ist, seinen Anhang nach der Coronakrise schadlos zu halten, hat wohl kaum das nötige Kleingeld, um die kriselnde Mannschaft aufzurüsten und wetterfest in die neue Saison zu schicken. Erfolgreiche Kaderplanung kostet mehr, als die Stadioneinnahmen einbringen.
Die Mannschaft legte zuletzt Auftritte hin, die an der Zukunftsfähigkeit zweifeln lassen. Man müsste einige Spieler ersetzen. Aber in der kommenden Spielzeit fehlen die Einnahmen aus dem Europapokal. Und wie es aussieht: auch danach. Dem großen FC Schalke 04 stehen schwere Zeiten bevor.
Ausgliederung erhöht Wahrscheinlichkeit auf Erfolg
Natürlich muss Schalke 04, allen Ankündigungen aus der Vergangenheit zum Trotz, über eine Ausgliederung der Profiabteilung nachdenken. So schön der feste wie romantische Glauben am Fortbestand als "e.V." (eingetragener Verein) auch ist: Die Zeiten haben sich geändert.
Schalke kommt eben nicht mehr, siehe oben, in schöner Regelmäßigkeit an die Fleischtöpfe des Profifußballs heran. Da helfen keine guten Absichten mehr: Man muss die folgenschwere Entscheidung über die künftige Rolle in der Bundesliga treffen. Betteln um Anerkennung reicht nicht.
Will man weiterhin wie andere Traditionsvereine im Mittelmaß dümpeln (wie zum Beispiel Werder Bremen) und sogar den Klassenerhalt riskieren (wie zum Beispiel der VfB Stuttgart)? Oder sieht man sich im Verbund mit Top-Klubs wie Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen an der Spitze?
Die zweite Option verlangt Konsequenzen. Eine Ausgliederung garantiert zwar keinen Erfolg (siehe Hamburger SV), aber erhöht - nicht mehr, nicht weniger - zumindest die Wahrscheinlichkeit auf bessere Zeiten und schenkt ein bisschen Hoffnung. Der Status quo tut das nicht.
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