Werder Bremen taumelt nach der neunten Niederlagen in den letzten zehn Spielen dem Abstieg entgegen. Gegen Dortmund, das die Norddeutschen vor knapp drei Wochen noch völlig überraschend aus dem DFB-Pokal gekegelt hatten, fehlte - wie so oft in dieser Saison - die offensive Durchschlagskraft.
Das Bremer Dilemma mit Kohfeldt
Der Abgang von Max Kruse hat ein großes Loch hinterlassen. Das Experiment mit Yuya Osako als neuem Dreh- und Angelpunkt des Spiels ging nicht auf, was auch daran liegt, dass zahlreiche Eckpfeiler aus der vergangenen Saison wie Maximilian Eggestein oder Davy Klaassen ihrer Form hinterherlaufen.
Dennoch stellt sich die Trainerfrage weiterhin nicht am Osterdeich - zu groß ist das Vertrauensverhältnis zwischen Cheftrainer Florian Kohfeldt, Geschäftsführer Sport Frank Baumann und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Marco Bode. Ob der Turnaround angesichts der aktuellen Negativserie gelingt und der erste Abstieg seit 1980 abgewendet werden kann, ist mehr als fraglich.
Die Nibelungentreue zu Kohfeldt veranlasste Alex Zorniger, Ex-Trainer von RB Leipzig und VfB Stuttgart, dem krisengebeutelten Klub im CHECK24 Doppelpass einen außergewöhnlichen Vorschlag zu unterbreiten, den WDR-Journalist Stephan Kaußen, ein ehemaliger Bremer Stadionsprecher, mit einer ganz bestimmten Personalie umsetzen würde.
Zorniger: Erst ein Feuerwehrmann, dann wieder Kohfeldt
"Warum nicht einfach mal sagen: Im Moment glauben wir nicht mehr, dass du den Turnaround noch hinbekommst. Wir suchen den klassischen Feuerwehrmann, aber wir wissen, dass er der richtige Trainer für den Verein ist und dass er im Sommer wieder einsteigt", sagte Zorniger.
Denn dass Kohfeldt weiterhin "eines der ganz großen Trainertalente" ist, ist für den 52-Jährigen unbestritten. Auch SPORT1-Experte Marcel Reif hat eine hohe Meinung von Florian Kohfeldt, warnt den Klub aber gleichzeitig vor zu extremer Nibelungentreue.
"Das ist ein empathischer, intelligenter, ein höchst angenehmer Typ mit einer klaren Vorstellung von Fußball. Ich halte ihn auch für ein ganz großes Trainertalent. Aber es kann der Moment kommen, wo nur noch Aktionismus hilft. Und in Bremen, fürchte ich, laufen sie schnurstracks auf diesen Punkt zu. Irgendwann musst du einen Impuls setzen", appelliert der 70-Jährige.
Anlässlich des Dilemmas um Kohfeldt stellte sich Armin Veh, Ex-Sportchef beim 1. FC Köln, die entscheidende Frage: "Wen findet man denn, der sagt, dass er es für drei Monate macht?"
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Werder-Legende als Interimslösung?
Kaußen hatte darauf eine konkrete Antwort. "Ich hoffe, er verzeiht es mir, dass ich ihn wieder ins Spiel bringe - Thomas Schaaf, für zwei bis drei Monate. Warum nicht Kohfeldt mal aus der Schusslinie nehmen und dann strukturiert mit ihm weiterarbeiten?"
Schaaf ist derzeit als Technischer Direktor im Verein tätig und kümmert sich hauptsächlich um die Entwicklung der Nachwuchstalente. Schaaf hat bewiesen, dass er erfolgreich an der Weser arbeiten kann. Mit dem Klub, bei dem er von 1999 bis 2013 eine Ära prägte, gewann er 2004 die Meisterschaft und darüber hinaus dreimal den DFB-Pokal.
Doch kann der Meistertrainer auch Abstiegskampf? Ja. Bereits in seinem ersten Jahr als Cheftrainer an der Weser rettete er den Klub vor dem drohenden Abstieg - und holte am Ende sogar noch den DFB-Pokal. Auch in der Spielzeit 2010/11, in der der verletzungsgeplagte Verein in eine Negativspirale geriet, vertraute Werder bis zum Ende auf Schaaf - mit Erfolg. 2013 trennten sich dann die Wege, obwohl der gebürtige Mannheimer wiederum die Klasse hielt.
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Schaaf schließt Trainer-Rückkehr kategorisch aus
Auf den ersten Blick würde nichts gegen eine Rückkehr des Erfolgstrainers sprechen. Doch bei näherer Betrachtung ist sie quasi ausgeschlossen.
Ende des Jahres 2019 kehrte Schaaf nochmal auf die Trainerbank zurück - als Aushilfs-Co-Trainer ersetzte er Björn Dreyer bei der U23, der mit einem Achillessehnenriss ausfiel. Doch schon zu diesem Zeitpunkt offenbarte der 58-Jährige, dass er keinerlei Ambitionen habe, bei Werder noch einmal im Rampenlicht zu stehen: "Da ist meine Haltung doch bekannt", positioniert sich der gebürtige Mannheimer gegenüber der Deichstube.
Einen Cheftrainer seiner Aufgaben zu entbinden, um für einen Impuls zu sorgen, nur um ihn dann zur neuen Saison wieder einzustellen, wäre revolutionär. Dass dies in Bremen passieren wird, ist angesichts des innigen Verhältnis' zwischen den Führungskräften und Kohfeldt nicht auszuschließen - eine Interimslösung mit Schaaf allerdings schon eher.