Zum Abschluss seiner ersten Trainingseinheit beim FC Bayern erwartete Michael Cuisance noch eine Überraschung.
Cuisance: Störenfried oder Topstar?
Als Trainer Niko Kovac seine Spieler in zwei Teams à sieben Mann aufteilte, bekam Cuisance das schwarze Leibchen in die Hand gedrückt.
"Ich war nicht schockiert", sagte Cuisance, der damit als achter Spieler für beide Teams gleichermaßen anspielbar war. "Ich freue mich sehr, dass ich mit so großartigen Spielern spielen darf und mich hier weiterentwickeln kann."
Neben der Starverpflichtung von Philippe Coutinho fädelten die Bayern am vergangenen Wochenende auch den Deal mit dem 20-jährigen Franzosen ein und überwiesen Borussia Mönchengladbach dem Vernehmen nach zwölf Millionen Euro Ablöse.
Problemfall Michael Cuisance?
Dass der Wechsel nicht im großen Tamtam um Coutinho unterging, lag auch an den unüberhörbaren Nebengeräuschen aus Gladbach rund um Cuisance.
Nachdem er im Anschluss an seine Debüt-Saison noch von den Fans zum Spieler der Saison gewählt wurde, kam er fortan immer seltener zum Zuge und fiel bei seinen wenigen Ausätzen vornehmlich durch seine extrem lässige, beinahe schon arrogante Spielweise auf.
Gegen Augsburg beispielsweise, zeigte er nach seiner Einwechslung einen Rabona-Trick bei einer Flanke und versuchte in einer Überzahlsituation den Gegner zu tunneln.
Erschwerend hinzu kam eine Geschichte abseits des Platzes. Im März 2019 wurde vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe über 10.500 Euro veurteilt, weil er im August 2018 vorsätzlich ohne Führerschein gefahren war.
Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, nur zwei Tage später auf Instagram ein Foto zu posten, auf dem er mit Sonnenbrille am Steuer eines aufgemotzten Mercedes AMG sitzt. Fingerspitzengefühl geht anders.
"Mika ist wie 19-Jährige heutzutage nunmal sind. Er ist lebensoffen, probiert aus, macht Fehler, aber auch gute Sachen. Das ist in dem Alter absolut normal", beschwichtigte Gladbachs Trainer Dieter Hecking damals. Hecking ist mittlerweile nicht mehr im Klub, ebenso wie nun Cuisance. Im Falle des Mittelfeldspielers scheint man darüber bei den Fohlen nicht allzu traurig.
Nebengeräusche um Cuisance-Wechsel
Hecking-Nachfolger Marco Rose und Sportdirektor Max Eberl hatten Cuisance schlechtes Verhalten vorgeworfen. Für Gladbach sei deshalb der Transfer "unabdingbar" gewesen, betonte Rose. Eberl legte am Dienstag in der Süddeutschen Zeitung sogar noch einmal nach: Die Cuisance-Partei habe Druck auf Gladbach ausgeübt, "auf eine Art und Weise, die unangenehm war".
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Cuisance selbst wollte auf die Vorwürfe bei seiner offiziellen Vorstellung nicht weiter eingehen und gab brav zu Protokoll: "Ich habe zwei Jahre dort gespielt und mein Bundesligadebüt für Mönchengladbach gefeiert. Dafür bin ich dem Klub dankbar, aber jetzt ist der FC Bayern mein Klub. Ich werde hart arbeiten und alles geben, dass auch das Team seine Ziele erreicht."
Hasan Salihamidzic verteidigt Cuisance
Bei einer kritischen Nachfrage, woher er nach einer Saison als Ergänzungsspieler das Selbstvertrauen nehme, grätschte umgehend Sportdirektor Hasan Salihamidzic dazwischen und erinnerte an Cuisances Auszeichnung zu Gladbachs Spieler der Saison 2017/18.
"Er hat gezeigt, dass er sich in der Bundesliga durchsetzen kann", betonte Salihamidzic: "Er hat eine super Mentalität, ist mutig und hat unter Druck überhaupt keine Probleme. Er hat das gesunde Selbstvertrauen, sich auch hier bei Bayern München durchzusetzen."
Überhaupt kam der 42-Jährige aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und zählte bald mehr positive Attribute auf, als tags zuvor bei der Präsentation von Coutinho.
Linker Fuß mit "Musik drin" - aber mit Makel
"Er kann im Mittelfeld alle Positionen spielen", charakterisierte Salihamidzic den Youngster und betonte: "Er hat einen richtig guten linken Fuß, da ist richtig Musik drin."
Einzig getroffen hat er damit noch nicht: 33 Mal schoss Cuisance in den vergangenen beiden Spielzeiten in der Bundesliga aufs Tor - aber nie ins Netz.
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Dass er es immer wieder versucht, ehrt ihn. In Gladbach sah sich der französische Juniorennationalspieler trotz seiner vielversprechenden Debütsaison in seinem zweiten Jahr dem Vorwurf ausgesetzt, mitunter mehr für die Galerie als für das Team zu spielen.
Cuisance muss sich bei Bayern hintenanstellen
Mit der Narrenfreiheit, die ihm der frühere Gladbach-Trainer Dieter Hecking ("Er darf seinen Wahnsinn ausleben") zunächst gewährte, darf Cuisance in München nicht rechnen.
Im Gegenteil: Nachdem ihm Gladbach auch wegen der Forderung nach einer Stammplatz-Garantie die Tür zeigte, muss sich Cuisance nun im Starensemble des Rekordmeisters hintenanstellen.
Nach der Unruhe um den unzufriedenen Reservisten Renato Sanches können die Bayern keine neuen Störfeuer gebrauchen. Salihamidzic, der einen Abgang von Sanches nicht ausschloss, wollte daher zu den Nebengeräuschen aus Gladbach "wirklich nichts sagen" und hob den professionellen Ablauf der Transferverhandlungen mit Cuisance hervor.
"Ich bin mir sicher", betonte Salihamidzic, "dass wir sehr viel Freude an ihm haben werden."