Welch großen Einfluss frenetische Fans auf die Leistung der Spieler auf dem Rasen haben können, davon kann wohl jeder Profi-Fußballer die ein oder andere Geschichte erzählen.
Wie sich Geisterspiele auswirken
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In der Champions League sind beispielsweise die Akteure des FC Barcelona absolute Experten in diesem Themengebiet, da sie heftige Auswärtspleiten regelmäßig mit noch höheren Heimsiegen ausbügeln.
Im vergangenen Jahr feierte der FC Liverpool an der heimischen Anfield Road ein unglaubliches Comeback, als das Team von Trainer Jürgen Klopp – von den enthusiastischen Reds-Fans nach vorne gepeitscht - einen 4:0-Sieg gegen Barca feierte und die 0:3-Niederlage aus dem Hinspiel in Barcelona noch drehte.
Auch in Deutschland ist der Heimvorteil allgegenwertig. Am Mittwoch stieg nun wegen der Corona-Epidemie das erste Geisterspiel der Bundesliga, am Wochenende folgt der erste Geisterspieltag. Eine Entspannung der undurchsichtigen Lage ist nicht in Sicht.
Nun stellt sich die Frage: Wie groß ist der Nachteil für die Heimmannschaften?
Heimvorteil in der Bundesliga offensichtlich
In der laufenden Bundesliga-Saison haben nur drei Mannschaften (Werder Bremen, der SC Paderborn und Hertha BSC) auswärts mehr Punkte gesammelt als im heimischen Stadion.
In 223 Spielen gab es 94 Heimsiege, was eine Siegquote von 42 Prozent bedeutet. 35 Prozent der Spiele endeten mit einem Gäste-Erfolg und 23 Prozent mit einem Remis. 2018/19 und 2017/18 lag die Quote für Heimsiege sogar bei 45 Prozent.
In fast jedem zweiten Spiel darf nach Abpfiff also die heimische Mannschaft feiern, der Heimvorteil ist klar ersichtlich.
Bislang sechs Geisterspiele in Deutschland
Im deutschen Profi-Fußball kam es bislang zu sechs Geisterspielen. Drei davon fanden in der 2. Liga statt und drei in der 3. Liga. Gründe für die Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit waren jeweils Ausschreitungen und/oder anderes Fehlverhalten der Fans. Die Heimmannschaften entschieden zwei dieser Spiele für sich, die restlichen vier endeten mit einem Unentschieden.
Im europäischen Wettbewerb gab es vier Geisterspiele mit deutscher Beteiligung. Die deutschen Klubs waren jeweils die Gäste und haben – rein ergebnistechnisch – gute Erinnerungen an die Partien.
2018 siegte Eintracht Frankfurt (2:1 bei Olympique Marseille) in der Europa League und 2014 der FC Bayern (1:0 bei ZSKA Moskau), sowie 2013 Schalke 04 (3:2 bei PAOK Saloniki) in der Champions League. Bayer Leverkusen holte 2004 in der Königsklasse beim AS Rom immerhin ein 1:1.
Beeinflussen die Geisterspiele das Meisterrennen?
Bei den Geisterspielen in Deutschland beträgt die Heimsieg-Quote also nur 33 Prozent, allerdings darf bei nur sechs Spielen natürlich nicht von einem repräsentativen Wert gesprochen werden.
Aufgrund der Statistik ist trotzdem davon auszugehen, dass Geisterspiele einen Nachteil für die Heimmannschaft bedeuten. Es kommt also zu einer Wettbewerbsverzerrung, da die Hinspiele logischerweise allesamt vor Zuschauern stattgefunden haben.
Manche Klubs dürfte das härter treffen als andere. Eintracht Frankfurt, das für eine besonders leidenschaftliche Anhängerschaft bekannt ist, holte zu Hause 21 Punkte. Auswärts sammelte die Eintracht nur sieben Zähler, weniger als alle anderen Bundesliga-Teams.
Borussia Dortmund gilt vor der Gelben Wand ebenfalls als besonders Heimstark. In dieser Spielzeit hat der BVB als einziges Team noch kein Spiel im eigenen Stadion verloren, in der Fremde hingegen deren vier. Ausgerechnet im normalerweise so hitzigen Revierderby gegen den FC Schalke 04 muss die Borussia am Samstag auf die Anhänger verzichten.
Die Schwarz-Gelben sind von dem Antrieb ihrer frenetischen Fans traditionell mehr angewiesen, als das beispielsweise der FC Bayern ist.
Der deutsche Rekordmeister hat in dieser Spielzeit in der Allianz Arena (13 Spiele) 29 Punkte geholt, nach den bisherigen 12 Auswärtsspielen brachten das beste Auswärtsteam der Liga 26 Zähler zurück an die Säbener Straße.
Die kommenden Geisterspiele könnten also auch den Titelkampf der Bundesliga beeinflussen.