Als Davy Klaassen zum Interview bei Sky vortrat, erzählte sein Gesichtsausdruck die ganze Geschichte von der grün-weißen Situation.
Werder geht historisch baden
"Ich komme hierhin, aber eigentlich habe ich nicht so viel zu sagen", erklärte der sichtlich um Worte ringende Niederländer nach der historischen 0:5-Blamage gegen Mainz 05.
Hunderte Fans hatten schon zur Halbzeit das Weserstadion verlassen: Nach einer erneut indiskutablen Leistung wird die Abstiegsgefahr für Werder Bremen immer realer. Als wäre die 1:6-Schlappe beim FC Bayern nicht genug gewesen, wanken die Hanseaten nun in desolater Verfassung der zweiten Liga entgegen.
Baumann: "Nichtleistung"
"Ich bin sprachlos", sagte Geschäftsführer Frank Baumann nach der Partie bei Sky. "So eine Nichtleistung kann ich mir nicht erklären. Wie wir Gegentore bekommen, ist unfassbar. Wir sind leblos auf dem Platz."
Dennoch könne die Mannschaft Abstiegskampf, betonte Baumann und beteuerte zugleich: "Es gibt über Florian (Florian Kohfeldt; Anm d. Red.) keine Diskussion. Aktuell ist die Mannschaft gefordert."
"Die erste Halbzeit war unerklärlich, es war eine katastrophale Leistung", sagte Kohfeldt. "Insgesamt kann man nur von einem sehr, sehr schlechten Heimspiel sprechen. Besonders von der Bereitschaft her war das einfach zu wenig."
Torgarant für die besonders spielerisch überzeugenden Gäste war Robin Quaison, der in der zehnten, 19. und 38. Minute traf. Dazwischen lag ein Eigentor von Werder-Schlussmann Jiri Pavlenka (15.), als nach einer verunglückten Abwehraktion von Milos Veljkovic der Ball vom Pfosten an den Rücken des Keepers und von dort über die Torlinie prallte.
Kurz vor Schluss traf auch noch Jean-Philippe Mateta (81.). (Tabelle der Bundesliga)
"Es ist unerklärlich, warum wir nach dem 0:1 komplett den Faden verloren haben", sagte Leonardo Bittencourt: "Danach ist es genauso gelaufen, wie es nicht laufen sollte. Jetzt sind wir tatsächlich mitten im Abstiegskampf, und der Druck, Punkte zu holen, wird immer größer."
Schon in den ersten 45 Minuten stellten die Norddeutschen einen Negativrekord auf. Noch nie in 55 Bremer Bundesliga-Jahren gingen die Grün-Weißen vor eigenem Publikum mit einem Vier-Tore-Rückstand in die Halbzeitpause. Begleitet von enttäuschten Pfiffen der Fans, von denen so mancher die Arena nach dem Seitenwechsel schon verlassen hatte.
Werder verunsichert
Kampf und Einsatz hatte Trainer Florian Kohfeldt, über den an der Weser nun doch Diskussionen beginnen werden, von seinen Schützlingen verlangt. Was er und zu Beginn 37.720 Zuschauer sahen, waren Verkrampfung, Verunsicherung und phasenweise sogar Angst.
Schwächen, die der brutal effektive Gegner konsequent nutzte und ihm im Kampf um den Klassenerhalt hochverdient drei wichtige Punkten brachte. Nach dem ersten Gegentor erhob sich noch das Publikum, um die eigene Mannschaft zu unterstützen, später war Hohngelächter im weiten Rund zu hören.
Denn die Platzherren waren in allen Belangen unterlegen: Die Defensive war unsortiert, im Mittelfeld wurde ständig der Ball verloren, und der Angriff fand lange praktisch nicht. Die erste Werder-Chance war ein Pfostenschuss von Leonardo Bittencourt (42.).
Schon nach 27 Minuten ersetzte Kohfeldt den besonders lethargischen Nuri Sahin durch Offensivkraft Johannes Eggestein. Wirkung zeigte dieser Tausch auch nach dem Wiederanpfiff nicht. Das Team von Coach Achim Beierlorzer konnte die klare Führung mühelos verwalten und geriet nie in Gefahr. (Spielplan der Bundesliga)
Zwar hatten die Bremer, die am Samstag beim 1. FC Köln antreten müssen, nun mehr Spielanteile, aus denen aber kaum Torgefahr entstand. Kohfeldt tigerte unruhig durch die Coaching Zone, während sein Kollege Beierlorzer das Geschehen ganz entspannt und hin und wieder sogar mit einem Lächeln beobachtete.
An ein erneutes "Wunder von der Weser" war in keiner Phase zu denken. Unter den Trainern Otto Rehhagel und Thomas Schaaf hatte der SV Werder auf der europäischen Fußballbühne vor eigenem Publikum mehrfach scheinbar unaufholbare Rückstände wettgemacht. Jetzt aber dürfte es auf Monate hinaus am Osterdeich nur noch um den Klassenerhalt gehen.